Köln (ots) - Bespitzelung, Gängelung und gleich reihenweise Verstöße gegen das Arbeitsrecht - und das in einem der beliebtesten und erfolgreichsten Online-Vertriebsunternehmen Deutschlands. 3 Monate lang hatte sich die junge Undercover-Reporterin Caro Lobig (21) für das RTL-Magazin "Extra" als Lagerarbeiterin bei Zalando am Standort Erfurt eingeschleust. Begleitet von ihrem Mentor Günter Wallraff deckte die Reporterin dort erschreckende Missstände auf und kam selbst physisch an ihre Grenzen.
Gestern zeigte "Extra" die Reportage über den Undercover-Einsatz von Caro Lobig.
"Wir standen ständig unter Kontrolle und enormem Leistungsdruck", so Lobig. Gearbeitet wird mit einem Scanner, die Scannzahlen werden jedoch auch zur Überwachung der Arbeitsleistung der Mitarbeiter missbraucht. Hier lassen sich sowohl die verarbeitete Stückzahl als auch die Arbeitsfrequenz des Mitarbeiters ablesen. Wer nicht spurt, wird sofort zum Teamleiter zitiert. Trotz einer 40-Stunden-Pauschale im Arbeitsvertrag werden die Lagerarbeiter ständig mit den Zahlen unter Druck gesetzt und Akkordarbeit verlangt. Laut Arbeitsrechtsexperten Dr. Sven Jürgens ist dies absolut unzulässig: "Die Daten werden zulässigerweise erfasst, um zu prüfen, wo sich die Ware befindet. Daraus dürfen aber nicht ohne weiteres Rückschlüsse auf die Leistung des Arbeitnehmers getroffen werden. Das ist nach dem Datenschutzrecht verboten."
Die Mitarbeiter müssen sich zudem ständige Diebstahlkontrollen gefallen lassen. Beim Verlassen des Gebäudes werden sie willkürlich in einen Nebenraum zitiert, wo sie mit Detektoren von Sicherheitskräften abgescannt werden. Dies ist arbeitsrechtlich unzulässig, da es sich hier um eine "Pauschalverdächtigung" handelt. Bei dem Online-Vertriebsunternehmen steht das Recht auf diese Form von Kontrollen sogar in einer Dienstanweisung, ergänzend zum Arbeitsvertrag. 500 Euro Belohnung winken dabei dem Mitarbeiter, der seinen Kollegen wegen Diebstahls verpetzt. Arbeitsrechtler Dr. Sven Jürgens: "Da hat man mit einer Zeile in dieser Erklärung das komplette Betriebsklima versaut, weil damit Bespitzelung wechselseitig unterstützt wird."
Zu den besten Kunden von Zalando zählen derzeit aber nicht nur unzählige Fashionfreunde, sondern auch der ortsansässige Rettungsdienst, wie ein Sanitäter berichtet: "Es vergeht kaum ein Tag, an dem dort kein Rettungswagen gerufen wird."
Im Schnitt läuft ein sogenannter Picker, ein Mitarbeiter, der die Bestellungen aus dem Regal "pickt", an diesem Standort 15-20 Kilometer pro Tag. In der Spitze sind es bis zu 27 Kilometer. "Sitzen ist generell unerwünscht", so Lobig. "Da kommt es schnell zur Konfrontation mit dem Teamleiter." Auch die "Extra"-Reporterin erlitt einen Kreislaufzusammenbruch. Auf medizinische Versorgung wurde in ihrem Fall jedoch verzichtet und stattdessen eine Verzichtserklärung präsentiert. Wer eine solche unterschreibt, verzichtet damit auf den Versicherungsschutz durch den Arbeitgeber. Dies ist - ohne vorher dem Arbeitnehmer einen Rettungswagen empfohlen zu haben - arbeitsrechtlich ein eindeutiger Verstoß gegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Auch an ruhigen Tagen soll der Mitarbeiter sich erst gar nicht an weniger Wegstrecke gewöhnen. Dazu werden die Wege im Lager künstlich verlängert. Caro Lobig: "Das war absolut absurd, dass wir dann längere Strecken zurücklegen mussten. Nur um die ganze Schicht über beschäftigt zu sein."
Und damit die Mitarbeiter nicht auf den Gedanken kommen, sich zu wehren, werden sie durch sogenannte "Mentoren" bespitzelt und zu ihrer gewerkschaftlichen Gesinnung oder zum Thema Betriebsrat gezielt befragt. Verdi-Vertreterin Marlen Schröder: "Die Gewerkschaftsarbeit bei Zalando gestaltet sich relativ schwierig. Da die Menschen unter permanenter Kontrolle und Überwachung stehen. Wir können keine Aktionen im Betrieb planen, weil die Menschen befristet beschäftigt sind und Gewerkschaft bei Zalando nicht gerne gesehen ist." Als sich auch bei der Undercover-Reporterin der Krankenstand erhöhte und sie Staubhusten bekam, gab es schließlich bis zu fünf Gespräche mit ihren Vorgesetzten pro Tag.
Zalando äußerte sich zu den Vorwürfen und Ereignissen trotz Nachfrage nicht. Das Motto des Hauses: "Schrei vor Glück!" scheint jedoch zumindest für die Mitarbeiter im Lager Erfurt nicht zu gelten.
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Pressekontakt: RTL Television GmbH Heike Speda Telefon: 0221 / 456 - 74221 heike.speda@rtl.de
Gestern zeigte "Extra" die Reportage über den Undercover-Einsatz von Caro Lobig.
"Wir standen ständig unter Kontrolle und enormem Leistungsdruck", so Lobig. Gearbeitet wird mit einem Scanner, die Scannzahlen werden jedoch auch zur Überwachung der Arbeitsleistung der Mitarbeiter missbraucht. Hier lassen sich sowohl die verarbeitete Stückzahl als auch die Arbeitsfrequenz des Mitarbeiters ablesen. Wer nicht spurt, wird sofort zum Teamleiter zitiert. Trotz einer 40-Stunden-Pauschale im Arbeitsvertrag werden die Lagerarbeiter ständig mit den Zahlen unter Druck gesetzt und Akkordarbeit verlangt. Laut Arbeitsrechtsexperten Dr. Sven Jürgens ist dies absolut unzulässig: "Die Daten werden zulässigerweise erfasst, um zu prüfen, wo sich die Ware befindet. Daraus dürfen aber nicht ohne weiteres Rückschlüsse auf die Leistung des Arbeitnehmers getroffen werden. Das ist nach dem Datenschutzrecht verboten."
Die Mitarbeiter müssen sich zudem ständige Diebstahlkontrollen gefallen lassen. Beim Verlassen des Gebäudes werden sie willkürlich in einen Nebenraum zitiert, wo sie mit Detektoren von Sicherheitskräften abgescannt werden. Dies ist arbeitsrechtlich unzulässig, da es sich hier um eine "Pauschalverdächtigung" handelt. Bei dem Online-Vertriebsunternehmen steht das Recht auf diese Form von Kontrollen sogar in einer Dienstanweisung, ergänzend zum Arbeitsvertrag. 500 Euro Belohnung winken dabei dem Mitarbeiter, der seinen Kollegen wegen Diebstahls verpetzt. Arbeitsrechtler Dr. Sven Jürgens: "Da hat man mit einer Zeile in dieser Erklärung das komplette Betriebsklima versaut, weil damit Bespitzelung wechselseitig unterstützt wird."
Zu den besten Kunden von Zalando zählen derzeit aber nicht nur unzählige Fashionfreunde, sondern auch der ortsansässige Rettungsdienst, wie ein Sanitäter berichtet: "Es vergeht kaum ein Tag, an dem dort kein Rettungswagen gerufen wird."
Im Schnitt läuft ein sogenannter Picker, ein Mitarbeiter, der die Bestellungen aus dem Regal "pickt", an diesem Standort 15-20 Kilometer pro Tag. In der Spitze sind es bis zu 27 Kilometer. "Sitzen ist generell unerwünscht", so Lobig. "Da kommt es schnell zur Konfrontation mit dem Teamleiter." Auch die "Extra"-Reporterin erlitt einen Kreislaufzusammenbruch. Auf medizinische Versorgung wurde in ihrem Fall jedoch verzichtet und stattdessen eine Verzichtserklärung präsentiert. Wer eine solche unterschreibt, verzichtet damit auf den Versicherungsschutz durch den Arbeitgeber. Dies ist - ohne vorher dem Arbeitnehmer einen Rettungswagen empfohlen zu haben - arbeitsrechtlich ein eindeutiger Verstoß gegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Auch an ruhigen Tagen soll der Mitarbeiter sich erst gar nicht an weniger Wegstrecke gewöhnen. Dazu werden die Wege im Lager künstlich verlängert. Caro Lobig: "Das war absolut absurd, dass wir dann längere Strecken zurücklegen mussten. Nur um die ganze Schicht über beschäftigt zu sein."
Und damit die Mitarbeiter nicht auf den Gedanken kommen, sich zu wehren, werden sie durch sogenannte "Mentoren" bespitzelt und zu ihrer gewerkschaftlichen Gesinnung oder zum Thema Betriebsrat gezielt befragt. Verdi-Vertreterin Marlen Schröder: "Die Gewerkschaftsarbeit bei Zalando gestaltet sich relativ schwierig. Da die Menschen unter permanenter Kontrolle und Überwachung stehen. Wir können keine Aktionen im Betrieb planen, weil die Menschen befristet beschäftigt sind und Gewerkschaft bei Zalando nicht gerne gesehen ist." Als sich auch bei der Undercover-Reporterin der Krankenstand erhöhte und sie Staubhusten bekam, gab es schließlich bis zu fünf Gespräche mit ihren Vorgesetzten pro Tag.
Zalando äußerte sich zu den Vorwürfen und Ereignissen trotz Nachfrage nicht. Das Motto des Hauses: "Schrei vor Glück!" scheint jedoch zumindest für die Mitarbeiter im Lager Erfurt nicht zu gelten.
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