Russland hat bei seinem Bündnispartner Weißrussland mit äußerstem Druck eine Verdoppelung der Gaspreise durchgesetzt. Zwei Minuten vor Auslaufen der Altverträge um Mitternacht unterzeichneten der russische Konzern Gazprom und die weißrussische Regierung am Silvesterabend in Moskau neue Verträge mit einer Laufzeit bis 2011. Gazprom hatte bereits alle Vorbereitungen für einen Lieferboykott Weißrusslands ab dem Neujahrstag getroffen.
Die Einigung auf einen Preis von zunächst 100 US-Dollar für 1000 Kubikmeter wendete auch mögliche Probleme beim Transit von russischem Gas über Weißrussland nach Westeuropa ab. Die Führung in Minsk sieht mit dem Preissprung von 47 auf 100 Dollar große Probleme auf sich zukommen. "Die Erhöhung trifft die weißrussische Wirtschaft schwer und ist fast nicht zu schultern", sagte Ministerpräsident Sergej Sidorski.
Der autoritär regierende weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko erklärte in seiner Neujahrsansprache: "Wir stehen vor einem schwierigen, entbehrungsreichen Weg. Wir müssen Maßnahmen treffen, die nicht leichtfallen." Die Konkurrenzfähigkeit der weißrussischen Industrie hing an dem billigen Gas aus Russland.
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU)) begrüßte die in letzter Minute erzielte Einigung. "Der Konflikt zeigt aber auch, dass Europa sich nicht zu abhängig von Gaslieferungen aus dem Osten machen sollte", ließ er über sein Ministerium in Berlin erklären. Ein ausgewogener Energiemix aus Öl, Gas, Kohle, Kernenergie und erneuerbaren Energien sei unverzichtbar.
Bis 2011 solle der Gaspreis für Weißrussland stufenweise auf europäisches Niveau angehoben werden, vereinbarten beide Seiten. "Das sind die günstigsten Vertragsbedingungen für die Lieferung von russischem Gas, die es irgendwo auf dem Gebiet der Ex-Sowjetunion gibt", sagte der Gazprom-Vorstandsvorsitzende Alexej Miller nach der mitternächtlichen Vertragsunterzeichnung.
Gazprom setzte sich auch mit seiner Forderung nach 50 Prozent an dem staatlichen weißrussischen Gasverteiler Beltransgas durch. Die Anteile würden für 2,5 Milliarden Dollar verteilt auf vier Jahre gekauft, sagte Miller.
Das Vorgehen von Gazprom traf mit Weißrussland erstmals einen engen Verbündeten Russlands in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Im vergangenen Winter hatte Russland gegenüber den moskau-kritischen Staaten Ukraine und Moldawien höhere Preise durchgesetzt, dann auch in Armenien und Aserbaidschan. Im Dezember musste Georgien, das von Russland als besonders feindlich eingestuft wird, einer Verdoppelung der Lieferpreise auf 230 Dollar zustimmen.
Der Kreml ist jedoch immer mehr enttäuscht von dem unberechenbaren Partner Lukaschenko. Nach dem Gasstreit eröffnete Russland am Montag eine zweite Front und führte einen Zoll von 180 Dollar für jede nach Weißrussland exportierte Tonne Rohöl ein. Eigentlich besteht zwischen beiden Ländern eine Zollunion. Moskau will aber unterbinden, dass russische Ölkonzerne ihren Rohstoff billig in weißrussischen Raffinerien verarbeiten lassen. Der Minsker Regierungschef Sidorski kündigte an, er wolle mit seinem Moskauer Kollegen Michail Fradkow über diese Frage verhandeln./fk/DP/mur
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AXC0011 2007-01-02/07:27