An der New York Mercantile Exchange konnten sich die Ölnotierungen von der Schwächephase der vergangenen Tage wieder berappeln. Der Juni-Future gab zwar zunächst bis auf ein Tagestief von 67,85 Dollar pro Barrel ab, erholte sich dann aber wieder und gewann schlussendlich 76 Cents auf 69,45 Dollar pro Barrel hinzu. Juni-Erdgas rutschte hingegen weiter ab und verbilligte sich um 13,2 Cents auf 5,997 Dollar, was dem niedrigsten Niveau seit über 16 Monaten entspricht.
Beim Öl belasteten zunächst weiter die hohen Lagervorräte in den USA und die jüngst eher zurückhaltenden Verbrauchsprognosen. So hatte gestern auch die OPEC ihre Bedarfsschätzung für 2006 marginal nach unten korrigert. Von der Internationalen Energieagentur war bereits am vergangenen Freitag eine Anpassung nach unten vorgenommen worden.
Analysten führten heute allerdings verschiedentlich aus, dass die Preiselastizität beim Öl- und Benzinverbrauch begrenzt sei. Die bisherige Erfahrung habe gezeigt, dass ein Preisanstieg um 10 Prozent die Mengennachfrage nur um 0,4 Prozent schmälere. Auch das hohe Preisniveau werde deshalb den weltweiten Verbrauch nur unwesentlich zurückgehen lassen. Anders sähe die Situation dagegen bei einer weltwirtschaftlichen Abkühlung aus, die die Nachfrage tatsächlich spürbar verringern könnte.
Auf den Erdgas-Notierungen wiederum lasteten die heute gemeldeten Vorratsdaten aus den Vereinigten Staaten (Boerse-Go berichtete). Diese zeigten, dass die Tanks des Landes in der vergangenen Woche mehr als gut befüllt waren. Die Vorräte waren dort auf einem Niveau angelangt, wie es in normalen Jahren erst zwei Monate später erreicht wird.
Verschiedene Branchenexperten sehen für die Erdgasnotierungen aber teilweise wieder Aufwärtspotential. Zum einen könne es in der kommenden Hurrikan-Saison zu Förderausfällen kommen oder diese könnten am Markt zumindest befürchtet werden. Zum anderen sei der Preisunterschied zwischen Öl und Gas selten in der Geschichte so hoch gewesen, wie dies aktuell der Fall sei. Eine solche Kluft werde gemeinhin als „unnatürlich“ angesehen, da verschiedene Großverbraucher wie Kraftwerksbetreiber oft von der einen Energieart auf die andere wechseln könnten.