von Jochen Steffens
Zunächst die Überraschung: Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sank unerwartet deutlich auf 365.000 Stellen, nach 392.000 in der Vorwoche. Analysten hatten lediglich mit 375.000 Stellen gerechnet.
Die sinkenden Erstanträge sind natürlich ein positiver Hinweis auf den offiziellen Arbeitsmarktbericht, der am morgigen Freitag veröffentlicht wird. Zunächst konnten die Indizes auch nach der Veröffentlichung zulegen.
EZB sieht höhere Unsicherheiten
Doch die Aussagen von EZB-Präsident Mario Draghi nach der heutigen EZB-Sitzung belasteten. Draghi hatte trotz der schlechteren Konjunkturdaten aus der EU (so zum Beispiel die gestern erwähnten Einkaufsmanagerindizes von Spanien und Italien) keine zusätzlichen geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen angekündigt. Gleichzeitig bestätigte er auf Nachfrage, dass die Unsicherheiten in der EU wieder zugenommen haben.
ISM-Dienstleistungsindex unter den Erwartungen
Etwas später, um 16.00 Uhr MESZ, wurde dann noch der ISM-Dienstleistungsindex veröffentlicht. Dieser Index sank unerwartet deutlich auf 53,5 Punkte, nach 56,0 Punkten zuvor. Analysten hatten zwar mit einem Rückgang gerechnet, jedoch nur auf 55,5 Punkte.
Der Dienstleistungsindex ist eigentlich wichtiger als der ISM-Index des Verarbeitenden Gewerbes. Immerhin macht dieser Sektor 70-80 Prozent der US-Wirtschaft aus. Allerdings wurde er früher weniger beachtet, erst seit der Anpassung der Berechnung an den ISM-Index des verarbeitenden Gewerbes nimmt die Bedeutung für die Märkte immer weiter zu. Und so muss man diesen Rückgang der vergangenen drei Monate durchaus als Warnung begreifen! Da führt kein Weg dran vorbei, der ISM-Dienstleistungsindex ist ein Big-Point für die Bären unter Ihnen.
Auf kurzfristige Sicht kommt hinzu, dass auch gerade der Unterindex „Beschäftigung“ von zuvor 56,7 auf nun 54,2 Punkte zurückgegangen ist. Leider hilft uns das kurzfristig nicht weiter, aus folgenden Gründen:
Keine klare Richtung bei der Prognose für die US-Arbeitsmarktdaten:
Am Dienstag sendete der Unterindex Beschäftigung des ISM-Index des verarbeitenden Gewerbe ein positives Signal für den Arbeitsmarkt. Die ADP-Daten gestern enttäuschten hingegen (beides nachzulesen im Steffens Daily von gestern). Heute gab es eine positive Entwicklung bei den Erstanträgen und eine negative beim ISM-Dienstleistungsindex. Zwei positive und zwei negative Faktoren. Damit hat sich ein klares Patt herausgebildet.
Auch wenn die verschiedenen Faktoren unterschiedlich gewichtet werden könnten (so würde ich die negative Entwicklung der Beschäftigung im Dienstleistungsindex höher gewichten, als die positive des Verarbeitenden Gewerbes, da der Einfluss auf den Arbeitsmarkt höher ist) entsteht trotzdem keine klare Richtung. Die aktuelle Faktenlage lässt meines Erachtens keine Tendenz erkennen.
Die Prognosen der Analysten für den US-Arbeitsmarktbericht (die Non Farm Payrolls) erwarten einen Anstieg auf 150.000 – 175.000 Stellen (allerdings fehlen bei diesen Prognosen die Daten der vergangenen Tage). Im vergangenen Monat gab es nur einen Anstieg um 120.000 Stellen. Das ist die Messlatte – es wird also wieder einmal spannend, morgen um 14.30 MESZ.
Viele Grüße
Jochen Steffens