BADEN-BADEN (dpa-AFX) - Autobesitzer in Deutschland müssen für ihre Kfz-Versicherung laut der Hannover Rück 2025 noch tiefer in die Tasche greifen. Die hiesigen Kfz-Versicherer müssten die Prämien erneut deutlich anheben, erklärte der scheidende Deutschlandchef des weltweit drittgrößten Rückversicherers, Michael Pickel, am Montag beim jährlichen Branchentreffen in Baden-Baden. Dennoch stehen den deutschen Kfz-Versicherern weitere Verlustjahre bevor. Denn Ersatzteile und Reparaturen verteuern sich ebenfalls deutlich.
Im kommenden Jahr müssten deutsche Autobesitzer für ihre Kfz-Haftpflicht und Teilkasko im Schnitt acht Prozent mehr bezahlen als zuletzt, schätzt Pickel. Die Vollkasko-Versicherung werde sich im Mittel voraussichtlich um etwa zwölf Prozent verteuern.
Das Vergleichsportal Verivox hatte Versicherungswechslern Ende September sogar noch deutlichere Preiserhöhungen vorausgesagt: Die Angebote lagen demnach 21 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Die Hannover Rück betrachtet hingegen auch die Konditionen für Autobesitzer, die ihrem Versicherer treu bleiben. Außerdem rechnet sie steigende Schadenfreiheitsrabatte mit ein. Als größter Kfz-Rückversicherer für Deutschland hat die Hannover Rück einen guten Einblick in die Preisgestaltung von Erstversicherern wie Huk Coburg und Allianz .
Trotz der Preiserhöhungen dürften die Prämieneinnahmen der Branche ein weiteres Mal nicht ausreichen, um die Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Vertrieb zu decken. Schon im vergangenen Jahr hatten die deutschen Kfz-Versicherer einen versicherungstechnischen Verlust von 3,4 Milliarden Euro verbucht.
Im laufenden Jahr dürfte dieses Minus nach Einschätzung der Hannover Rück auf etwa 2,3 Milliarden Euro schrumpfen. Für 2025 erwartet der Rückversicherer für die Branche ein Minus von noch 1,6 Milliarden.
"Die Erstversicherer werden in den kommenden Jahren nicht um weitere deutliche Preisanhebungen in der Kfz-Versicherung herumkommen", sagte Pickel. Nur so könnten sie ihr Kraftfahrtgeschäft aus der Verlustzone bringen. Auch der deutsche Branchenverband GDV geht für 2024 von einem Verlust von etwa zwei Milliarden Euro aus.
In Baden-Baden mahnte auch der weltgrößte Rückversicherer Munich Re die Erstversicherer, von ihren Kunden "angemessene" - sprich höhere Prämien - zu verlangen. Speziell in der deutschen Kfz-Versicherung brauche es eine längere Phase der Verbesserung, bis sich die Munich Re in diesem Geschäft stärker engagiere, erklärte Vorstandsmitglied Clarisse Kopff.
Auch mit Blick auf Naturkatastrophen pochte die Munich Re darauf, dass die Erstversicherer die Risiken etwa durch den Klimawandel bei der Festsetzung ihrer Prämien einkalkulieren. Zuletzt hatten sich Rückversicherer verstärkt aus der Abdeckung kleinerer und mittlerer Naturkatastrophen-Schäden zurückgezogen. Ereignisse wie Überschwemmungen, Waldbrände und schwere Gewitter haben in den vergangenen Jahren stark zugenommen.
In den vergangenen Jahren lagen die versicherten Schäden durch Naturkatastrophen wiederholt bei mehr als 100 Milliarden US-Dollar (rund 92 Mrd Euro). Im ersten Halbjahr 2024 waren es nach Berechnungen der Munich Re bereits 62 Milliarden Dollar. Erst Anfang Oktober verursachte Hurrikan "Milton" in den USA Schäden in voraussichtlich zweistelliger Milliardenhöhe.
Gegen solch schwere Stürme will die Munich Re weiterhin Rückversicherungsschutz bieten. Der Konzern habe solche Ereignisse bei seiner Preisgestaltung einkalkuliert, erklärte Kopff. Nach Schätzung des Risikomodellierers Moody's RMS muss die private Versicherungsbranche für die Folgen von "Milton" voraussichtlich mit 22 bis 36 Milliarden Dollar geradestehen.
Unterdessen ist die Munich Re bei der sogenannten Cyber-Versicherung vorsichtiger geworden, die etwa Schäden durch Hackerattacken und den Ausfall von Computersystemen abdeckt. Der Konzern will in diesem Segment zwar weiter mit dem Markt wachsen, hat sein weltweites Prämienvolumen jedoch zuletzt zurückgefahren. Dabei schloss er die Folgen von Cyber-Kriegen mit staatlichen Akteuren aus seinen Verträgen aus.
Für 2024 erwartet die Munich Re im Cyber-Geschäft einen Rückgang ihrer Prämieneinnahmen auf 1,8 Milliarden Dollar. 2023 waren sie bereits von 2,2 auf 2,1 Milliarden Dollar gesunken. Der weltweite Cyber-Versicherungsmarkt kam dabei auf ein Volumen von 14,1 Milliarden Dollar. Dem europäischen Markt sagt das Management unterdessen ein starkes Wachstum voraus. So seien Cyber-Versicherungen auf dem Kontinent noch nicht stark verbreitet./stw/ngu/jha/