FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 2. März 2016. Der DAX zieht an und die Anlegerstimmung zieht mit. Das optimistische Bild täuscht allerdings.
Diesen Eindruck könnte man fast bekommen, wenn man auf die jüngsten Kursgewinne des DAX blickt, die allein während des Berichtszeitraums 4,4 Prozent (in der Punktbetrachtung) betragen haben. In den Köpfen der Börsianer scheint nichts mehr von den Untergangsszenarien übrig geblieben zu sein, die noch vor Wochenfrist vorgeherrscht hatten. Stattdessen verweisen Kommentatoren auf die Erholung am Ölmarkt, die Hoffnung auf konjunkturstützende Maßnahmen in China, aber auch eine weitere geldpolitische Lockerung der Europäischen Zentralbank ist für die meisten Akteure eine ausgemachte Sache. Diese Denkweise scheint sich mittlerweile, wenngleich langsam, auch bei den institutionellen Investoren unserer Umfrage durchzusetzen. Denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index ist im Vergleich zur Vorwoche um neun Punkte auf einen Wert von +22 Punkte gestiegen. Dabei ist der Stimmungswechsel zum Positiven nur einer recht überschaubaren Gruppe von Akteuren zuzuschreiben, die überwiegend ihre Meinung von "b
Dass dieser Meinungswechsel relativ moderat ausgefallen ist, verdankt sich zum einen der Tatsache, dass sich gegenüber dem Erhebungskurs der Vorwoche nur wenig günstigere Kaufgelegenheiten ergeben hatten. Zum anderen scheint man in dieser Anlegergruppe nicht geneigt zu sein, blindlings dem so plötzlich aufgetretenen Optimismus manches Kommentators Folge zu leisten. Denn vielen Akteuren dürfte nicht nur die stimulierende Wirkung einer weiteren Zinssenkung der EZB in der kommenden Woche durch den Kopf gehen, sondern auch deren kritische Seite: Weitere Zinssenkungen im Negativbereich dürften sich, für sich betrachtet, sicherlich nicht positiv auf die Ertragssituation der Kreditinstitute auswirken. Aber auch die US-Notenbank könnte sich angesichts der jüngsten positiven Entwicklung der Aktienmärkte in Kombination mit möglicherweise positiven Wirtschaftsdaten eher früher als später zu einer weiteren Zinsanhebung motiviert sehen.
Ausgebremste Pessimisten
Erheblich deutlicher stellt sich der Stimmungsumschwung bei den Privatanlegern dar: In dieser Gruppe ist der Börse Frankfurt Sentiment-Index auf einen Wert von +42 Punkten - nach +20 Punkten in der Vorwoche - gesprungen. Allerdings verdankt sich dieses neue Stimmungshoch in diesem Jahr nicht etwa einer deutlichen Erhöhung bullisher Engagements. Vielmehr sind es frühere Pessimisten, die offensichtlich das Handtuch geworfen haben und die nun zu mehr als drei Vierteln zunächst einmal ins Lager der neutral gestimmten Akteure gewechselt sind.
Die jüngste Veränderung des Stimmungsbildes zeigt, dass vor allen Dingen bei den Privatanlegern ein deutlicher Meinungswechsel stattgefunden hat. Vergessen scheinen alle negativen Anzeichen der ersten acht Wochen in diesem Jahr. Gleichzeitig vermittelt allerdings auch die Kursentwicklung der vergangenen Woche, dass dieser Stimmungswechsel und die damit verbundene Short-Squeeze überwiegend sicherlich Geld gekostet haben wird.
Dies dürfte auch für die institutionellen Anleger gelten, die sich zuletzt und auch heute wesentlich weniger optimistisch als ihre privaten Pendants gezeigt haben. Daher ist davon auszugehen, dass sich auch bei den institutionellen Anlegern noch ein Nachholbedarf bezüglich etwaiger Käufe - allerdings nur zu deutlich günstigeren Kursen als heute - einstellen wird. Andererseits wurde gerade der jüngste Anstieg des DAX von heimischer Nachfrage und auch von den von uns Befragten selbst angetrieben.
Unterm Schlussstrich spricht demnach einiges dafür, dass die Erholung des Börsenbarometers seit dem 11. Februar derzeit noch nicht viel mehr als eine Korrektur im Bärenmarkt darstellt. Denn für einen richtigen neuen Aufwärtstrend fehlt es derzeit sowohl an großen (bearishen) Schieflagen als auch an langfristigen Kapitalzuflüssen, vornehmlich aus dem Ausland.
von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de © 2. März 2016
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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