BERLIN (Dow Jones)--Die deutsche IT- und Telekommunikationsbranche hat einen SPD-Vorschlag für einen freien Datenzugang für alle kritisiert, der sich gegen die Monopolisierung des Internets durch die großen US-Konzerne richtet.
Vor einer am Donnerstag stattfindenden SPD-Diskussionsveranstaltung zu dem vorgeschlagenen "Daten-für-Alle"-Gesetz mit Wissenschaftlern und der Zivilgesellschaft warnte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder, dass das Gesetz unerwünschte Nebenwirkungen haben könnte.
"Insgesamt wirft der Vorstoß der SPD mehr Fragen auf als er Antworten gibt. Die zu erwartenden Schäden dürften den erhofften Nutzen weit übersteigen", warnte Rohleder gegenüber Dow Jones Newswires.
Daher wäre es sinnvoller, in Deutschland über eine neue Balance zwischen der Gewinnung und Verarbeitung von Daten auf der einen und dem Schutz der Privatsphäre auf der anderen Seite nachzudenken.
SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hatte vorgeschlagen, Datenmonopolisten wie Facebook oder Google ab einem bestimmten Marktanteil zur Herausgabe ihrer Daten zu zwingen, damit Wettbewerber damit arbeiten könnten. Außerdem sollten Geo- oder Mobilitätsdaten öffentlich zugänglich gemacht werden.
"Es gilt, dem freien Wettbewerb die richtigen Ziele und Rahmenbedingungen vorzugeben und die mächtigen Player der Digitalisierung in die Verantwortung zu nehmen", so Nahles. "Eine demokratische digitale Ordnung muss Wahrheit und Wettbewerb schützen und sie muss Wohlstand erzeugen und gerecht verteilen."
Daten könnten in die Hände unerwünschter Abnehmer gelangen
Laut Bitkom müsse zwar ein besserer, kontrollierter Zugang zu Daten ermöglicht werden. Aber der SPD-Vorschlag, die Datenschätze der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen, könnte auch in die Hände unerwünschter Abnehmer spielen.
"Damit nimmt man zwangsweise billigend in Kauf, dass auch ausländische Sicherheits- und Nachrichtendienste mittelbar oder unmittelbar auf diese Daten zugreifen, ebenso wie im Ausland ansässige Wettbewerber deutscher Unternehmen oder die organisierte Datenkriminalität", warnte Rohleder.
Zudem sei unklar, wie genau die "besonders wertvollen und datenschutzrechtlich kaum geschützten Daten von Maschinen und Sensoren" deutscher Industriekonzerne oder des Industrial Dataspace von einem solchen "Daten-für-Alle"-Gesetz ausgenommen werden sollen.
"So besteht die Gefahr, dass hiesige Industriekonzerne ihre Datenschätze ausländischen Konzernen überlassen müssen, die ihrerseits in der Analyse von Daten einen Vorsprung haben", kritisierte Rohleder.
Ein anderer Kritikpunkt ist, dass es unklar sei, wie Merkmale von einem Datensatz entfernt werden sollen, um die notwendige Anonymität der Daten sicherzustellen.
Auch innerhalb der Union regt sich Widerstand. Die Vize-Chefin der Unions-Bundestagsfraktion, Nadine Schön (CDU), sagte dem Handelsblatt, der Vorschlag für ein "Daten-für-Alle"-Gesetz sei "viel zu unkonkret und unausgegoren".
"Gerade im Bereich der Maschinendaten haben wir in Deutschland ungeheure Potenziale, die es zu nutzen gilt", sagte Schön. "Hier kann eine Datenteilungspflicht zum Bumerang werden."
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February 14, 2019 06:12 ET (11:12 GMT)
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