Von Stefan Paul Mechnig
Dow Jones Newswires
COLUMBUS (Dow Jones)--Durch die geplante vollständige Marktöffnung könnte im inländischen Briefgeschäft der Deutschen Post AG im Extremfall jeder fünfte Arbeitsplatz wegfallen. Sollte die schlimmste Befürchtung wahr werden und 20% des Volumens an Konkurrenten verloren gehen, müssten 32.000 der 160.000 Stellen in dem Bereich gestrichen werden, sagte der Vorstandsvorsitzende Klaus Zumwinkel der Nachrichtenagentur Dow Jones Newswires. "Es muss jedem bewusst sein, dass ein Unternehmen hier nur mit Arbeitsplatzabbau reagieren kann", warnte er.
Die Post erwartet durch die letzte Stufe der Liberalisierung, die in Deutschland 2008 kommen soll und das komplette Ende ihres Monopols bedeutet, schlimmstenfalls 10% bis 20% weniger Briefaufkommen und einen Ergebniseinbruch in entsprechender Größenordnung. Sollten nur 10% des Sendungsvolumens wegbrechen, wären 16.000 Stellen betroffen, sagte Zumwinkel. Allerdings seien das derzeit theoretische Überlegungen, da sich die Entwicklung nicht vorhersagen lasse. "Wie viel Menge die Post an Wettbewerber verliert, kann keiner prognostizieren", sagte Zumwinkel auf einer Pressereise in den USA.
Auf dem deutschen Briefmarkt sind bereits große Konkurrenten wie die Pin Group - ein Zusammenschluss von Zeitungsverlagen - und die niederländische TNT aktiv, die nach der Liberalisierung auf Anteile von jeweils 10% kommen wollen. Zur Zeit wird der Markt zu 92% von der Deutschen Post beherrscht. Zumwinkel unterstrich, dass der Prozess politisch gewollt sei mit dem Ziel, den Anteil des ehemaligen Staatsbetriebs systematisch zu verringern. Dass dies mit einem Stellenabbau einhergehe, müsse den politischen Entscheidungsträgern klar sein. "Es soll hinterher keiner sagen können, er habe das nicht gewusst", sagte Zumwinkel.
Bereits vor der Liberalisierung erwartet die Post den Wegfall von jährlich rund 5.000 Stellen im Briefbereich in Folge der wachsenden elektronischen Kommunikation. Durch E-Mails und SMS dürften pro Jahr rund 3% an Volumen verloren gehen, sagte Zumwinkel. Die dadurch bedingte Arbeitsplatzverringerung könne der Bonner Konzern aber allein durch die natürliche Fluktuation bewältigen. Von der neuen gesetzlichen Möglichkeit, Beamte vorzeitig in den Ruhestand zu schicken, wolle die Post keinen Gebrauch machen, fügte der Manager hinzu. In den 90er Jahren hatte das Unternehmen bereits rund 140.000 Stellen sozialverträglich abgebaut.
Auf europäischer Ebene warnte Zumwinkel im Liberalisierungsprozess vor einer nur scheinbaren Marktöffnung in Ländern, die den Wegfall der nationalen Briefmonopole im Grunde nicht wollten. Diese könnten die Liberalisierung zwar auf dem Papier beschließen, jedoch so hohe Anforderungen an den Universaldienst - also die Grundversorgung mit Postdienstleistungen - stellen, dass für Wettbewerber der Markteintritt praktisch unmöglich wäre. Als Beispiel nannte Zumwinkel die Verpflichtung zum Unterhalt einer übermäßig großen Zahl von Filialen.
"Es könnte ein nicht-tarifäres Handelshemmnis größerer Art aufgebaut werden, um ausländische Unternehmen vom Markt abzuhalten", befürchtet der Manager. "Man merkt in einzelnen Ländern einen Trend zu mehr Protektionismus." Sorge macht dem Vorstandsvorsitzenden in dieser Hinsicht der jüngste Entwurf der Europäischen Kommission, die eine einheitliche Marktöffnung in der Europäischen Union spätestens Anfang 2009 vorschlägt. Dabei sollen die einzelnen Länder in der Ausgestaltung des Universaldienstens frei sein.
"Das ist die Achillesferse des Kommissionspapiers", sagte Zumwinkel. Er betonte aber, dass die Vorschläge am Ende sowohl vom Ministerrat der Europäischen Union als auch dem Europaparlament gebilligt werden müssen. Derzeit glaubt Zumwinkel allerdings nicht, dass es tatsächlich bereits am 1. Januar 2009 zur allgemeinen Marktöffnung kommt: "Die Wahrscheinlichkeit ist im Moment geringer als 50%".
Der Post-Lenker hofft aber auf den Einfluss der deutschen Ratspräsidentschaft in der ersten Hälfte des kommenden Jahres. Sollte sich die EU dennoch nicht auf das vorgeschlagene Startdatum einigen, wäre aus seiner Sicht auch der von der Bundesregierung für Deutschland geplante Stichtag nicht zu halten: "Dann ist der 1. Januar 2008 gefährdet", bekräftigte Zumwinkel.
Derzeit ist die Europäische Union gespalten. Während sich die Deutsche Post sowie die nationalen Postgesellschaften in Großbritannien, den Niederlanden, Schweden und Finnland kürzlich gemeinsam klar für 2009 ausgesprochen haben, sind Gesellschaften aus zehn weiteren Ländern - darunter Frankreich, Italien und Spanien - erklärtermaßen gegen die Vorschläge der Kommission.
Webseite: http://www.dpwn.de
-Von Stefan Paul Mechnig, Dow Jones Newswires, ++ 49 (0) 211 - 13 87 213,
TMT.de@dowjones.com
DJG/stm/brb
Dow Jones Newswires
COLUMBUS (Dow Jones)--Durch die geplante vollständige Marktöffnung könnte im inländischen Briefgeschäft der Deutschen Post AG im Extremfall jeder fünfte Arbeitsplatz wegfallen. Sollte die schlimmste Befürchtung wahr werden und 20% des Volumens an Konkurrenten verloren gehen, müssten 32.000 der 160.000 Stellen in dem Bereich gestrichen werden, sagte der Vorstandsvorsitzende Klaus Zumwinkel der Nachrichtenagentur Dow Jones Newswires. "Es muss jedem bewusst sein, dass ein Unternehmen hier nur mit Arbeitsplatzabbau reagieren kann", warnte er.
Die Post erwartet durch die letzte Stufe der Liberalisierung, die in Deutschland 2008 kommen soll und das komplette Ende ihres Monopols bedeutet, schlimmstenfalls 10% bis 20% weniger Briefaufkommen und einen Ergebniseinbruch in entsprechender Größenordnung. Sollten nur 10% des Sendungsvolumens wegbrechen, wären 16.000 Stellen betroffen, sagte Zumwinkel. Allerdings seien das derzeit theoretische Überlegungen, da sich die Entwicklung nicht vorhersagen lasse. "Wie viel Menge die Post an Wettbewerber verliert, kann keiner prognostizieren", sagte Zumwinkel auf einer Pressereise in den USA.
Auf dem deutschen Briefmarkt sind bereits große Konkurrenten wie die Pin Group - ein Zusammenschluss von Zeitungsverlagen - und die niederländische TNT aktiv, die nach der Liberalisierung auf Anteile von jeweils 10% kommen wollen. Zur Zeit wird der Markt zu 92% von der Deutschen Post beherrscht. Zumwinkel unterstrich, dass der Prozess politisch gewollt sei mit dem Ziel, den Anteil des ehemaligen Staatsbetriebs systematisch zu verringern. Dass dies mit einem Stellenabbau einhergehe, müsse den politischen Entscheidungsträgern klar sein. "Es soll hinterher keiner sagen können, er habe das nicht gewusst", sagte Zumwinkel.
Bereits vor der Liberalisierung erwartet die Post den Wegfall von jährlich rund 5.000 Stellen im Briefbereich in Folge der wachsenden elektronischen Kommunikation. Durch E-Mails und SMS dürften pro Jahr rund 3% an Volumen verloren gehen, sagte Zumwinkel. Die dadurch bedingte Arbeitsplatzverringerung könne der Bonner Konzern aber allein durch die natürliche Fluktuation bewältigen. Von der neuen gesetzlichen Möglichkeit, Beamte vorzeitig in den Ruhestand zu schicken, wolle die Post keinen Gebrauch machen, fügte der Manager hinzu. In den 90er Jahren hatte das Unternehmen bereits rund 140.000 Stellen sozialverträglich abgebaut.
Auf europäischer Ebene warnte Zumwinkel im Liberalisierungsprozess vor einer nur scheinbaren Marktöffnung in Ländern, die den Wegfall der nationalen Briefmonopole im Grunde nicht wollten. Diese könnten die Liberalisierung zwar auf dem Papier beschließen, jedoch so hohe Anforderungen an den Universaldienst - also die Grundversorgung mit Postdienstleistungen - stellen, dass für Wettbewerber der Markteintritt praktisch unmöglich wäre. Als Beispiel nannte Zumwinkel die Verpflichtung zum Unterhalt einer übermäßig großen Zahl von Filialen.
"Es könnte ein nicht-tarifäres Handelshemmnis größerer Art aufgebaut werden, um ausländische Unternehmen vom Markt abzuhalten", befürchtet der Manager. "Man merkt in einzelnen Ländern einen Trend zu mehr Protektionismus." Sorge macht dem Vorstandsvorsitzenden in dieser Hinsicht der jüngste Entwurf der Europäischen Kommission, die eine einheitliche Marktöffnung in der Europäischen Union spätestens Anfang 2009 vorschlägt. Dabei sollen die einzelnen Länder in der Ausgestaltung des Universaldienstens frei sein.
"Das ist die Achillesferse des Kommissionspapiers", sagte Zumwinkel. Er betonte aber, dass die Vorschläge am Ende sowohl vom Ministerrat der Europäischen Union als auch dem Europaparlament gebilligt werden müssen. Derzeit glaubt Zumwinkel allerdings nicht, dass es tatsächlich bereits am 1. Januar 2009 zur allgemeinen Marktöffnung kommt: "Die Wahrscheinlichkeit ist im Moment geringer als 50%".
Der Post-Lenker hofft aber auf den Einfluss der deutschen Ratspräsidentschaft in der ersten Hälfte des kommenden Jahres. Sollte sich die EU dennoch nicht auf das vorgeschlagene Startdatum einigen, wäre aus seiner Sicht auch der von der Bundesregierung für Deutschland geplante Stichtag nicht zu halten: "Dann ist der 1. Januar 2008 gefährdet", bekräftigte Zumwinkel.
Derzeit ist die Europäische Union gespalten. Während sich die Deutsche Post sowie die nationalen Postgesellschaften in Großbritannien, den Niederlanden, Schweden und Finnland kürzlich gemeinsam klar für 2009 ausgesprochen haben, sind Gesellschaften aus zehn weiteren Ländern - darunter Frankreich, Italien und Spanien - erklärtermaßen gegen die Vorschläge der Kommission.
Webseite: http://www.dpwn.de
-Von Stefan Paul Mechnig, Dow Jones Newswires, ++ 49 (0) 211 - 13 87 213,
TMT.de@dowjones.com
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