FRANKFURT (Dow Jones)--Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer, hält die Einführung einer griechischen Parallelwährung zum Euro für möglich. Der "Geuro", so nennt Mayer diese Währung, würde dem inländischen Zahlungsverkehr und der Bezahlung lebensnotwendiger Einfuhren dienen und höchstens halb so viel wert wie der Euro sein.
Mayer geht davon aus, dass die nächste griechische Regierung von jenen Parteien getragen werden wird, die das Sparprogramm der Troika aus EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) ablehnen. Er glaubt aber weder, dass die Europäer Griechenland zur Aufgabe des Euro zwingen können, noch dass die Griechen selbst den Euroraum verlassen wollen.
Auch eine komplette Einstellung aller Hilfszahlungen hält er wegen der zu befürchtenden verheerenden Auswirkungen für unwahrscheinlich. "Unserer Ansicht nach ist es wahrscheinlicher, dass der Schuldendienst und der Bankensektor weiterhin gestützt werden, nicht aber die Primärausgaben der Regierung", sagte Mayer.
Seiner Einschätzung nach wird die Regierung ihre Rechnungen dann mit Schuldscheinen bezahlen, die sie in Erwartung späterer Euro-Einnahmen ausgibt, die aber schnell zum Nukleus einer Parallelwährung werden. "Auf diese Weise würde der Euro nicht auf einen Schlag ersetzt, sondern durch ein Finanzinstrument ergänzt, das den Charakter eine Währung annähme. Ein solcher langsamer und partieller Prozess der Euro-Abschaffung wäre weniger schädlich als die gegenwärtig diskutierten", argumentierte Mayer.
Der Wert des "Geuro" läge seiner Meinung nach um mehr als die Hälfte unter jenem des Euro. Die Währung würde nach Mayers Szenario innerhalb Griechenlands schnell den Status einer Währung bekommen, mit der der größte Teil der inländischen Transaktionen, darunter auch Gehaltszahlungen abgewickelt wird. Auch die wichtigsten Einfuhren würde das Land mit "Geuro" bezahlen. Folge dieses Prozesses wäre laut Mayer, dass die griechischen Exporteure ihre Preise senken und so Wettbewerbsfähigkeit zurück gewinnen könnten.
-Von Hans Bentzien, Dow Jones Newswires,
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May 21, 2012 05:37 ET (09:37 GMT)
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