Moneycab: Frau Burth Tschudi, die exportorientierten Schweizer Unternehmen scheinen die Folgen der Frankenstärke kompensieren zu können, die Aussichten hellen auf. Inwieweit reflektiert das Arbeitsangebot diese Situation?
Nicole Burth Tschudi: Das ist richtig, die Schweizer Wirtschaft hat sich Ende letzten Jahres und im ersten Halbjahr 2016 wieder erholt. Das hat sich positiv auf das Arbeitsangebot ausgewirkt, die Unternehmen suchten wieder vermehrt nach Mitarbeitenden. Auch im zweiten Quartal blieb die leicht erhöhte Personalnachfrage bestehen. Die Entwicklung des Stellenangebotes messen wir quartalsweise mit dem Adecco Swiss Job Market Index.
Während noch unklar ist, wie die Masseneinwanderungsinitiative umgesetzt werden soll, sinkt die Zahl der Arbeitslosen und steigt die Beschäftigung vor allem bei den ausländischen Arbeitskräften auf Höchstwerte. Ein letztes Feuerwerk oder eine nachhaltige Entwicklung?
Die Schweizer Wirtschaft erholt sich langsam, aber stetig. Die Arbeitslosigkeit sowohl bei den Schweizern als auch bei den Ausländern ist seit Anfang Jahr leicht rückläufig. Ebenfalls rückläufig ist die Nettozuwanderung. Im Vergleich zum Vorjahr sind knapp 7 Prozent weniger Personen in die Schweiz eingewandert. Wir haben in der Schweiz aber bereits heute einen Fachkräftemangel, der sich aufgrund von demografischen Entwicklungen - es werden mehr Menschen pensioniert als ins Arbeitsleben kommen - noch zuspitzen wird. Es gibt Studien, die aufzeigen, dass der Schweiz bis 2030 rund 500'000 Arbeitskräfte fehlen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Masseneinwanderungsinitiative so umgesetzt wird, dass wir auch in Zukunft genügend ausländische Fachkräfte rekrutieren können. Und die Schweiz so attraktiv bleibt, dass diese Leute weiterhin in der Schweiz arbeiten möchten.
Was wäre Ihr Wunschszenario bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative?
Wie bereits gesagt, ist der Schweizer Arbeitsmarkt dringend angewiesen auf ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, da unsere Bedürfnisse durch Schweizer Fachkräfte allein nicht abgedeckt werden können. Deshalb wünsche ich mir eine wirtschaftsfreundliche und unbürokratische Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. Ich befürworte es, dass der Fokus auf Berufsgruppen gelegt wird, da eine branchenbezogene Beschränkung keinen Sinn macht. Nicht nur die IT-Branche sucht beispielsweise nach Informatikern, sondern auch Banken und Versicherungen.
Die Digitalisierung hat das Potential, zu einem Wirtschaftsmotor für alle oder zu einem Arbeitsplatzkiller erster Güte auch für hoch qualifizierte Arbeitskräfte wie Ärzte oder Juristen zu werden. Welche Entwicklung halten Sie für wahrscheinlicher?
Die Digitalisierung kann eine Chance sein für die Schweiz. Der Trend der fortschreitenden Automatisierung und Digitalisierung der Arbeitswelt bedeutet für Unternehmen neue Produkte und Märkte, ermöglicht eine Effizienzsteigerung und höhere Produktivität. Er bedeutet aber auch, dass 50 Prozent der Jobs in Gefahr sind. Dabei gibt es grosse Unterschiede zwischen qualifizierten und weniger qualifizierten Jobs. Niedriglohnländer sind stärker exponiert - einfache Herstellungsprozesse ...
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