AMBERG (dpa-AFX) - Die Machtübernahme der umstrittenen
Investorenfamilie Hastor beim bayerischen Autozulieferer Grammer
Arbeitnehmervertreter, Politiker und Aktionärsvertreter hatten
vor einem Kontrollwechsel bei dem Zulieferer gewarnt. Grammers
größter Kunde Volkswagen
Der Entscheidung war eine achtstündige, teilweise turbulente Debatte vorausgegangen. Enderle wurde mehrfach mit Buhrufen und Pfiffen unterbrochen. Die Abstimmung fiel dann deutlich aus. Die Hastors sind mit gut 23 Prozent der Anteile größter Grammer-Aktionär. Auf der Hauptversammlung waren allerdings 67,3 Prozent der Aktien vertreten - ungewöhnlich viele für Grammer.
Andreas Kienle von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) sagte, der Ausgang sei vielleicht "nur ein Pyrrhussieg, eine kleine Atempause". Jahrelange Auseinandersetzungen und Prozesse drohten Grammer im eigentlichen Geschäft zu lähmen. "Wenn wir derart verhärtete Fronten haben, dass fast putschartige Zustände herrschen, liegt das in der Regel nicht nur an einer Seite." Ein Aktionär meinte, Grammer habe nun einen unzufriedenen, mit dem Vorstand zerstrittenen Großaktionär an Bord.
Enderle warf Grammer-Vorstandschef Hartmut Müller Untreue und den
Verrat von Geschäftsgeheimnissen vor. Dieser und Aufsichtsratschef
Klaus Probst hätten zusammen mit dem größten Grammer-Kunden VW
Laut Müller waren seit Januar 60 Prozent weniger Bestellungen eingegangen. Enderle sagte, darüber hinaus habe Müller gelogen mit dem Vorwurf, die Hastors hätten das Gespräch mit dem Vorstand verweigert. Das Vertrauen sei nun zerstört. An die Stelle der drei abzuwählenden Aufsichtsräte wollte Enderle daher Manager von Hastors Prevent-Gruppe wählen lassen.
Die Familie werde investiert bleiben und ihr Aktienpaket nicht nennenswert aufstocken, sagte Enderle. Schon mit 25,1 Prozent hätten die Hastors ein Vetorecht und könnten alle wichtigen Entscheidungen blockieren. Ob der von Grammer kurz vor der Hauptversammlung als Aktionär und "weißer Ritter" an Bord geholte chinesische Autozulieferer Jifeng überhaupt mitstimmen durfte, werde womöglich in fünf Jahren der Bundesgerichtshof klären.
Müller hatte gewarnt, die Hastors gefährdeten die Zukunft von Grammer. Günther Hausmann von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) warf der Familie einen "nicht nachvollziehbaren Anschlag auf das Unternehmen" vor. Mit ihnen müsse man Angst um den Bestand, die Arbeitsplätze und den Wert der Aktien haben. Unter Vorstandschef Müller habe sich Grammer hervorragend entwickelt, seine Expansionsstrategie im Ausland sei richtig, die jüngsten Geschäftszahlen seien hervorragend.
Bei einer Kundgebung von 2500 Beschäftigten der nahen Grammer-
und Siemens
Prevent hatte mit plötzlichen Lieferstopps zur Durchsetzung von Geldforderungen bei Volkswagen in der ganzen Autoindustrie für Aufregung gesorgt. Im vergangenen August hatte der mächtige Lieferant Bänder in Wolfsburg und Emden stillgelegt, im Jahr zuvor die Zulieferung von Sitzen für VW in Brasilien monatelang auf Eis gelegt./rol/DP/he
ISIN DE0007236101 DE0007664039 DE0005895403
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