Ein Interview mit Philipp Bagus, Professor für Volkswirtschaftslehre in Madrid, über sein neues Buch "Wir schaffen das - alleine!", das er zusammen mit Andreas Marquart geschrieben hat und das gestern erschienen ist.
Philipp Bagus ist Autor u.a. des stark beachteten Buchs "Die Tragödie des Euro" sowie Co-Autor (mit Andreas Marquart) des Bestsellers "Warum andere auf Ihre Kosten immer reicher werden..und welche Rolle der Staat und unser Papiergeld dabei spielen".
Philipp Bagus
1. finanzmarktwelt.de: Herr Bagus, in Ihrem Buch "Wir schaffen das - alleine!", das Sie zusammen mit Andreas Marquart geschrieben haben, plädieren Sie für kleine Einheiten als Gegenentwurf zur Vision eines einheitlichen Europa und schreiben, Europas Aufstieg und Blüte sei "untrennbar mit seiner politischen Dezentralisierung verbunden". Warum ist das so?
Philipp Bagus: Es war und ist die Einzigartigkeit Europas, dass es kulturell geeint ist. Durch das Christentum und die gemeinsamen Wurzeln in der Antike hat man in Europa seit langer Zeit einen einheitlichen Kulturkreis. Trotz dieser kulturellen Einheit war Europa jedoch politisch fragmentiert, was ein riesiges Glück war und ermöglichte, dass Europa als erster Kontinent die Massenarmut überwinden konnte. Im Gegensatz dazu bestanden in Asien Riesenreiche wie in China oder Russland. Hier konzentrierte sich eine ungeheure Macht auf den Staatsführer, der gleichzeitig oft auch religiöses Oberhaupt war. In Europa hingegen konnte sich die Freiheit entwickeln, denn hier standen relativ kleine unabhängige Einheiten in Wettbewerb. Wer die Freiheit seiner Untertanen angriff, dem liefen die Bürger einfach weg. Wenn die Grenzen nah sind, und die Nachbarstaaten einer ähnlichen oder sogar der gleichen Kultur angehören, dann sind die Kosten des "Abstimmens mit den Füßen" gering. Dass musste ja auch die DDR erfahren, die sich nur durch den Mauerbau zu helfen musste. Andernfalls hätte sie sich entleert. Die politische Dezentralisierung mit dem damit verbunden Wettbewerb ist für Aufstieg und Blüte Europas verantwortlich. Diese Dezentralisierung ermöglichte Europas beispiellosen Aufstieg. Darauf sollten wir uns zurückbesinnen; anstatt nach Asien zu schauen. Ein europäisches Riesenreich, wie es mit einer zentralisierten EU angestrebt wird, ist aus historischer Sicht uneuropäisch.
2. finanzmarktwelt.de: Sie sehen ein Ideal in einem (Klein-)Staat wie der Schweiz, die dezentral organisiert ist und sich möglichst wenig in das Leben ihrer Bürger einmischt, während die Politiker größerer Einheiten wie der EU letztlich nur die Probleme lösen wollen, die sie selbst verursacht haben. Aber derzeit dominiert eher die Rückbesinnung auf das Nationale wie in den USA unter Trump. Warum ist da die Rückkehr zur "Kleinstaaterei" in Europa keine Illusion und wie können sich solche Kleinstaaten dann wehren gegen die Machtansprüche solcher "Großreiche"? Bringt etwa eine EU nicht viel mehr Gewicht auf die Waage, um z.B. gegen Importsteuern in den USA Widerstand zu leisten?
Philipp Bagus: Sie sprechen einen wichtigen Punkt an. Denn viele Menschen glauben, man könne in der heutigen Zeit nur erfolgreich sein, wenn man viel Gewicht auf die Waage bringe, und mit Trump und anderen auf Augenhöhe verhandeln könne. Dabei geht es Kleinstaaten wie der Schweiz, Liechtenstein, Monaco, San Marino oder Singapur blendend. Wie passt das zusammen? Anscheinend sind kleine Staaten sehr erfolgreich. Es stimmt natürlich: Großstaaten stellen eine Gefahr dar. Deshalb plädieren wir ja dafür, Großstaaten nach Möglichkeit durch Sezession aufzulösen und zu verkleinern. Wäre Trump Präsident eines unabhängigen Texas, dann würde er wahrscheinlich eher nicht als Bedrohung wahrgenommen. Ihre Frage ist berechtigt. Solange ...
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