Der Börsen-Abschied der angeschlagenen
Fluggesellschaft Air Berlin
Ein Air-Berlin-Sprecher wollte die Berichte am Montag nicht kommentieren. Etihad-Chef James Hogan sagte in Abu Dhabi, derzeit finde die Prüfung der Alitalia-Bücher statt. Die Verhandlungen über die Partnerschaft mit Air Berlin befänden sich in der finalen Phase. Die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft hatte im März zweimal ihre Bilanzvorlage für 2013 verschoben. Als Grund dafür nannte sie Verhandlungen über eine Finanzspritze, die Eigenkapital und Liquidität stärken soll. Spätestens Ende April sollen die Ergebnisse vorliegen.
Air Berlin und Alitalia fliegen im laufenden Geschäft seit Jahren Verluste ein und haben hohe Schulden angehäuft. Etihad hat Air Berlin schon vor längerem mit frischem Geld unter die Arme gegriffen und ist mit einem Anteil von gut 29 Prozent bereits größte Anteilseignerin. Die Araber sind auch an anderen Fluglinien in Europa beteiligt und bauen sich auf diese Weise ein Zubringernetz für ihre Langstreckenflüge auf.
Bei Alitalia will Etihad laut "La Repubblica" nun bis zu 350 Millionen Dollar investieren. Die Zahl der Jobs solle um 2500 auf weniger als 10 000 sinken. Zuletzt hatten Italiens staatliche Post, Banken und anderen Investoren die einstige Staatsfluglinie mit einer Kapitalerhöhung vor dem Aus gerettet. Für eine langfristige Perspektive braucht Alitalia jedoch einen neuen Partner.
Air Berlin muss als börsennotierte Gesellschaft für eine neue Finanzspritze vom Persischen Golf einen Umweg nehmen. Laut "Handelsblatt" sollen Air-Berlin-Gründer Hunold, der Luftfahrtunternehmer Hans Rudolf Wöhrl und der Reiseunternehmer Severin Schulte mit einer GmbH als neuer Obergesellschaft den Großteil der Air-Berlin-Aktien aufkaufen. Die neue GmbH solle über ein haftendes Eigenkapital von lediglich 25 000 Euro verfügen, schreibt die Zeitung unter Berufung auf das Unternehmensumfeld. Das Geld für die Aktienofferte solle von den Untergesellschaften der Fluglinie kommen, die sich über Bankenkredite finanzieren. Diese würden etwa durch Immobilien gesichert. Air Berlin ist an der Börse derzeit rund 222 Millionen Euro wert.
Nach einem Abschied der Gesellschaft vom Aktienmarkt könnte Etihad ihren Anteil auf 49,9 Prozent aufstocken, ohne ein Angebot für eine Komplettübernahme abgeben zu müssen. Nach europäischem Recht müssen die nationalen Regierungen oder eine Privatperson dieses Staates mehr als die Hälfte an einer EU-Fluggesellschaft besitzen und diese "tatsächlich kontrollieren". Sonst gehen der Gesellschaft wichtige Verkehrsrechte verloren. Laut "Handelsblatt" ist in diesem Zusammenhang noch offen, was mit den Anteilen des türkischen Air-Berlin-Aktionärs Esas geschieht, der bisher 12 Prozent der Anteile hält.
Die EU-Kommission hatte am Freitag bestätigt, dass sie Luftfahrt-Beteiligungen der Araber genauer unter die Lupe nehmen will. Auch wenn die Investoren nur Minderheitsanteile halten, fürchtet die EU-Kommission, dass sie bei den Airlines faktisch das Sagen hätten.
Medienberichten zufolge bastelt Großaktionärin Etihad derzeit zudem an einer Europa-Holding, in der sie neben Air Berlin auch ihren frisch gestarteten Schweizer Ableger Etihad Regional und eine künftige Beteiligung an Alitalia einbringen könnte. Auch Wöhrl feilt an einem europäischen Regionalflugangebot. Vergangene Woche übernahm er die Air-France-KLM-Tochter Cityjet und deren belgische Tochter VLM./stw/mmb/stb
ISIN GB00B128C026
AXC0110 2014-04-07/13:05