Von Kirsten Bienk
Dow Jones Newswires
HAMBURG (Dow Jones)--Die Luftfahrtschau im britischen Farnborough wird von Airbus und Boeing gern genutzt, um prestigeträchtige und möglichst große Aufträge zu präsentieren. In diesem Jahr dürfte das Airbus und ihrer Konzernmutter EADS aber Kopfzerbrechen bereiten.
Glänzt Airbus mit der erwarteten Neukonzeption des A350 und umfangreichen Airline-Orders, könnte sich Airbus-Anteilseignerin BAe in der Meinung bestärkt sehen, dass Airbus wesentlich besser dasteht als bislang gedacht und mehr Geld für ihren Anteil verlangen, den sie verkaufen will.
Kommen aber in der zweiten Julihälfte in Farnborough nur wenige Orders herein und fällt die A350-Präsentation flau aus, könnte sich am Finanzmarkt die Erkenntnis durchsetzen, dass Airbus ein dauerhaftes Problem für EADS darstellen könnte. Das wiederum dürfte den ohnehin gebeutelten EADS-Kurs weiter auf Tiefflug schicken.
Einig sind sich Analysten darin, dass diese Lage für die Unternehmen nicht positiv ist. "Es ist eine vertrackte Situation", fasst es Analyst Stefan Klepp von der Landesbank Rheinland-Pfalz zusammen. Keiner wisse so recht, wie es jetzt weiter gehe. Dann aber teilen sich die Meinungen der Analysten. Die Hypovereinsbank und die Landesbank Rheinland-Pfalz sind der Meinung, dass EADS hier klar im Vorteil ist. Das Bankhaus Sal. Oppenheim und die Landesbank Baden-Württemberg sehen bei BAe die besseren Karten.
Dabei dreht sich alles um Airbus und die 20prozentige Beteiligung, von der sich BAe trennen will. EADS will dieses Paket kaufen und ist mit dem von der gemeinsam beauftragten Investmentbank Rothschild ermittelten Preis von 2,75 Mrd EUR vollkommen zufrieden. BAe findet, dass der Preis zu gering ist, hatte selbst mit mehr als 4 Mrd EUR gerechnet.
Der Ton zwischen den Industriepartnern hat sich bereits deutlich verschärft. Dabei hatten sie schon 2001 das "Airbus Shareholder Agreement" unterzeichnet und in detaillierten Schritten einen Ausstieg von BAe geregelt. Kaum aber hat Rothschild den Preis für Airbus genannt, zweifelt BAe dieses Gutachten an.
Die Briten argumentieren, dass der ermittelte Preis nicht für BAe, sondern nur für EADS bindend ist, und das Board deswegen erwägt, ob es den Aktionären die Zustimmung oder eher die Ablehnung empfehlen soll. Außerdem verlangt BAe eine Buchprüfung bei Airbus, um ein eigenes Wertgutachten zu erstellen.
EADS reagiert mit Unverständnis. Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern sieht sich nicht in der Klemme und verweist auf das Airbus Shareholder Agreement. EADS und BAe hätten sich seinerzeit darauf verständigt, den Preis einer gemeinsam zu bestimmenden, vermittelnden Bank zu akzeptieren, heißt es. Diese Vereinbarung sei selbstverständlich für beide Seiten verbindlich.
So wartet EADS darauf, dass BAe nun eine außerordentliche Hauptversammlung einberuft, um die erforderliche Zustimmung ihrer Aktionäre einzuholen. Für EADS steht fest, dass der Board von BAe nicht das Recht hat, den Aktionären die Ablehnung der Transaktion vorzuschlagen und verweist erneut auf das Agreement. Dort sei vereinbart, dass BAe nach Festsetzung des Preises alles tun müsste, um die Zustimmung der Anteilseigner zu erhalten. Auch die Erstellung eines neuen Wertgutachtens ändere daran nichts.
EADS prüft derzeit, ob sie BAe bei Airbus in die Bücher schauen lässt. Sinn mache dies nicht, weil der Preis von Rothschild verbindlich sei, heißt es. Da sei es vollkommen egal, ob irgendjemand anderes zu einer anderen Einschätzung komme.
Wichtig sei jetzt ein schneller Abschluss des Themas, sagt HypoVereinsbank-Analyst Stefan Halter. "Eine Verzögerung ist für beide Seiten nicht gut." EADS will nach den Querelen der vergangenen Wochen Airbus stärker in den Konzern integrieren und damit effizienter steuern. BAe benötige das Geld dringend, um es in das US-Rüstungsgeschäft zu investieren.
Halter blickt mit Spannung auf Farnborough. Er frage sich, wie Airbus vor dem Hintergrund des Disputs mit möglichen Orders umgeht. Denkbar sei, dass einige Geschäfte erst nach einer Entscheidung von BAe mit Hochdruck unterschriftsreif verhandelt werden, prognostiziert er. Somit könnte der Konzern etwas Druck von BAe nehmen, die vor ihren Investoren ihre Akzeptanz des geringer als erwarteten Preises rechtfertigen müsse.
Lediglich gute Auftragseingänge sollten den Kaufpreis jedoch ohnehin nicht signifikant ansteigen lassen, sagt Halter. Die Auftragseingänge während der Luftfahrtshow hätten vor dem Hintergrund des starken Auftragsbestands von Airbus mit derzeit ca. 2.100 Flugzeugen nämlich keine große Auswirkung auf ein neues Airbus-Wertgutachten.
BAe sollte in den "sauren Apfel beißen" und keine weiteren Schritte in diesem Fall unternehmen, empfiehlt Analyst Klepp von der Landesbankd Rheinland-Pfalz. Immerhin hätten sich beide Parteien auf Rothschild geeinigt und zugesagt, den Preis zu akzeptieren. Daran müsse sich gehalten werden. Dennoch versteht Klepp den Unmut von BAe. Dass EADS nach dem Ziehen der Putoption die Lieferverzögerung bei A380 melde und daraufhin der Aktienkurs so in die Tiefe rausche, hätte BAe nicht wissen können.
Anscheinend habe Rothschild zudem sehr konservativ geplant und dem damaligen Aktienkurs eine sehr hohe Bedeutung beigemessen. Es sei einfach ungeschickt, dass BAe von einem Preis von rund 4 Mrd EUR ausgegangen sei, wo selbst EADS nur 3,5 Mrd EUR in der Bilanz rückgestellt habe.
EADS sei hier eindeutig in der besseren Position, sagte Klepp. Im Endeffekt könnte das Unternehmen auch beim Scheitern der Transaktion weiter damit leben, dass BAe Airbus-Anteilseignerin sei.
Analyst Winfried Becker vom Bankhaus Sal. Oppenheim sieht das anders und empfiehlt BAe, die Transaktion nicht durchzuführen, wenn das eigene Wertgutachten zu einem höheren Preis kommt. Dann könnte der Konzern warten und im nächsten Jahr die Option noch einmal ziehen. Diesen Vorschlag unterstützt Analyst Falk Reimann von der Landesbank Baden-Württemberg. Der Markt habe auf die Verzögerung beim A380 übertrieben reagiert. "Ich gehe davon aus, dass der Aktienkurs wieder steigt und sich nach einer Stabilisierung der Situation ein höherer Preis realisieren lässt."
-Von Kirsten Bienk, Dow Jones Newswires, +49 (0) 69 29 725 108,
kirsten.bienk@dowjones.com
DJG/kib/mim
Dow Jones Newswires
HAMBURG (Dow Jones)--Die Luftfahrtschau im britischen Farnborough wird von Airbus und Boeing gern genutzt, um prestigeträchtige und möglichst große Aufträge zu präsentieren. In diesem Jahr dürfte das Airbus und ihrer Konzernmutter EADS aber Kopfzerbrechen bereiten.
Glänzt Airbus mit der erwarteten Neukonzeption des A350 und umfangreichen Airline-Orders, könnte sich Airbus-Anteilseignerin BAe in der Meinung bestärkt sehen, dass Airbus wesentlich besser dasteht als bislang gedacht und mehr Geld für ihren Anteil verlangen, den sie verkaufen will.
Kommen aber in der zweiten Julihälfte in Farnborough nur wenige Orders herein und fällt die A350-Präsentation flau aus, könnte sich am Finanzmarkt die Erkenntnis durchsetzen, dass Airbus ein dauerhaftes Problem für EADS darstellen könnte. Das wiederum dürfte den ohnehin gebeutelten EADS-Kurs weiter auf Tiefflug schicken.
Einig sind sich Analysten darin, dass diese Lage für die Unternehmen nicht positiv ist. "Es ist eine vertrackte Situation", fasst es Analyst Stefan Klepp von der Landesbank Rheinland-Pfalz zusammen. Keiner wisse so recht, wie es jetzt weiter gehe. Dann aber teilen sich die Meinungen der Analysten. Die Hypovereinsbank und die Landesbank Rheinland-Pfalz sind der Meinung, dass EADS hier klar im Vorteil ist. Das Bankhaus Sal. Oppenheim und die Landesbank Baden-Württemberg sehen bei BAe die besseren Karten.
Dabei dreht sich alles um Airbus und die 20prozentige Beteiligung, von der sich BAe trennen will. EADS will dieses Paket kaufen und ist mit dem von der gemeinsam beauftragten Investmentbank Rothschild ermittelten Preis von 2,75 Mrd EUR vollkommen zufrieden. BAe findet, dass der Preis zu gering ist, hatte selbst mit mehr als 4 Mrd EUR gerechnet.
Der Ton zwischen den Industriepartnern hat sich bereits deutlich verschärft. Dabei hatten sie schon 2001 das "Airbus Shareholder Agreement" unterzeichnet und in detaillierten Schritten einen Ausstieg von BAe geregelt. Kaum aber hat Rothschild den Preis für Airbus genannt, zweifelt BAe dieses Gutachten an.
Die Briten argumentieren, dass der ermittelte Preis nicht für BAe, sondern nur für EADS bindend ist, und das Board deswegen erwägt, ob es den Aktionären die Zustimmung oder eher die Ablehnung empfehlen soll. Außerdem verlangt BAe eine Buchprüfung bei Airbus, um ein eigenes Wertgutachten zu erstellen.
EADS reagiert mit Unverständnis. Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern sieht sich nicht in der Klemme und verweist auf das Airbus Shareholder Agreement. EADS und BAe hätten sich seinerzeit darauf verständigt, den Preis einer gemeinsam zu bestimmenden, vermittelnden Bank zu akzeptieren, heißt es. Diese Vereinbarung sei selbstverständlich für beide Seiten verbindlich.
So wartet EADS darauf, dass BAe nun eine außerordentliche Hauptversammlung einberuft, um die erforderliche Zustimmung ihrer Aktionäre einzuholen. Für EADS steht fest, dass der Board von BAe nicht das Recht hat, den Aktionären die Ablehnung der Transaktion vorzuschlagen und verweist erneut auf das Agreement. Dort sei vereinbart, dass BAe nach Festsetzung des Preises alles tun müsste, um die Zustimmung der Anteilseigner zu erhalten. Auch die Erstellung eines neuen Wertgutachtens ändere daran nichts.
EADS prüft derzeit, ob sie BAe bei Airbus in die Bücher schauen lässt. Sinn mache dies nicht, weil der Preis von Rothschild verbindlich sei, heißt es. Da sei es vollkommen egal, ob irgendjemand anderes zu einer anderen Einschätzung komme.
Wichtig sei jetzt ein schneller Abschluss des Themas, sagt HypoVereinsbank-Analyst Stefan Halter. "Eine Verzögerung ist für beide Seiten nicht gut." EADS will nach den Querelen der vergangenen Wochen Airbus stärker in den Konzern integrieren und damit effizienter steuern. BAe benötige das Geld dringend, um es in das US-Rüstungsgeschäft zu investieren.
Halter blickt mit Spannung auf Farnborough. Er frage sich, wie Airbus vor dem Hintergrund des Disputs mit möglichen Orders umgeht. Denkbar sei, dass einige Geschäfte erst nach einer Entscheidung von BAe mit Hochdruck unterschriftsreif verhandelt werden, prognostiziert er. Somit könnte der Konzern etwas Druck von BAe nehmen, die vor ihren Investoren ihre Akzeptanz des geringer als erwarteten Preises rechtfertigen müsse.
Lediglich gute Auftragseingänge sollten den Kaufpreis jedoch ohnehin nicht signifikant ansteigen lassen, sagt Halter. Die Auftragseingänge während der Luftfahrtshow hätten vor dem Hintergrund des starken Auftragsbestands von Airbus mit derzeit ca. 2.100 Flugzeugen nämlich keine große Auswirkung auf ein neues Airbus-Wertgutachten.
BAe sollte in den "sauren Apfel beißen" und keine weiteren Schritte in diesem Fall unternehmen, empfiehlt Analyst Klepp von der Landesbankd Rheinland-Pfalz. Immerhin hätten sich beide Parteien auf Rothschild geeinigt und zugesagt, den Preis zu akzeptieren. Daran müsse sich gehalten werden. Dennoch versteht Klepp den Unmut von BAe. Dass EADS nach dem Ziehen der Putoption die Lieferverzögerung bei A380 melde und daraufhin der Aktienkurs so in die Tiefe rausche, hätte BAe nicht wissen können.
Anscheinend habe Rothschild zudem sehr konservativ geplant und dem damaligen Aktienkurs eine sehr hohe Bedeutung beigemessen. Es sei einfach ungeschickt, dass BAe von einem Preis von rund 4 Mrd EUR ausgegangen sei, wo selbst EADS nur 3,5 Mrd EUR in der Bilanz rückgestellt habe.
EADS sei hier eindeutig in der besseren Position, sagte Klepp. Im Endeffekt könnte das Unternehmen auch beim Scheitern der Transaktion weiter damit leben, dass BAe Airbus-Anteilseignerin sei.
Analyst Winfried Becker vom Bankhaus Sal. Oppenheim sieht das anders und empfiehlt BAe, die Transaktion nicht durchzuführen, wenn das eigene Wertgutachten zu einem höheren Preis kommt. Dann könnte der Konzern warten und im nächsten Jahr die Option noch einmal ziehen. Diesen Vorschlag unterstützt Analyst Falk Reimann von der Landesbank Baden-Württemberg. Der Markt habe auf die Verzögerung beim A380 übertrieben reagiert. "Ich gehe davon aus, dass der Aktienkurs wieder steigt und sich nach einer Stabilisierung der Situation ein höherer Preis realisieren lässt."
-Von Kirsten Bienk, Dow Jones Newswires, +49 (0) 69 29 725 108,
kirsten.bienk@dowjones.com
DJG/kib/mim