Mangelndes Interesse am geplanten Börsengang von Air Berlin hat die Fluggesellschaft dazu bewogen, auf einen Teil der erhofften Erlöse zu verzichten. Nachdem der Billigflieger zunächst die Angebotsfrist verlängert hatte, hat er am Freitag die Preisspanne für die angeboten Papiere auf 11,50 bis 14,50 Euro gesenkt. Zuvor hatte sie bei 15,00 bis 17,50 Euro gelegen. Analysten hatten dies als zu hoch kritisiert und eine Senkung angemahnt. Laut Marktteilnehmern konnte bisher jedoch weder die Verlängerung der Angebotsfrist noch die Preissenkung die verhaltene Nachfrage in lebhaftes Interesse verwandeln.
Der auf das Neuemissionsgeschäft spezialisierte Börsenmakler Lang & Schwarz verbuchte keine unmittelbare Belebung der Nachfrage. "Der Handel ist etwas eingeschlafen", sagte Stefan Chmielewski, Aktienhändler bei Lang & Schwarz. "Viele Käufer finden sich auch auf der neuen Preisbasis nicht." Der letzte bezahlte Preis habe bei 13,50 Euro gelegen. "Die Investoren halten sich zurück, viele werden nun wohl bis zum Tag der Erstnotiz warten und eventuell dann einsteigen". Mittlerweile könne das Interesse am Grauen Markt kaum noch als Indikator für den Erfolg dieses Börsengangs gelten, zu sehr hätte die Verlängerung der Angebotsfrist und die Senkung des Preises viele Anleger verunsichert.
HÄNDLER: 'KAUM PLATZ FÜR PHANTASIE, DIE KURSE STEIGEN LÄSST'
Ein anderer Aktienhändler sagte: "Grundsätzlich ist die Stimmung für Börsengänge im Moment äußerst gut!" Die schleppende Nachfrage nach den Air-Berlin-Papieren begründete er damit, dass der Luftfahrttitel aus einer wettbewerbsintensiven Branche stamme, in der "kaum Platz ist für Phantasie, die die Kurse steigen lassen würde".
Auch nach Ansicht von Frank Schallenberger, Marktstratege bei
der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), dürfte die Reduzierung der
Preisspanne die Chancen für Air Berlin nicht wesentlich verbessern.
"Wenn die Leute das Unternehmen für 15 Euro nicht kaufen wollen,
dürfte es auch schwierig sein, die Titel zu einem tieferen Preis
unterzubringen", sagte er. Es habe sich gezeigt, dass die Zweifel an
Air Berlin fundamentaler Natur seien und sich nicht nur um den Preis
drehten. Immerhin sei die Stimmung für Börsengänge allgemein gut.
Schallenberger zufolge stimmte bei Air Berlin zudem das Timing
nicht: "Die anderen Billigfluggesellschaften easyJet
FRISCHES KAPITAL FÜR DEN HARTEN KONKURRENZKAMPF
Dabei will Air Berlin mit dem Gang an den Kapitalmarkt an frisches Kapital für den harten Konkurrenzkampf kommen, denn mit dem Geld vom Börsengang will sich die bisher in Privatbesitz stehende Airline für den Wettbewerb rüsten und vor allem neue Flugzeuge finanzieren. Doch nun schmelzen die erhofften Einnahmen bereits vor dem Sprung aufs Parkett dahin: Neben dem Preis wurde auch die Anzahl der auszugebenden Aktien reduziert. Statt der bislang knapp 50 Millionen Aktien sind nun lediglich 42,5 Millionen Papiere im Angebot. Von diesen stammen bis zu 19,6 Millionen Aktien aus einer Kapitalerhöhung der Gesellschaft, bis zu 17,4 Millionen Aktien aus dem Besitz der Altaktionäre.
Darüber hinaus stehen bis zu 5,5 Millionen Aktien als Mehrzuteilungsoption (Greenshoe) aus dem Besitz der Altaktionäre zur Verfügung. Gemessen an der Gesamtzahl der Air Berlin Aktien von bis zu 59,7 Millionen nach Kapitalerhöhung entspricht dies bei einer vollständigen Platzierung (inklusive Mehrzuteilungsoption) der nun angebotenen Aktien einem künftigen Streubesitz von rund 71 Prozent.
'WIR HATTEN EINHEITLICH POSITIVES FEEDBACK'
Air Berlin-Vorstandschef Joachim Hunold sagte zur Senkung der Preisspanne: "Wir hatten von den Investoren einheitlich positives Feedback zur Geschäftsstrategie und zum Unternehmen. Knackpunkt war letztlich der Preis. Die Investoren hatten bei der Bewertung im Hinterkopf, dass wegen des steigenden Ölpreises die Kurse der direkten Wettbewerber während unserer Roadshow gefallen sind. Darauf haben wir jetzt mit der neuen Preisspanne und dem verkleinerten Volumen der Transaktion reagiert."
Das gesamte Emissionsvolumen liegt nun bei bis zu 616 Millionen Euro, teilte Air Berlin mit. Vorstandschef Joachim Hunold und die begleitenden Banken hatten bisher auf bis zu 872 Millionen Euro gehofft. Dem Unternehmen selbst soll nun eine Summe 225 Millionen bis 284 Millionen Euro zufließen statt der bisher mindestens erwarteten 350 Millionen Euro. Die Kosten des Börsengangs bezifferte Air Berlin auf 40 Millionen Euro./sf/hi
--- Von Sonja Funke, dpa-AFX --- AXC0152 2006-05-05/19:16