Von Stefan Lange
BERLIN/ISTANBUL (Dow Jones)--Im Kampf gegen die Flüchtlingskrise hat ein Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan offenbar keinerlei Fortschritte gebracht. Es sei absehbar, dass die zum 1. Juli geplante Visafreiheit für die Türkei nicht umgesetzt werden könne, "weil die Bedingungen nicht erfüllt sein werden", bestätigte Merkel am Montag in Istanbul.
Die Visafreiheit ist Bestandteil des Flüchtlingspaktes zwischen der EU und der Türkei. Ihre Erteilung ist wiederum davon abhängig, dass die Türkei 72 EU-Kriterien erfüllt.
Ein Kriterium ist die Terrorgesetzgebung in der Türkei, die nach EU-Meinung geändert werden muss. Erdogan habe ihr gegenüber aber deutlich gemacht, dass dies derzeit für ihn nicht zur Debatte stehe, sagte Merkel.
Erdogan bleibt stur
Auch bei anderen Themen stieß Merkel bei Erdogan offenbar auf wenig Entgegenkommen. Sie habe ihm gegenüber betont, wie wichtig eine unabhängige Justiz, unabhängige Medien und ein starkes Parlament seien, erklärte die CDU-Vorsitzende. Sie habe Erdogan gegenüber auch deutlich gemacht, dass die kürzlich erfolgte Aufhebung der Immunität von einem Viertel der Abgeordneten des türkischen Parlaments "ein Grund tiefer Besorgnis" sei.
Zufriedenstellende Antworten bekam Merkel jedoch nicht. "Es bleiben Fragen in dieser Hinsicht offen und wir werden die weitere Entwicklung sehr genau beobachten müssen", fasste die Kanzlerin nach dem Treffen mit Erdogan zusammen und betonte: "Die Fragen sind nicht vollständig geklärt, die ich in diesem Zusammenhang hatte."
Merkel hatte zusammen mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier am World Humanitarian Summit in Istanbul teilgenommen. Beide betonten die Wichtigkeit des Treffens, das auf Initiative von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon stattfand.
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May 23, 2016 09:36 ET (13:36 GMT)
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