FRANKFURT (Dow Jones)--Die Deutsche Bundesbank hat die geplante Ausgestaltung des ständigen Euro-Rettungsfonds ESM kritisiert und zu einer engen Kontrolle dieses Finanzvehikels durch den Bundestag geraten. "Vor dem Hintergrund der zuletzt durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Griechenland-Hilfe und zum Euro-Rettungsschirm eingeforderten parlamentarischen Kontrolle erschiene es problematisch, wenn der Gouverneursrat des ESM wichtige Elemente wie das Instrumentarium, das Kapital, die Hilfeempfänger und das maximale Ausleihvolumen verändern könnte, gegebenenfalls sogar autonom", heißt es in einer Stellungnahme der Bundesbank anlässlich einer Anhörung im Haushaltsausschuss des Bundestages.
Die Bundesbank verwies darauf, dass sich der Bundestag über die Festlegung eines Parlamentsvorbehalts für Entscheidungen im ESM-Gouverneursrat bzw. im ESM-Direktorium im Ratifizierungsprozess Mitspracherechte sichern könne. Der Entwurf des ESM-Finanzierungsgesetz sieht einen Parlamentsvorbehalt bereits vor. In wichtigen Fällen soll aber statt einer Zustimmung des Plenums eine Zustimmung des Haushaltsausschusses ausreichen. Der Parlamentsvorbehalt kann sich auch auf Entscheidungen der ESM-Entscheidungsgremien hinsichtlich der Instrumente und Konditionen des ESM beziehen.
Die Bundesbank kritisierte grundsätzlich, dass der ESM den in der Währungsunion geltenden Haftungsausschluss schwäche, weil jeder Hilfsmechanismus die Anreize zu soliden öffentlichen Haushalten und die Wirksamkeit der präventiven Regelungen mindern könne. "Entscheidend" wird es aus Sicht der Bundesbank daher sein, das ESM-Hilfen nur in den Fall gewährt werden, dass die Stabilität des gesamten Währungsraums gefährdet ist. Zudem sollten solche Hilfen mit strengen finanz- und wirtschaftspolitischen Auflagen sowie spürbaren Zinsaufschlägen verbunden werden.
"Zwar scheinen solche Zinsaufschläge im Regelfall nicht beabsichtigt, allerdings wird über die zukünftige Ausgestaltung im Einzelfall zu entschieden sein, und sie können durchaus zur Voraussetzung der Kreditvergabe gemacht werden", merkte die Bundesbank an. Kritisch sieht die Bundesbank eine Vervielfachung der ESM-Mittel analog den für die EFSF geltenden Regeln. "Die komplexen Hebelungsmodelle der EFSF, die auch auf den ESM übertragen werden können, stehen dem Grundsatz des bevorrechtigten Gläubigerstatus jedenfalls entgegen, da sie auf eine explizit nachrangige Position hinaus laufen", heißt es in der Stellungnahme. Unklar ist laut Bundesbank, ob der angestrebte bevorrechtigte Gläubigerstatus von ESM-Krediten auch für Primär- oder Sekundärmarktkäufe (von Staatsanleihen) gelten soll.
"Im Hinblick auf den Instrumentenkasten dürften reguläre Hilfskredite mit strikter Konditionalität, vorrangigem Gläubigerstatus und spürbaren Zinsaufschlägen die oben genannten Bedingungen mit Abstand am besten erfüllen", fasste die Bundesbank zusammen. Dagegen erschienen Sekundärmarktkäufe am problematischsten. Direkte Hilfen des ESM an Banken seien nicht vorgesehen.
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May 07, 2012 05:17 ET (09:17 GMT)
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