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Im Fokus: Brexit-Verhandlungen haben begonnen - Teil 1 unsere Serie zum Brexit

Die Brexit-Verhandlungen haben begonnen und bergen viel Unsicherheit für Großbritannien, Deutschland und Europa. Mit diesem Fokus starten wir eine lose Folge von Analysen über den Stand der Verhandlungen und den damit verbundenen Themen.

Am 29. März hat die Premierministerin Theresa May den offiziellen Antrag auf den Austritt Großbritanniens aus der EU gestartet. Die im Artikel 50 des Lissabon-Vertrages vorgesehene Verhandlungszeit beträgt zwei Jahre. Am Tag des Ausstiegsgesuchs hielt May eine Rede vor dem britischen Parlament und legte einige Eckpunkte der Verhandlungen fest:

  1. Großbritannien wird nach Vollendung des Brexit nicht länger Mitglied des Europäischen Binnenmarktes sein.
  2. Man strebt ein umfassendes und ehrgeiziges Freihandelsabkommen mit der EU an.
  3. In Großbritannien soll nicht mehr Europäisches Recht gelten.
  4. Man strebt eine Übergangsphase zur Implementierung der Änderungen an, die zum vollständigen Brexit hinführen.
  5. Die Grenze zwischen Nordirland und Irland (die zu einer neuen Außengrenze der EU wird) soll offen bleiben.
  6. Am Ende des Verhandlungsprozesses soll in beiden Kammern, dem House of Commons und dem House of Lords über den Vertrag abgestimmt werden.

Mittlerweile ist unklar, ob die von May im Frühjahr formulierten roten Linien noch so uneingeschränkt gelten. Denn mit dem schwachen Abschneiden der Konservativen bei der überraschend ausgerufenen Neuwahl Anfang Juni, von der sich May mehr Rückendeckung im britischen Unterhaus erhofft hatte, hat sich die Verhandlungsposition eher verschlechtert. Die Tories sahen sich aufgrund einer fehlenden Mehrheit gezwungen, sich mit der nordirischen DUP auf einen sogenannten "confidence and supply deal" einzulassen. Konkret bedeutet das, dass die zehn Abgeordneten der DUP für die Beschlüsse von Theresa May stimmen werden. Im Gegenzug werden der DUP zusätzliche Mittel bereit gestellt und bestimmte Anliegen der Partei sollen prioritär behandelt werden.

Die neuesten Brexit Entwicklungen

Am 19. Juni hat die erste Verhandlungsrunde des Brexits begonnen. Die Verhandlungsführer auf britischer Seite und der Seite der EU sind Brexit-Minister David Davis und der Franzose Michel Barnier, der die 27 EU-Staaten repräsentiert. Im Kern haben sich die zwei Parteien auf eine Verhandlung in zwei Phasen geeinigt. In der ersten Phase sollen die Bedingungen für einen geordneten Austritt vorbereitet werden, wohingegen in der zweiten Phase über die künftige Beziehung diskutiert wird. Konkret geht es zunächst um die Frage der finanziellen Forderungen und Verbindlichkeiten des Vereinigten Königreichs gegenüber der EU, das Bleiberecht von EU-Bürgern in Großbritannien und umgekehrt das Bleiberecht von Briten in der EU (einschließlich der damit verbundenen Versorgungsansprüche) sowie der Umgang mit der Grenze zwischen Nordirland und Irland. Die Einigung auf diese drei Punkte ist insofern bemerkenswert, als Großbritannien bis dato darauf insistiert hatte, schon in der ersten Verhandlungsphase über die künftigen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zu sprechen. Die Tatsache, dass Davis sich auf die von der EU gewünschten Verhandlungspunkte eingelassen hat, kann als Hinweis auf einen weniger radikalen Forderungskatalog gewertet werden. Kurz: Ein weicher Brexit ist dadurch etwas wahrscheinlicher.

Die EU fordert, dass die Bürgerinnen und Bürger beider Seiten von denselben Rechten profitieren sollen wie unter dem EU-Recht. Von britischer Seite wurde am 26. Juni in einem Dokument allerdings ein anderer Vorschlag zu Bürgerrechtsfragen gemacht. Demnach sollen EU-Bürger, die vor einem bestimmten Stichtag, der mit der EU noch ausgehandelt werden soll, in Großbritannien ankommen und arbeiten, die Möglichkeit bekommen, sich für einen dauerhaften Verbleib zu bewerben. Die Bedingung für das Privileg: die EU-Bürger müssten kontinuierlich für fünf Jahre auf der Insel gelebt haben und im Vereinigten Königreich kriminell nicht aufgefallen sein. Ihnen sollen dann in Sachen Bildung, Gesundheitsvorsorge und Rente nahezu gleichwertige Rechte zugestanden werden wie den Briten. Im Gegenzug wird eine reziproke Behandlung für die eine Million in der EU lebenden Briten gefordert und der Europäische Gerichtshof soll nicht für die Einhaltung dieser Rechte zuständig sein. Der Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk kommentierte den Vorschlag in einem Tweet als "unter unseren Erwartungen", weil sich dadurch "die Situation für die EU Bürger verschlechtert" und deren Unsicherheiten stiege.

Einmal im Monat werden sich die Chefunterhändler an den Verhandlungstisch setzen. In der Zwischenzeit sind mehrere Arbeitsgruppen damit beschäftigt, diese Runden vorzubereiten. Zunächst wurden drei Arbeitsgruppen eingerichtet, die sich mit den Themen Bürgerrecht, EU-Budget und sonstige Fragestellungen befassen. Die zweite Verhandlungsrunde der ersten Phase soll am 17. Juli beginnen. Die fünfte und letzte Verhandlungsrunde der ersten Phase soll dann am 9. Oktober stattfinden.

Ausblick

Auch nach der ersten Verhandlungsrunde bleibt die Lage ungewiss. Im Regierungslager gibt es unterschiedliche Strömungen, so dass auch ein weicher Brexit und sogar ein Verzicht Großbritanniens auf einen Ausstieg aus der EU möglich erscheinen. Eine wichtige Rolle wird dabei die wirtschaftliche Entwicklung Großbritanniens spielen. Je schwächer die Konjunktur läuft, desto eher könnte es zu einem Stimmungswandel in der Bevölkerung kommen. Auch Meldungen über Unternehmensverlagerungen nach Kontinentaleuropa sind entsprechend zu beachten.

Konjunkturell zeigt Großbritannien gewisse Schwächeanzeichen. Im ersten Quartal ist das BIP lediglich um 0,2 % gegenüber dem Vorquartal expandiert. Die PMI-Einkaufsmanagerindizes sind allerdings noch auf einem robusten Niveau. Sollte die britische Notenbank die Geldpolitik straffen - Notenbankchef Mark Carney deutete dies zuletzt an - könnte dies die Konjunktur allerdings bremsen.

In Bezug auf die Attraktivität des Standortes Großbritannien ist eine Studie der Anwaltskanzlei Baker McKenzie interessant. Demnach würden mehr als die Hälfte der qualifizierten EU Arbeitnehmer, die bei Unternehmen aus dem FTSE 250 Aktienmarktindex arbeiten, gerne das Königreich vor dem Ende der Brexit-Verhandlungen verlassen. Somit dürften sich die Expansionsmöglichkeiten der im Vereinigten Königreich ansässigen Firmen einschränken, da ihnen ein Fachkräftemangel bevorsteht. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass internationale Finanzdienstleister schon darüber diskutieren, Teile ihrer Arbeitsplätze von London nach Dublin, Frankfurt oder Paris zu verlagern.


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