Das Ausmaß der BenQ-Mobile-Pleite ist einem Pressebericht zufolge weit größer als angenommen. Die ehemalige Siemens-Handy-Sparte sitze auf einem Schuldenberg von 883 Millionen Euro, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" (Mittwochausgabe) unter Berufung auf ein Gutachten von Insolvenzverwalter Martin Prager. Eine Sprecherin Pragers sagte dem Blatt, es gehe bei den Angaben nur um eine geschätzte Größenordnung. Bislang sei etwa offen, ob sich bereits alle Gläubiger mit ihren Ansprüchen gemeldet haben. Prager gehe in seinem Gutachten von Ansprüchen in Höhe von 100 Millionen Euro gegen Siemens aus.
Das Gutachten werfe erneut Fragen zu den Hintergründen der überraschenden Firmenpleite auf, berichtet die Zeitung weiter. Siemens mache indirekt BenQ für die katastrophale Finanzsituation der Sparte verantwortlich: Der Konzern habe im Herbst 2005 kein überschuldetes Unternehmen übertragen, sagte ein Siemens-Sprecher der "SZ". Bei Übergabe des Handy-Weltgeschäfts sei das Vermögen größer gewesen als die Verbindlichkeiten. Wie es in der Folge trotz millionenschwerer Finanzspritzen zu einer derart hohen Verschuldung der hiesigen BenQ Mobile gekommen sei, könne sich der Konzern nicht erklären, hieß es in Unternehmenskreisen.
MITGIFT ÜBER 400 MIO EURO ERHALTEN
BenQ hatte die Sparte im Herbst 2005 mit der Zusage einer Mitgift über 400 Millionen Euro erhalten. Nur ein Jahr später stellte der Konzern die Zahlungen an die deutsche Tochter ein und brachte damit die Insolvenz ins Rollen. Seitdem verloren in Deutschland etwa 3.000 Beschäftigte ihren Job. BenQ hatte im vergangenen Jahr behauptet, seinerseits weitere 800 Millionen Euro in die Tochter gesteckt zu haben. "Es ist schon rätselhaft, wie so viel Geld in so kurzer Zeit versickern konnte", sagte ein hochrangiger ehemaliger Betriebsrat von BenQ Mobile der Zeitung.
Der Insolvenzverwalter zweifele offenbar daran, dass Siemens die Finanzverhältnisse der Handysparte bei der Trennung korrekt angegeben hat, schreibt das Blatt. Es seien "noch eine Reihe von Bewertungs- und Finanzierungsfragen offen". Prager gehe offenbar von einer Konfrontation mit Siemens aus. "So ist die Bewertung des Anlagevermögens sowie die Bewertung des Umlaufvermögens strittig", schreibt Prager laut Zeitung. Aus nicht vollständig bilanzierten Verbindlichkeiten oder Rückstellungen ergäben sich möglicherweise weitere Ansprüche. Ihre Höhe ließe sich jedoch noch nicht beziffern, hieß es weiter. Zu den Einzelheiten machte die Sprecherin von Prager keine Angaben.
SIEMENS ÜBER FORDERUNGEN ÜBERRASCHT
Siemens reagierte angesichts der Forderungen überrascht. Der Konzern kenne das Gutachten nicht, sagte ein Sprecher der "SZ". Siemens sei der Meinung, dass die Finanztransaktion mit BenQ korrekt verlaufen sei. Dies hätten auch die Wirtschaftsprüfer von KPMG so testiert. Allerdings könne der Konzern weitere Zahlungen an BenQ Mobile auch nicht ausschließen. Siemens werde sich jedoch im Sinne der Aktionäre verhalten, sagte der Sprecher.
Aus dem vorhandenen BenQ-Vermögen könne Prager nur einen Teil
der aufgehäuften Schulden des Unternehmens begleichen. Den
Verbindlichkeiten von 883 Millionen Euro stünden dem Papier zufolge
ein geschätztes Vermögen von 310 Millionen Euro gegenüber. Erhoffte
Einnahmen aus der Auflösung von BenQ, darunter der Verkauf von
Immobilien, Patenten und Maschinen sowie 66 Millionen Euro
Bankguthaben, seien darin bereits berücksichtigt. Einen großen Teil
der Verbindlichkeiten schulde BenQ Mobile mit 263 Millionen Euro
seinen Lieferanten, darunter der Chiphersteller Infineon
ISIN DE0007236101 DE0006231004
AXC0184 2007-02-06/18:18