DJ BGA: Großhandel betrachtet Konjunkturentwicklung skeptisch
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die Unternehmen des deutschen Großhandels sehen der weiteren Konjunkturentwicklung nach Angaben ihres Branchenverbandes BGA kurz vor dem Jahreswechsel coronabedingt "mit großer Vorsicht" entgegen. Der BGA erwartet im laufenden Jahr einen nominalen Umsatzanstieg um 8 Prozent auf 1.465 Milliarden Euro, dem ein reales Plus von 3 Prozent zugrunde liege.
Für 2022 rechnet der Verband mit einem Anstieg von nominal bis zu 5,5 Prozent auf 1.545 Milliarden Euro und real bis 3 Prozent. Gesamtwirtschaftlich sieht der Verband nach 2,6 Prozent realem Wachstum in diesem Jahr einen Zuwachs der Wirtschaftsleistung um rund 3 Prozent im kommenden.
"Das Wiederaufflammen der Corona-Pandemie drückt auf die Stimmung und die Erwartungen der Großhandelsunternehmen. "Zusätzlich belasten sie die Engpässe in den Lieferketten", sagte der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura. "Diese werden uns noch bis ins nächste Jahr begleiten." Der Markt regele dies aber von alleine.
"Was wir von der Politik brauchen, sind effektive Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie und eine Regierung, die Deutschland schneller, moderner und digitaler macht", machte Jandura klar. Dringend notwendig seien Investitionen in Digitalisierung und Infrastruktur, eine Bekämpfung des Fachkräftemangels und eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren.
Die Stimmung im Großhandel habe sich seit dem Sommer verschlechtert. Der BGA-Großhandelsklimaindikator sei in kurzer Zeit von 119 Punkten um rund 8 Prozent auf 110 Punkte gesunken, wobei Werte über 100 eine positive Stimmung und Werte darunter eine negative Stimmung zum Ausdruck brächten.
Die Erwartungen an die künftige Entwicklung hätten sich deutlich abgekühlt. Der Wert sei von rund 114 Punkten um 11 Prozent auf unter 102 Punkte abgesackt und drohe somit in eine wieder skeptische Stimmung zu kippen. Insbesondere der Konsumgütergroßhandel als Lieferant für Hotellerie, Gastronomie und Einzelhandel sehe sich "schon wieder in schwierigem Fahrwasser".
Jandura erklärte, Ursache für die skeptische Stimmung sei neben der Corona-Situation die Versorgungslage mit Rohstoffen und Vorleistungen, die 44 Prozent der Unternehmer beklagten. Die starke Abhängigkeit von weltweit stabilen Lieferketten, Rohstoffen und Vorprodukten sei "die Achillesferse für unseren wirtschaftlichen Erfolg". Schwierigkeiten zeigten sich auch immer stärker in der Logistik. Nur jeder sechste Großhändler könne seine Waren fristgerecht liefern. "Es dominieren Engpässe, insbesondere auch bei Fachkräften wie Berufskraftfahrern."
Zur Bewältigung der pandemischen Lage erklärte Jandura, der Verband unterstütze die Politik in der Frage der Impfpflicht. "Das sehen 80 Prozent der Großhändler so", sagte er mit Blick auf die jüngste Unternehmensumfrage des Verbandes. "Ein weiterer Lockdown wäre auch für uns Großhändler und die gesamte Wirtschaft ein schwerer Schlag."
Auch die Finanzen ständen im Fokus. Deutschland müsse wirtschaftlich dynamischer werden, auch um die öffentlichen Finanzen zu stabilisieren. Ebenfalls als prioritär werde mit 61 Prozent eine Beschleunigung von Genehmigungen und administrativen Prozessen sowie mit 57 Prozent die Sicherung der Energieversorgung gesehen.
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December 15, 2021 04:38 ET (09:38 GMT)
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