MÜNCHEN (Dow Jones)--Bei dem zum Verkauf stehenden Bereich Enterprise Networks (EN) verhandelt die Siemens AG nach Angaben zweier informierter Personen gegenwärtig vor allem intensiv mit der kanadischen Nortel Networks und dem US-Unternehmen Avaya. "Mit den beiden Unternehmen ist Siemens schon länger im Gespräch", sagte eine mit der Materie vertraute Person aus dem Umfeld des deutschen Konzerns am Dienstag Dow Jones Newswires. Von einer weiteren Person aus dem Umfeld von Avaya hieß es ebenfalls, dass derzeit zwischen Siemens und Avaya verhandelt werde.
Siemens hatte am Montag überraschend die Bildung eines Joint Ventures mit der Nokia Oy angekündigt, das den überwiegenden Teil des Geschäfts der schwächelnden Siemens-Sparte Com übernehmen wird. Die verbleibende Einheit Enterprise Networks, in der Telefongeschäft mit Firmenkunden gebündelt ist, soll verkauft werden. Siemens erklärte am Montag, es gebe "mehrere Interessenten" für den Bereich, dessen Jahresumsatz auf 3 Mrd bis 4 Mrd EUR geschätzt wird.
Ein Siemens-Sprecher wollte sich zu den Verhandlungspartnern am Dienstag ebenso wenig äußern wie ein Vertreter von Avaya. Nortel war kurzfristig für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Zum Kreis der Interessenten gehören nach Angaben des Informanten aus dem Umfeld von Siemens auch Beteiligungsgesellschaften. Allerdings komme von denen wegen guter Verbindungen zum Hause Siemens allenfalls Kohlberg Kravis Roberts & Co (KKR) für eine Übernahme in Frage. Gegen einen Verkauf an KKR spreche aber der zu erwartende massiven Widerstand von Seiten der Gewerkschaften. Ein Sprecher von KKR war für eine Stellungnahme kurzfristig nicht zu erreichen.
Dass Nortel und Avaya bevorzugte Ansprechpartner für Siemens beim Verkauf von EN sind, dafür spricht auch eine Aussage des Siemens-Vorstandsvorsitzenden Klaus Kleinfeld auf der Pressekonferenz vom Montag. "Wir wollen eine starke Nummer zwei in dem Markt werden", hatte er mit Bezug auf das Enterprise-Networks-Geschäft gesagt, eine "signifikante Beteiligung" für die Zukunft allerdings ausgeschlossen.
Führend im Markt des Telefongeschäfts mit Firmenkunden, der bis 2007 ein Volumen von 42 Mrd USD haben dürfte, ist nach einer Erhebung der Synergy Research Group das US-Unternehmen Cisco Systems. Mit einigem Abstand folgen Avaya, Siemens, Nortel und Alcatel. Avaya war im ersten Quartal das einzige Unternehmen weltweit, das in diesem Geschäft zulegen konnte. Im Quartalsvergleich sei der Marktanteil der Nummer zwei in diesem Markt um 1,2% gewachsen, während Siemens 13% verloren habe, urteilt Synergy Research. Nortel und Alcatel verloren 15,7% bzw 16,1%, Marktführer Cisco 0,2%.
Gerüchte über Verhandlungen von Siemens mit Nortel waren schon vor einiger Zeit aufgekommen. Allerdings gingen die meisten Analysten damals noch davon aus, dass der Großteil der Com-Sparte wohl in ein Gemeinschaftsunternehmen mit den Kanadiern eingebracht würde. Aus heutiger Sicht hätte nach Meinung von Analysten eine Zusammenlegung des Enterprise-Network-Geschäfts mit Nortel Sinn, jedoch sehen sie in Avaya den besseren Partner. So rechnen etwa die Beobachter der HypoVereinsbank (HVB) damit, dass Avaya bei Siemens zum Zuge kommen dürfte.
"Enterprise Networks hat vor allem Probleme, weil sie sich zu sehr auf das Service-Geschäft konzentriert und weniger auf VoIP gesetzt haben", sagte ein weiterer Analyst, der namentlich nicht genannt werden möchte. Im Bereich von VoIP sei Avaya stark. Ein anderer Analyst merkt an, dass sich das im Jahr 2000 von Lucent abgespaltene US-Unternehmen erst Ende 2004 mit der Übernahme der Tenovis GmbH & Co KG in Deutschland entscheidend verstärkt hat.
So betonte Avaya-CEO Donald Peterson jüngst im Gespräch mit Dow Jones Newswires, er sehe in China, Australien und Frankreich die interessanteren Märkte, was Akquisitionen angehe. Allerdings hatte er auch erklärt, er könne sich nach Veränderungen bei der Siemens-Sparte Com eine Partnerschaft für das Rest-Geschäft vorstellen. Konkrete Gespräche mit Siemens wollte Peterson vor zwei Wochen aber nicht bestätigen.
"Mit Avaya könnte man die Gespräche sehr unauffällig führen, da ohnehin alle Executives dauernd in Deutschland sind", sagte ein weiterer Analyst. Avaya ist offizieller Partner der Fifa, hat das Daten- und Sprachnetz für die Verbindungen zwischen den Stadien sowie den Medienzentren und dem Hauptquartier des Verbandes in Berlin aufgebaut und verfügt über ein Kontingent von 19.000 Karten, die vorwiegend zur Pflege der Kunden- und Partnerbeziehungen genutzt werden.
Analysten schätzen den Preis für das Enterprise-Networks-Geschäfts von Siemens auf 1,5 Mrd bis 2,0 Mrd EUR. Das Umsatzvolumen für den Rest der Com-Sparte schätzen sie zwischen 3,0 Mrd und 4,0 Mrd EUR. Siemens selbst publiziert für die einzelnen Geschäftsfelder innerhalb eines Bereichs die Umsätze nicht gesondert. Nach Angaben von Analysten lassen sich die Umsatzkennziffern aber relativ gut aus den annualisierten Angaben für Nokia Siemens Networks errechnen.
-Von Marc Langendorf und Nina Sovich, Dow Jones Newswires;
+49 (0)89 - 5521 4030, marc.langendorf@dowjones.com
DJG/mla/rio
Siemens hatte am Montag überraschend die Bildung eines Joint Ventures mit der Nokia Oy angekündigt, das den überwiegenden Teil des Geschäfts der schwächelnden Siemens-Sparte Com übernehmen wird. Die verbleibende Einheit Enterprise Networks, in der Telefongeschäft mit Firmenkunden gebündelt ist, soll verkauft werden. Siemens erklärte am Montag, es gebe "mehrere Interessenten" für den Bereich, dessen Jahresumsatz auf 3 Mrd bis 4 Mrd EUR geschätzt wird.
Ein Siemens-Sprecher wollte sich zu den Verhandlungspartnern am Dienstag ebenso wenig äußern wie ein Vertreter von Avaya. Nortel war kurzfristig für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Zum Kreis der Interessenten gehören nach Angaben des Informanten aus dem Umfeld von Siemens auch Beteiligungsgesellschaften. Allerdings komme von denen wegen guter Verbindungen zum Hause Siemens allenfalls Kohlberg Kravis Roberts & Co (KKR) für eine Übernahme in Frage. Gegen einen Verkauf an KKR spreche aber der zu erwartende massiven Widerstand von Seiten der Gewerkschaften. Ein Sprecher von KKR war für eine Stellungnahme kurzfristig nicht zu erreichen.
Dass Nortel und Avaya bevorzugte Ansprechpartner für Siemens beim Verkauf von EN sind, dafür spricht auch eine Aussage des Siemens-Vorstandsvorsitzenden Klaus Kleinfeld auf der Pressekonferenz vom Montag. "Wir wollen eine starke Nummer zwei in dem Markt werden", hatte er mit Bezug auf das Enterprise-Networks-Geschäft gesagt, eine "signifikante Beteiligung" für die Zukunft allerdings ausgeschlossen.
Führend im Markt des Telefongeschäfts mit Firmenkunden, der bis 2007 ein Volumen von 42 Mrd USD haben dürfte, ist nach einer Erhebung der Synergy Research Group das US-Unternehmen Cisco Systems. Mit einigem Abstand folgen Avaya, Siemens, Nortel und Alcatel. Avaya war im ersten Quartal das einzige Unternehmen weltweit, das in diesem Geschäft zulegen konnte. Im Quartalsvergleich sei der Marktanteil der Nummer zwei in diesem Markt um 1,2% gewachsen, während Siemens 13% verloren habe, urteilt Synergy Research. Nortel und Alcatel verloren 15,7% bzw 16,1%, Marktführer Cisco 0,2%.
Gerüchte über Verhandlungen von Siemens mit Nortel waren schon vor einiger Zeit aufgekommen. Allerdings gingen die meisten Analysten damals noch davon aus, dass der Großteil der Com-Sparte wohl in ein Gemeinschaftsunternehmen mit den Kanadiern eingebracht würde. Aus heutiger Sicht hätte nach Meinung von Analysten eine Zusammenlegung des Enterprise-Network-Geschäfts mit Nortel Sinn, jedoch sehen sie in Avaya den besseren Partner. So rechnen etwa die Beobachter der HypoVereinsbank (HVB) damit, dass Avaya bei Siemens zum Zuge kommen dürfte.
"Enterprise Networks hat vor allem Probleme, weil sie sich zu sehr auf das Service-Geschäft konzentriert und weniger auf VoIP gesetzt haben", sagte ein weiterer Analyst, der namentlich nicht genannt werden möchte. Im Bereich von VoIP sei Avaya stark. Ein anderer Analyst merkt an, dass sich das im Jahr 2000 von Lucent abgespaltene US-Unternehmen erst Ende 2004 mit der Übernahme der Tenovis GmbH & Co KG in Deutschland entscheidend verstärkt hat.
So betonte Avaya-CEO Donald Peterson jüngst im Gespräch mit Dow Jones Newswires, er sehe in China, Australien und Frankreich die interessanteren Märkte, was Akquisitionen angehe. Allerdings hatte er auch erklärt, er könne sich nach Veränderungen bei der Siemens-Sparte Com eine Partnerschaft für das Rest-Geschäft vorstellen. Konkrete Gespräche mit Siemens wollte Peterson vor zwei Wochen aber nicht bestätigen.
"Mit Avaya könnte man die Gespräche sehr unauffällig führen, da ohnehin alle Executives dauernd in Deutschland sind", sagte ein weiterer Analyst. Avaya ist offizieller Partner der Fifa, hat das Daten- und Sprachnetz für die Verbindungen zwischen den Stadien sowie den Medienzentren und dem Hauptquartier des Verbandes in Berlin aufgebaut und verfügt über ein Kontingent von 19.000 Karten, die vorwiegend zur Pflege der Kunden- und Partnerbeziehungen genutzt werden.
Analysten schätzen den Preis für das Enterprise-Networks-Geschäfts von Siemens auf 1,5 Mrd bis 2,0 Mrd EUR. Das Umsatzvolumen für den Rest der Com-Sparte schätzen sie zwischen 3,0 Mrd und 4,0 Mrd EUR. Siemens selbst publiziert für die einzelnen Geschäftsfelder innerhalb eines Bereichs die Umsätze nicht gesondert. Nach Angaben von Analysten lassen sich die Umsatzkennziffern aber relativ gut aus den annualisierten Angaben für Nokia Siemens Networks errechnen.
-Von Marc Langendorf und Nina Sovich, Dow Jones Newswires;
+49 (0)89 - 5521 4030, marc.langendorf@dowjones.com
DJG/mla/rio