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FOKUS EURO-INFLATION

Trotz des kräftigen Konjunkturaufschwungs ist die Inflations-rate in der Eurozone vergleichsweise niedrig und bleibt damit deutlich hinter dem Preisziel der EZB bei knapp 2 % zurück. Die geringe Teuerung ist der Grund für die weiterhin expansi-ve Geldpolitik der Notenbank. Ist die Inflation tot? Oder er-wacht sie im Gegenteil gerade zum Leben? Lesen Sie mehr dazu.

Niedrige Inflation ist ein temporäres Phänomen

Executive Summary

Trotz des kräftigen Konjunkturaufschwungs ist die Inflationsrate in der Eurozone vergleichsweise niedrig und bleibt damit hinter dem Preisziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von "unter, aber nahe 2 %" zurück. Die geringe Dynamik bei der Teuerung ist der Grund für die weiterhin expansive Geldpolitik der Notenbank. Die Währungshüter befürchten zudem, dass die Inflationsrate 2018 und 2019 kaum an ihr Preisziel heranrückt. Erst 2020/2021 könnte sich die Teuerungsrate an den Zielwert allmählich annähern. Warum zieht die Inflation nicht an? Der Streit darüber ist in vollem Gange. Oder anders ausgedrückt: Es gibt eine ganze Reihe von Erklärungsansätzen. In diesem Fokus beleuchten wir die für uns maßgeblichen Treiber des geringen Preisdrucks. Die Arbeitslosenquote geht zwar in der Eurozone zurück, doch das manifestiert sich weder in spürbar steigenden Löhnen noch anziehenden Preisen. Möglicherweise sind die Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt nicht weit genug vorangeschritten. Das bedeutet, die Überkapazitäten auf dem Arbeitsmarkt sind zu erheblich, um zu mehr Preisdruck zu führen. Längerfristig dürfte sich dies jedoch drehen. Daneben ist der Ölpreis (Brent) im Sommer 2014 massiv gesunken und hat damit maßgeblich zu der Talfahrt der Inflationsrate beigetragen, denn Energie hat einen Anteil von knapp 10 % an der Verbraucherpreisinflation. Am Ölmarkt hat sich ein Trendbruch vollzogen: Die US-Schieferölproduktion suggerierte zunehmend, auf jede Ölpreissteigerung mit einer Ausweitung der Förderproduktion reagieren zu können. Entsprechend verharrte der Ölpreis auf sehr niedrigem Niveau und hielt damit auch die Inflationsrate unten. Auch strukturelle Änderungen - wie die fortschreitende Digitalisierung, die Globalisierung und der demografische Wandel in vielen Industrienationen - tragen zur niedrigen Teuerung bei. Doch längerfristig, wenn die Überkapazitäten auf dem Arbeitsmarkt abgebaut sind, dürfte die Inflationsrate stärker ansteigen - zumal der Ölpreis deutlich nach oben geklettert ist und sich der Effekt struktureller Änderungen abschwächen sollte. Unseres Erachtens ist die Inflation noch lange nicht tot, die Phase eines niedrigen Preisdrucks dauert nur etwas länger an. Und es besteht das Risiko, dass die Inflation sogar schneller als erwartet ansteigt.

Niedrige Inflation trotz kräftigem Konjunkturaufschwung

"Die Inflationsrate in der Eurozone ist zu niedrig." "Der Aufschwung hat kräftig an Fahrt aufgenommen, doch die Teuerung zieht nur wenig an und bewegt sich damit deutlich unterhalb des Inflationsziels der EZB bei knapp 2 %." "Angesichts des geringen Preisauftriebs hält die Notenbank an ihrer expansiven Geldpolitik fest und beabsichtigt damit längerfristig, die Inflationsrate an das Preisziel heranzuführen." So ungefähr lauten die Schlagzeilen, die derzeit über die Preisentwicklung in der Eurozone zu lesen sind.

Zum Jahresanfang 2018 lag die Jahresteuerung in der Eurozone bei 1,3 %. In den Monaten zuvor waren ähnliche Teuerungsraten zu beobachten gewesen, nur zum Jahresauftakt 2017 hatte die Inflationsrate beim Preisziel der Notenbank gelegen. Die niedrige Aufwärtsdynamik wird von der EZB kritisch gesehen, doch mit diesen Steigerungsraten ist der Tiefpunkt lange verlassen worden. Über den Jahreswechsel 2014/2015 war die Inflationsrate nämlich in den negativen Bereich gerutscht und pendelte bis Mai 2016 um die Nulllinie. Erst ab Juni 2016 nahm die Teuerungsrate wieder nachhaltig positive Werte an und zeigte bis Anfang 2017 stetig nach oben.

Der Rückgang der Inflationsrate startete schon Ende 2011, ausgelöst durch die europäische Schuldenkrise, die zu einem wiederholten Konjunktureinbruch in der Eurozone führte. Angesichts der konjunkturellen Talfahrt war der nachlassende Preisauftrieb kaum eine Überraschung. Unterstützt wurde die Entwicklung durch weltweit niedrige Inflationsraten sowie einen seit Mitte 2014 zu beobachtenden Ölpreisverfall. Der gesunkene Ölpreis drückt zum einen direkt über einen Basiseffekt auf die Inflation, zum anderen bedeutet ein niedrigerer Ölpreis geringere Produktionskosten für Unternehmen, womit diese mehr Gestaltungsspielraum bei der Preissetzung haben.

Mit der konjunkturellen Erholung nach der europäischen Schuldenkrise haben die Teuerungsraten seit Sommer 2016 allmählich wieder angezogen. Doch trotz der aktuell spürbaren Beschleunigung des Aufschwunges in der Eurozone liegt die Inflationsrate erheblich unterhalb des Preisziels der EZB von "unter, aber nahe 2 %". Dazu kommt, dass auch in naher Zukunft nicht zu erwarten ist, dass sich die Teuerung an den Zielwert annähert.

Angesichts des derzeit hohen Wachstumstempos in der Eurozone ist der geringe Preisauftrieb überraschend. Zudem ist die Geldpolitik der EZB weiterhin sehr expansiv ausgerichtet und wirkt damit wachstumsstimulierend, was die Preise tendenziell nach oben treiben dürfte. Doch trotz allem bleibt die Inflationsrate vergleichsweise träge. Was sind die Gründe für diese Entwicklung? Laufen die klassischen ökonomischen Wirkungsketten langsamer ab als erwartet? Oder befindet man sich im Konjunkturzyklus noch nicht da, wo man zu sein gedenkt? Oder aber hat die niedrige Inflation andere, strukturelle Ursachen? Stichworte sind an dieser Stelle zum Beispiel technologischer Fortschritt oder demographische Änderungen.

Phillips-Kurve ist nicht ausgehebelt

Die Phillips-Kurve beschreibt in der Volkswirtschaft einen negativen Zusammenhang zwischen der Arbeitslosenquote und Lohn- bzw. Preissteigerungen. Danach müssten, wenn die Arbeitslosenquote sinkt - also bei steigender Produktion die Kapazitäten besser ausgelastet sind - die Löhne steigen. Das Lohnwachstum wiederum sorgt über höhere Produktionskosten der Unternehmen für anziehende Preise. Die Arbeitslosenquote ist in der Eurozone nach ihrem im Zuge von Finanzmarkt- und europäischer Schuldenkrise erreichten Höchststand von etwas über 12 % auf aktuell 8,7 % gesunken. Dabei weicht die Entwicklung in den einzelnen Ländern der Eurozone sehr stark voneinander ab. Während die Arbeitslosenquote in Italien aktuell bei 11 % liegt und sich damit kaum von ihrem Krisenniveau bei rund 13 % entfernt hat, hat sich der deutsche Arbeitsmarkt rasant verbessert. Nach einem Krisenstand von rund 12 % Anfang 2005 hat die Arbeitslosenrate mittlerweile einen Tiefststand von 5,4 % eingenommen. In Spanien hat die Arbeitslosenrate von 27 % auf derzeit rund 17 % nachgegeben, eine deutliche Verbesserung, aber immer noch eine hohe Unterauslastung. Doch trotz der steigenden Auslastung der Kapazitäten, was aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem Schließen der Output-Lücke, also der Differenz zwischen dem Potenzialoutput und dem tatsächlichen Produktionsniveau, in diesem Jahr führt, ziehen die Löhne in der Eurozone bisher nur moderat an. Im dritten Quartal 2017 war ein Lohnwachstum von 1,9 % gegenüber dem Vorjahr zu beobachten. Im Vergleich dazu: Vor der Finanzmarktkrise 2008/2009 und dem damit verbundenen Konjunktureinbruch stiegen die Löhne in der Eurozone um über 3 % gegenüber dem Vorjahr. Möglicherweise sind die Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt noch nicht weit genug vorangeschritten - in vielen Euro-Ländern ist die Arbeitslosigkeit immer noch vergleichsweise hoch. Auf ihrem Tiefpunkt vor dem Ausbruch der Finanzmarktkrise lag die Arbeitslosenquote etwas oberhalb von 7 %.

Ein Blick auf den Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Preisauftrieb im Zeitraum 2010 bis jetzt zeigt keine negative Korrelation, wie sie nach der Phillips-Kurve angezeigt wäre, sondern sogar eine leicht positive. Damit würde die Phillips-Kurve keine Unterstützung finden. Es ist aber so, dass in diesem Zeitraum - wie schon oben beschrieben - die Überkapazitäten auf dem Arbeitsmarkt durch Finanz- und Schuldenkrise bedingt erheblich waren. Entsprechend waren Lohnsteigerungen kaum durchsetzbar und konnten die Preisentwicklung nicht anschieben. Letztere wurde vielmehr durch andere Faktoren dominiert. Geht man dagegen weiter in die Vergangenheit zurück, d.h. betrachtet man einen Zeitraum von Anfang 2001 bis heute, dann ist der Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Inflationsrate durchaus negativ. Die sich ergebende Gerade ist aber vergleichsweise flach. Danach führt eine niedrigere Arbeitslosenquote langfristig zu steigenden Inflationsraten, was die Phillips-Kurve bestätigt. Innerhalb dieses längeren Zeitraums gab es auch Phasen einer guten Auslastung des Arbeitsmarktes - zeitlich gesehen kurz vor dem Ausbruch der Finanzmarktkrise -, die zu einem höheren Preisdruck geführt haben.

Trendbruch auf dem Ölmarkt lässt Inflationsrate sinken

Im Sommer 2014 ist der Ölpreis (Brent) von Niveaus deutlich oberhalb der 100 US-Dollar/Barrel in Richtung 50 US-Dollar/Barrel gesunken. Zeitweilig, d.h. vom Jahresende 2015 bis zum Frühjahr 2016, wurde diese Marke sogar unterschritten. Seit dem Sommer 2017 ist der Ölpreis zwar wieder gestiegen, doch die Phase des niedrigen Ölpreises hat sich eingebrannt, denn sie wird assoziiert mit einem Strukturwandel auf dem Ölmarkt. Die US-Schieferölproduktion hat sich in eine Position gebracht, aus der sie jederzeit auf einen Ölpreisanstieg mit einer Produktionsausweitung reagieren kann. Damit wäre der Ölpreis auf einem niedrigen Niveau fixiert. Der Ölpreisrückgang bzw. der in der Folge lange niedrige Ölpreis hat maßgeblichen Anteil daran, dass die Inflationsraten gefallen sind und lange an der Nulllinie verharrt haben, bevor sie ganz allmählich wieder angestiegen sind. Denn zum einen vergünstigt ein niedriger Ölpreis die in der gesamten Inflationsmessung enthaltene Energiekomponente - zum Beispiel über geringere Heiz- oder Diesel- und Benzinkosten an der Tankstelle. Energie hat einen Anteil von knapp 10 % an der Verbraucherpreisinflation. Zum anderen bedeutet ein niedrigerer Ölpreis aber auch sinkende Produktionskosten für Unternehmen, entweder als direkter Rohstoff für die erdölverarbeitende Industrie oder als anderweitiger Kostenfaktor. Der zu beobachtende Ölpreisanstieg sollte jedoch die Inflationsraten über beide Kanäle wieder nach oben treiben, zumal der Ölpreis angesichts der hohen Wachstumsdynamik der Weltwirtschaft vorerst nicht auf seine niedrigen Stände zurückkehren dürfte.

Aufwertung des Euro belastet grundsätzlich Preisauftrieb

Nicht zu vernachlässigen bei der Inflationsentwicklung in der Eurozone ist der Außenwert des Euro. So konnte die Gemeinschaftswährung gegenüber dem US-Dollar seit Frühjahr 2017 deutlich an Wert gewinnen. Von einem Niveau von rund 1,05 US-Dollar pro Euro zum Jahresende 2016 stieg das Austauschverhältnis auf Jahressicht auf 1,20 US-Dollar pro Euro. Ausschlaggebend dafür war, dass mit Emmanuel Macron ein europafreundlicher Präsident in Frankreich gewählt worden ist, womit die politischen Risiken für die Eurozone deutlich zurückgegangen sind. Das Vertrauen in die Eurozone wurde gestärkt, während gleichzeitig die Querelen in der US-Regierung für Verunsicherung sorgten und den US-Dollar unter Druck brachten. Der stärkere Euro hat auf die Importpreise gedrückt, was sich negativ auf die Preisentwicklung im Inland ausgewirkt hat. Allerdings hat der Ölpreisanstieg ab Sommer 2017 die Importpreise wieder ansteigen lassen und damit den Effekt des stärkeren Euro auf die Inflation egalisiert.

Digitalisierung: Treiber der geringen Preisdynamik?

Neben den klassischen Treibern der Inflationsentwicklung stellt sich aber die Frage, ob es auch noch andere Trends gibt, die ausschlaggebend für die aktuell niedrige Inflationsrate in der Eurozone ist. Eine Antwort darauf ist die fortschreitende Digitalisierung in allen Lebensbereichen. Digitalisierung führt dazu, dass viele Produkte durch Effizienzgewinne sehr viel günstiger hergestellt bzw. angeboten werden können. Entsprechend moderater kann die Preissetzung der Unternehmen ausfallen, was die Inflationsentwicklung drückt. Dabei kann sich die Digitalisierung an ganz unterschiedlichen Stellen bemerkbar machen. Zum einen werden neue Angebots- und Vertriebsstrukturen über das Internet genutzt (E-Commerce), die weniger kostenintensiv sind und damit auch herkömmliche Anbieter über einen zunehmenden Wettbewerb zu niedrigeren Preisen zwingen. Zum anderen können aber auch Produktionsprozesse in Unternehmen durch Digitalisierung preisgünstiger gestaltet werden. Dazu kommt, dass aufgrund der Digitalisierung ganz neue Geschäftsmodelle möglich sind, die wiederum mit traditionellen Unternehmen konkurrieren, was die Preise unter Abwärtsdruck setzt.

Auch in der Vergangenheit gab es selbstverständlich Phasen, in denen es zu einem technologischen Fortschritt wie jetzt bei der Digitalisierung gekommen ist. Daraus resultierende Effizienzgewinne, die zu einem nachlassenden Preisdruck führen, gab es daher auch schon zu früheren Zeitpunkten. Es könnte jedoch sein, dass die geringe Teuerung länger als in der Vergangenheit Bestand hat. Ein Grund dafür dürfte sein, dass derzeit viele strukturelle Änderungen und andere Entwicklungen zusammenkommen.

Aber auch andere strukturelle Änderungen spielen eine Rolle

Neben der Digitalisierung gibt es mit der Globalisierung und dem demographischen Wandel in vielen Industrieländern, d.h. der zunehmenden Alterung der Gesellschaft, aber auch andere strukturelle Änderungen, die eine Rolle beim niedrigen Preisauftrieb spielen könnten. Die Globalisierung sorgt für international abgestimmte Wertschöpfungsketten, die bis zum Äußersten optimiert werden, so dass möglichst kostengünstig produziert werden kann. Wenn es an einem Produktionsstandort zu steigenden Löhnen kommt, kann das davon betroffene Unternehmen vergleichsweise einfach seine Produktionsstätte verlagern und damit wieder seine Lohnkosten drücken. Eine Anhebung der Margen ist eher nur bedingt möglich, da die Unternehmen dafür global und insbesondere innerhalb der EU in einem sehr starken Wettbewerb stehen, so dass die Unternehmen tendenziell ihre geringeren Produktionskosten weitergeben. Die Konsumenten können also von einem global ausgerichteten Wettbewerb der Unternehmen profitieren. Das gilt in einem deutlich geringeren Maß für Dienstleistungen, die in der Regel auf nationaler Ebene angeboten und nachgefragt werden.

Die zu beobachtende und weiter voranschreitende Alterung der Gesellschaft in vielen Industrieländern reduziert immer stärker das Arbeitskräftepotenzial. Nach der Lebenszyklushypothese ("life-cycle hypothesis") haben aber unterschiedliche Altersgruppen in der Gesellschaft ein anderes Spar- und Konsumverhalten. Wenn nun das Arbeitskräftepotenzial abnimmt und sich dafür der Anteil der Rentner an der Bevölkerung erhöht, verschieben sich bisher gültige Spar- und Konsummuster. Rentner treffen andere Konsumentscheidungen als das bei jüngeren Generationen der Fall ist. Während beispielsweise bei Rentnern Gesundheitsleistungen eine wichtige Rolle spielen, sind es bei jüngeren Generationen eher Investitionen in die Einrichtung von Mietwohnung/Eigenheim sowie Babyausstattung/Kindererziehung. Der Konsumimpuls bei jüngeren Generationen dürfte zudem einen sehr viel größeren Effekt auf die Wirtschaft haben, so dass sein Rückgang mehr ins Gewicht fallen sollte als der Anstieg des Konsums der Rentner. Entsprechend ist die Alterung der Gesellschaft ebenfalls ein Belastungsfaktor für die Inflation.

Fazit und Ausblick

Die trotz des kräftigen Konjunkturaufschwungs in der Eurozone niedrigen Inflationsraten scheinen das Ergebnis einer ganzen Reihe von unterschiedlichen Faktoren zu sein. Dabei spielen zum einen klassische Ansätze - wie die Phillips-Kurve -, aber auch Änderungen von strukturellen Bedingungen - wie die fortschreitende Digitalisierung - eine Rolle. Die Phillips-Kurve ist nicht etwa heutzutage nicht mehr gültig, sondern der Zusammenhang zwischen sinkender Arbeitslosigkeit und steigenden Inflationsraten besteht weiterhin. Er wird langfristig wieder zum Tragen kommen. Momentan gibt es allerdings noch erhebliche Überkapazitäten auf dem Arbeitsmarkt, die einen Anstieg der Inflationsraten verhindern. Sinkt mit der besseren Auslastung der Kapazitäten, also der Fortsetzung des Konjunkturaufschwunges, auch die Arbeitslosigkeit in der Eurozone weiter, dürfte sich das irgendwann in steigende Löhne und damit höhere Inflationsraten übersetzen. Diese Prozesse brauchen nur mehr Zeit - zu schwerwiegend waren die zuvor gesehenen Krisen. Auch der Ölpreisrückgang ist maßgeblich verantwortlich für die geringe Inflation. Er hat zunächst dafür gesorgt, dass die Teuerung zurückgegangen ist und lange auf niedrigen Niveaus verharrt hat. Der gesunkene Ölpreis hat aber auch zu günstigeren Kostenstrukturen bei den Unternehmen geführt - vor allem weil die Erwartungshaltung durch die US-Schieferölindustrie geschürt wurde, dass man jederzeit auf einen Ölpreisanstieg mit einem höheren Angebot reagieren könne, was den Ölpreis wieder sinken lassen würde. Diese Entwicklung hat sich maßgeblich auf die Preisbildung ausgewirkt.

Aber auch strukturelle Änderungen lasten auf der Inflation. Da ist technologischer Fortschritt in Form einer voranschreitenden Digitalisierung zu nennen, die sich in vielen Bereichen bemerkbar macht. Die sich daraus ergebenden Effizienzgewinne bewirken, dass viele Produkte sehr viel günstiger für die Konsumenten angeboten werden können. Der demographische Wandel in vielen Industrieländern, sprich die Alterung der Gesellschaft, ändert Spar- und Konsummuster der Bevölkerung, was die Preisstrukturen verschiebt und insgesamt die Preisentwicklung drückt. Die Globalisierung wiederum sorgt für international optimierte Wertschöpfungsketten, die eine sehr kostengünstige Produktion ermöglichen. Sie forciert aber auch den Wettbewerb der Unternehmen untereinander, so dass die Kosteneinsparungen sich nicht in steigenden Margen widerspiegeln, sondern in tendenziell sinkenden Preisen.

Die strukturellen Änderungen dürften zunächst weiter auf den Teuerungsraten lasten. Längerfristig betrachtet sollte dieser Effekt sich weniger stark bemerkbar machen, was für einen wieder stärkeren Preisauftrieb in der Eurozone spricht. Das gilt auch für den Ölpreis und die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Der Ölpreis ist gestiegen und dürfte angesichts des weltweit zu beobachtenden kräftigen Konjunkturaufschwungs, der zu einer steigenden Ölnachfrage führt, erst einmal nicht zu seinen niedrigen Niveaus zurückkehren. Mit der hohen Wachstumsdynamik in der Eurozone sollten sich die Überkapazitäten auf dem Arbeitsmarkt reduzieren, womit der Lohn- und Preisdruck zunehmen würde. Unter dem Strich dürfte die Teuerungsrate also wieder aufwärts tendieren - wenn auch erst längerfristig in Richtung Preisziel der EZB. Und angesichts des kräftigen Aufschwungs wächst derzeit das Risiko, dass die Inflationsraten sogar schneller zulegen als gedacht. Dies sollte die EZB im Hinterkopf haben, denn derzeit ist ihre Geldpolitik unverändert expansiv ausgerichtet. Es besteht die Gefahr, dass die EZB zu spät und/oder zu langsam aus ihrem Anleiheankaufprogramm (QE) aussteigt, das derzeit bis Ende September 2018 terminiert ist. Risikofaktor für eine steigende Teuerung bleibt die Entwicklung von US-Dollar/Euro. Geht die Aufwertung des Euro schnell und deutlich weiter, würde dies auf die Preisentwicklung drücken und damit das Erreichen des Preisziels der EZB erschweren.

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