Nicht nur der DAX hat derzeit keinen guten Lauf, auch die im Scale-Segment gelisteten Small Caps schwächeln - allerdings längst nicht alle. Die auf kleine Unternehmen spezialisierten Analysehäuser halten zudem einige Aktien für viel zu billig.
22. Oktober 2018. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Dem allgemeinen Kursrutsch an den Aktienmärkten hat sich auch das Scale-Segment nicht entziehen können: Der Scale All Share-Index, der die Entwicklung aller Scale-Aktien widergibt, liegt am Montagmorgen bei 1.169 Punkten, deutlich unter dem Niveau von vier Wochen bei 1.278 Punkten. Seit Start des Börsensegments im März 2017 ist das Plus damit auf knapp 17 Prozent geschrumpft. Auch der Auswahlindex Scale 30 musste kräftig Federn lassen und liegt mit aktuell 1.063 Punkten unter dem Niveau vor einem Monat.
Dahinter verstecken sich aber höchst unterschiedliche Entwicklungen: Ein Vorzeigeunternehmen im Scale-Segment bleibt das Fondsemissionshaus Lloyd Fonds: Lloyd Fonds (WKN A12UP2) steht auf der Liste der vergangenen zwölf Monate weiter auf Platz eins mit einem Plus von 85 Prozent. Auf den Plätzen zwei und drei finden sich jetzt die auf auf Softwarelösungen und Unternehmenskommunikation spezialisierte EQS Group und der Messgerätehersteller für die Medizin- und Umwelttechnik Nynomic (WKN A0MSN1) - ehemals m-u-t - mit jeweils 29 Prozent. Auf Sicht von drei Monaten hat unverändert das Medizintechnikunternehmen MagForce (WKN A0HGQF) mit einem Plus von 24 Prozent die Nase vorn, gefolgt vom Anbieter von Videosystemen artec technologies (WKN 520958) und dem Softwareanbieter Mensch und Maschine (WKN 658080).
Schlusslichter auf Sicht von zwölf Monaten bleiben das Fintech-Unternehmen Naga Group (WKN A161NR) mit einem Minus von fast 80 Prozent, der Streaming-Dienst Pantaflix (WKN A12UPJ), der Immobilieninvestor Publity (WKN 697250), das Fintech MyBucks (WKN A2AJLT) und der Klingeltonanbieter CLIQ Digital (WKN A0HHJR).
Zahlreiche Kaufempfehlungen
Abermals gab es zahlreiche Kaufempfehlungen für Scale-Aktien von den auf Smallcaps spezialisierten Analysehäusern: So rät SMC Research aus Münster bei Nanogate und 2G Energy zum Einstieg, das Augsburger Analysehaus GBC bei der FinTech Group, FinLab, artec Technologies und Deutsche Grundstücksauktionen. Auffällig bleibt, wie hoch die Analysehäuser die Kursziele für einige der beobachteten Scale-Unternehmen ansetzen, zum Teil wird den Aktien eine Kursverdopplung zugetraut: Der Oberflächenspezialist Nanogate wird von SMC auf "Buy" gestuft bei einem Kursziel von 62,40 Euro - aktuell wird die Aktie zu 32,90 Euro gehandelt. Nanogate hat SMC zufolge nach der dynamischen Entwicklung im letzten Jahr auch im ersten Halbjahr des laufenden Jahres wieder mehrere "Ausrufezeichen" gesetzt: Neben dem erneut hohen Wachstum zähle dazu vor allem der Ende Juni gemeldete Großauftrag im Volumen von bis zu 100 Millionen US-Dollar. SMC sieht Nanogate weiter auf dynamischem Wachstumskurs, der vor allem durch die breite technologische Basis abgesichert sei.
Viele gute Halbjahreszahlen
Immer noch ein Kurspotenzial von rund einem Drittel hat SMC zufolge 2G Energy, der Anbieter von Blockheizkraftwerken ("Buy"). Verwiesen wird auf das zweistellige Wachstum und die deutliche Ergebnisverbesserung im ersten Halbjahr. Dank eines hohen Auftragseingangs und -bestands rechnet SMC für 2019 mit einer weiteren Wachstumsbeschleunigung und erhöht das Kursziel von 29 auf 29,60 Euro (aktuell 22 Euro). Sehr viel Luft nach oben sieht GBC auch für artec technologies und FinLab: artec technologies habe im ersten Halbjahr den Umsatz mehr als verdoppelt und zudem auf allen Ergebnisebenen Verbesserungen erzielt, für 2019 und 2020 rechnen die Analysten mit einer Fortsetzung des eingeschlagenen Wachstumskurses. Das Kursziel für die artec-Aktie liegt jetzt bei 6,75 nach zuvor 6,50 Euro (aktuell 4,48 Euro). Auch der Fintech-Inkubator und -Investor FinLab hat GBC zufolge in der ersten Jahreshälfte Umsatz und Ebit deutlich gesteigert. Wegen der rückläufigen Entwicklung des Net Asset Value einer wichtigen Beteiligung senken die Analysten ihr Kursziel zwar leicht von 33,75 auf 32,75 Euro (aktuell 19,85 Euro), bestätigen aber die Kaufempfehlung.
Zusammenarbeit mit Österreichs Post überzeugt
Für die FinTech Group bleibt das Votum von GBC ebenfalls bei "Kaufen". Hintergrund ist die langfristige Kooperation des Frankfurter Unternehmens mit der Österreichischen Post, hieraus ergebe sich erhebliches Neukundenpotenzial, wie es heißt. Das Kursziel liegt nun bei 45 nach bislang 41,70 Euro, ebenfalls weit oberhalb der aktuellen Notierung von 24,75 Euro. Optimismus herrscht auch bezüglich des Immobilienauktionshauses Deutsche Grundstücksauktionen: Das Unternehmen hat laut GBC den Objektumsatz in den ersten neun Monaten dieses Jahres deutlich gesteigert und plane weiterhin, das "objektumsatzstärkste Jahr der Unternehmensgeschichte" zu erreichen. Die Analysten bestätigen daher ihr Kursziel von 18,70 Euro (aktuell 17,20) und das "Kaufen"-Votum.
Lediglich auf "Halten" setzt SMC Research hingegen Daldrup & Söhne. Der Spezialist für geothermische Bohrungen habe im ersten Halbjahr 2018 zwar den Umsatz bei einer stabilen Gesamtleistung mehr als verdreifacht und die operative Marge deutlich verbessert. Auch die Perspektiven blieben gut. Ein Wermutstropfen sei aber, dass sich die Inbetriebnahme des zweiten Wärmetauschers beim Kraftwerk Taufkirchen noch einmal verschoben habe. Das Kursziel bleibt bei 14,30 Euro, liegt damit aber klar über der derzeitigen Notierung von 9 Euro.
Stemmer expandiert weiter
Von den in Scale gelisteten Unternehmen kamen in den vergangenen Wochen viele Nachrichten: So meldete der Spezialist für industrielle Bildverarbeitung Stemmer Imaging (WKN A2G9MZ), seine Expansionsstrategie fortzusetzen: Stemmer hat eine strategische Beteiligung an Perception Park mit Sitz im österreichischen Graz erworben. Assetando Real Estate, ein Tochterunternehmen der in Scale gelisteten Ernst Russ AG (WKN A161077), hat unterdessen das Immobilienportfolio erweitert. Das Unternehmen übernahm zum 1. Oktober 2018 das Asset- und Fondsmanagements der bisher von Engel & Völkers Capital AG betreuten geschlossenen Publikumsfonds. Kurz vor Ende des laufenden Geschäftsjahres 2017/2018 hat der Vorstand der Datagroup (WKN A0JC8S) zudem den Ausblick angehoben und rechnet nun mit einem Umsatz von 269 Millionen Euro nach 223,1 Millionen im Vorjahr. Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen werde mit mehr als 34 Millionen Euro deutlich über den ursprünglich prognostizierten 30 Millionen Euro liegen, hieß es außerdem.
Neue Paragon-Anleihe im Segment
Im Scale-Anleihesegment gibt es bald einen Neuling: Von Dienstag, 23. Oktober, bis Donnerstag, 25. Oktober, kann die neue Anleihe des Autozulieferers Paragon gezeichnet werden, die im Scale-Segment gehandelt werden soll. Der Bond läuft bis Oktober 2023, die Kursspanne liegt bei 4,25 bis 4,75 Prozent.
Die bereits gelisteten Anleihen in Scale notieren allesamt weiter über Pari oder nur ganz knapp darunter, besonders deutlich die Papiere des Fußballclubs Gelsenkirchen Schalke 04 (WKN A2AA04), der Karlsberg Brauerei (WKN A2AATX), Hoermann Industries (WKN A2AAZG) und Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig (WKN A13SAD).
Scale ging im März 2017 an den Start und hat den Vorgänger Entry Standard abgelöst. Das Segment bietet Zugang zu Aktien und Anleihen kleiner und mittlerer Unternehmen. Unternehmen, die sich in Scale listen lassen wollen, müssen schon zwei Jahre existieren und 30 Millionen Euro Marktkapitalisierung aufweisen. Des Weiteren wurden fünf Kriterien angesetzt, von denen jedes Unternehmen drei erfüllen muss: ein Mindestumsatz von zehn Millionen Euro, ein positives Jahresergebnis, ein positives bilanzielles Eigenkapital, eine Mindestmitarbeiterzahl von 20 Personen und mindestens fünf Millionen Euro Eigenkapital. Und: Es gibt verpflichtende Research Reports durch die beiden Analysehäuser Morningstar und Edison Investment Research, die von der Deutschen Börse - und nicht von den Unternehmen selbst - in Auftrag gegeben werden. Dennoch richtet sich das Segment nur an gut informierte Anleger.
von: Anna-Maria Borse
22. Oktober 2018, © Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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