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Schäuble fordert Lohnplus in Deutschland

Von Klaus Brune 
   DOW JONES NEWSWIRES 

FRANKFURT (Dow Jones)--Unerwarteter Schulterschluss aus Berlin: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat den Gewerkschaften im Kampf um mehr Lohn den Rücken gestärkt und sich dafür ausgesprochen, dass die Löhne in Deutschland stärker steigen als anderswo. Schäubles Argumente: Deutschland habe sich nach Jahren der entbehrungsreichen Reformen einen kräftigen Schluck aus der Lohnpulle verdient, und eine Stärkung der deutschen Binnenkonjunktur durch stärker wachsende Löhne entkräfte auch die Kritik aus dem Ausland, die größte Volkswirtschaft der Eurozone finanziere ihren Aufschwung zu Lasten der Partner.

"Es ist in Ordnung, wenn bei uns die Löhne aktuell stärker steigen als in anderen EU-Ländern", sagte der CDU-Politiker in einem Interview mit dem Wochenmagazin Focus. Nach vielen Jahren mit Reformen am Arbeitsmarkt, niedrigen Lohnabschlüssen und Zugeständnissen bei Wochen- und Lebensarbeitszeit hätten es sich die deutschen Arbeiter verdient, höhere Lohnabschlüsse als ihre Kollegen im europäischen Ausland zu bekommen, so Schäuble laut einem Vorabbericht vom Samstag.

Außerdem komme das Land damit den Forderungen anderer Länder entgegen, mehr für die eigene Binnenkonjunktur zu tun, so Schäuble. Denn die Lohnsteigerungen in Deutschland könnten auch dazu führen, den privaten Konsum im Lande anzukurbeln und damit die Inlandsnachfrage zu stärken. In den vergangenen Jahren hat die deutsche Wirtschaft vor allem von der starken Nachfrage nach seinen Exportartikeln profitiert. Kritiker in Frankreich und anderen europäischen Ländern - den wichtigsten Handelspartnern Deutschlands - hatten der deutschen Regierung daraufhin wiederholt vorgeworfen, zu wenig für eine Stimulierung der Inlandsnachfrage zu tun und damit das deutsche Wirtschaftswachstum vor allem auf Kosten des Auslands zu finanzieren.

Diese Kritik kam in abgewandelter Form zuletzt erneut hoch und bestimmte unter anderem die politische Debatte in Frankreich, wo der sozialistische Herausforderer Francois Hollande sich berechtigte Hoffnungen machen kann, am Sonntag den bisherigen Präsidenten Nicolas Sarkozy in einer Stichwahl an der Spitze des Landes abzulösen. In mehreren Wahlkampfauftritten hatte Hollande ein stärkeres Gegengewicht zur deutschen Forderung nach mehr Haushaltsdisziplin gefordert und einen Wachstumspakt in Ergänzung zu dem von Kanzlerin Angela Merkel initiierten europäischen Sparprogramm ins Spiel gebracht.

Dahinter steckt die Überzeugung vieler Ökonomen, dass Sparen allein Europa nicht aus der Schuldenkrise führen wird -- schon gar nicht in Zeiten, in denen die Sparerfolge durch schwächeres wirtschaftliches Wachstum teilweise mehr als ausradiert werden. Vielmehr müssten bei der Krisenbewältigung mit einem Wachstumspakt auch Konjunkturimpulse gesetzt werden. Im politischen Berlin hatten Ankündigungen Hollandes, den erst im Februar von 25 Staats- und Regierungschefs unterzeichneten Fiskalpakt bei seiner Wahl neu verhandeln zu wollen, für sorgenvolle Reaktionen geführt.

Schäuble warnte allerdings vor neuen Konjunkturprogrammen auf Pump. "Das wäre so wie ein Schwur, sich bessern zu wollen, aber vorher noch etwas zu sündigen." Man sei sich doch einig gewesen, dass die zu hohen Schulden "eine der wesentlichen, wenn nicht die Ursache der Krise waren". Da könne man doch jetzt nicht ernsthaft fordern, zur Lösung der Krise schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme aufzulegen. "Darauf müssen wir achten, auch wenn man sich dafür gelegentlich den Vorwurf einer gewissen Hartnäckigkeit zuzieht", sagte er dem Focus.

Dennoch signalisieren die Äußerungen eine gewisse Kompromissbereitschaft. Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel die französischen Forderungen nach einem Aufbrechen des Fiskalpaktes zunächst brüsk abgelehnt hatte, signalisierte die deutsche Regierung zuletzt Verhandlungsbereitschaft. Die Frage nach einer ergänzenden Wachstumsagenda stehe ja ohnehin schon auf der europäischen Agenda, hiess es zuletzt aus Berlin. Bei Schäuble klingt das so: "Man verlässt sich in Europa und in der G20 darauf, dass wir Wachstumslokomotive bleiben."

Neben Hollande sollten sich aber auch die deutschen Gewerkschaften nicht zu viel Hoffnung machen, dass Finanzminister Wolfgang Schäuble und die Regierung Merkel im Vorfeld wichtiger Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ins Lager der Arbeitnehmer übergewechselt seien. Bei den berechtigten Forderungen nach Lohnerhöhungen dürfe man es aber auch nicht übertreiben, so Schäuble gegenüber dem Focus. "Wir müssen das rechte Maß wahren", sagte der Finanzminister.

Wo genau das liege, erkunden derzeit die Tarifparteien in der Metallindustrie. In der letzten Woche verlieh die IG Metall ihrer Forderung nach 6,5 Prozent mehr Lohn, der Übernahme aller Auszubildenden und mehr Mitspracherechten bei den Leiharbeitern mit Warnstreiks im Südwesten der Republik weiteren Nachdruck. Rund 270,000 Arbeitnehmer beteiligten sich nach Angaben der Gewerkschaften in der vergangenen Woche an den Warnstreiks.

Und Gewerkschaftschef Hubert Bertold kündigte am Wochenende schon mal vorsorglich einen heißen Mai an, sollten die Arbeitgeber bei ihren bislang gebotenen Lohnerhöhungen um 3 Prozent in den kommenden 14 Monaten nicht nachlegen. "Wenn bis Pfingsten auf der anderen Seite keine Einsicht einkehrt, dann führt kein Weg an einem Streik vorbei, auf breiter Front", warnte Huber in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Die Gewerkschaften seien jedenfalls für einen langen und harten Tarifstreit gerüstet. "Wer die Streikkasse der IG Metall in Frage stellt, hat keine Ahnung."

Nachdem der öffentliche Dienst Ende März eine Einigung über insgesamt 6,3 Prozent für seine rund zwei Millionen Beschäftigten erzielte, will auch die IG Metall für ihre insgesamt rund 3,5 Millionen Arbeiter offenbar ein möglichst hohes Ergebnis erzielen. Der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Gesamtmetallchef Martin Kannegiesser, hat diese Forderung zuletzt als "einfach zu hoch" abgewiesen. Nach der tiefen Krise, durch die die Branche gegangen sei, dürfe man den Stab nicht so hoch legen, dass die Wirtschaft das nicht überspringen könne, so Kannegiesser in einem Radiointerview. Nach den ermutigenden Worten des deutschen Finanzministers werden die Gewerkschaften allerdings das Gefühl haben, die deutsche Metallindustrie werde sich ruhig ein wenig mehr strecken können.

Klaus.brune@dowjones.com

DJG/ros 
 

(END) Dow Jones Newswires

May 06, 2012 05:18 ET (09:18 GMT)

Copyright (c) 2012 Dow Jones & Company, Inc.

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