Von Hans Bentzien
FRANKFURT/DAVOS (Dow Jones)--Der für Finanzmärkte zuständige EZB-Direktor Benoit Coeure hält ein Clearing von auf Euro lautenden Derivategeschäften in London nach einem "harten" EU-Austritt Großbritanniens nicht für unmöglich, aber für schwierig. Von Bedeutung ist das für die London Stocks Exchange (LSE), die mit der Frankfurter Börse fusionieren und die gemeinsame Holding in London ansiedeln will - außerhalb der EU.
In einem Interview mit CNBC in Davos sagte Coeure, Großbritannien verlasse einen Binnenmarkt, in dem Regeln den Schutz von Investoren und Konsumenten, Wettbewerbsgleichheit absicherten und für Finanzstabilität sorgten. Das außerhalb des Binnenmarkts und ohne die Aufsicht des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hinzubekommen, sei nicht unmöglich, aber schwierig.
"Im Binnenmarkt geht es nicht nur um Zölle oder freien Marktzugang, es geht um ein Regelwerk", sagte Coeure. Und es sei ziemlich klar, dass Großbritannien nicht im Binnenmarkt bleiben werde. Gegenwärtig laufe das Clearing von Euro-Derivaten über eine Vereinbarung mit der Bank of England (BoE), und das funktioniere ziemlich gut. "Aber die Voraussetzung dafür sind die europäische Marktinfrastrukturregulierung (Emir), europäisches Recht und dessen Implementierung unter der Aufsicht des Europäischen Gerichtshofs", sagte Coeure.
Großbritannien wird die EU nach dem Verständnis seiner Premierministerin Theresa May auf eine Weise verlassen, die den bisher freien Binnenmarktzugang unmöglich macht. Einer der wichtigste Gründe der Befürworter eines EU-Austritts war gewesen, Großbritannien der Zuständigkeit des EuGH zu entziehen.
Laut Coeure müssten die Briten es schaffen, eine dem derzeitigen Zustand vergleichbare Rechtssicherheit zu gewährleisten, um das Euro-Clearing in London zu halten. Auf die Nachfrage, ob er das für möglich halte, antworte der EZB-Direktor: "Wenn das Regelwerk streng genug ist, ja. Ist das möglich? Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht. Es klingt schwierig." Darüber habe im übrigen nicht alleine die EZB zu urteilen, auch die EU-Kommission und die Regierungen der Mitgliedsländer müssten zustimmen.
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January 20, 2017 10:04 ET (15:04 GMT)
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