Die internationalen Aktienmärkte präsentieren sich in den letzten Tagen in Moll-Stimmung. Was sind die Hintergründe? Liegt es an einem skurrilen Diktator in Nordkorea, der die USA bis 2020 mit Atombomben treffen will. Sind es die geostrategischen Konflikte zwischen den USA und China bzw. Russland? Ist es die US-Präsidentschaftswahl, bei der nicht wenige der Meinung sind, die Wahl zwischen Kopf- und Bauchschmerzen zu haben? Sind es die weltweit deflationären Konjunkturdaten? Selbst Amerika scheint ja konjunkturell nicht mehr das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu sein.
Oder sind es etwa die mannigfaltigen politischen Probleme in der EU und Eurozone, konkret die Disharmonie und Austrittsbewegungen wie der Brexit. Es ist doch symptomatisch für die Eurosklerose, wenn die Wiederholung der österreichischen Bundespräsidentenwahl verschoben werden muss, weil der Kleber auf den Briefwahlumschlägen nur mangelnd haftet. Ja in der Tat, Polit-Europa kommt einem wie ein künstliches Gebiss ohne ordentliche Haftcreme vor. Der kräftige Biss kann so nicht gelingen. Auch im ach so politisch stabilen Deutschland zeigen sich Absurditäten: Selbst zwei Schwarze sind sich nicht mehr grün.
Krisen prallten an den Aktienbörsen bislang ab wie Fliegen an der Windschutzscheibe
Das alles sind fundamentale bzw. politische Gründe, die Aktienmärkte früher so richtig in die depressive Verzweiflung getrieben hätten. Und heute? Heute haben wir uns offenbar an politische, geostrategische und konjunkturelle Betriebsunfälle gewöhnt. Aufgrund ihrer Häufigkeit hat sich ihre Schockwirkung abgenutzt.
Doch das wirkliche Breitbandantibiotikum gegen Aktienkrisen kommt von den medizinischen Notfallabteilungen der internationalen Notenbanken. Insbesondere die Fed als bedeutendste aller Zentralbanken besetzt die Rolle des stets aufmunternd lächelnden Professors Brinkmann aus der Serie "Schwarzwaldklinik".
Solange vor allem an der Zinsfront in den USA nichts anbrennt, werden die politischen und fundamentalen Probleme zwar nicht gelöst, aber ihr Zerstörungspotenzial für Aktien zumindest eingefangen wie der böse Geist in der Flasche mit dickem Korken obendrauf. Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass man den Geist nicht mehr herauslassen darf. Dann ist die Illusion der schönen neuen heilen Finanz-Welt dahin. Dann werden schlafende Krisen-Hunde geweckt. Um auf die Schwarzwaldklinik zurückzukommen: Dann hat Fed-Chefin Janet Yellen die Rolle der rabiaten Oberschwester Hildegard inne.
Mit Zinserhöhungs-Rhetorik spielt man nicht