
Kommentar zur Megafusion in der europäischen Immobilienbranche von Christoph Ruhkamp
Die Übernahme der holländischen Immobilien-Investmentgesellschaft Rodamco durch den französischen Konkurrenten Unibail ist mit 11 Mrd. Euro nicht nur die bislang größte Immobilientransaktion Europas. Sie dürfte sich auch als Auftakt für weitere Zusammenschlüsse von Unternehmen erweisen, die in der Rechtsform eines Real Estate Investment Trust (Reit) organisiert sind. Als heißeste Fusionskandidaten werden bereits die britische Hammerson und die französische Klepierre gehandelt.
Treiber solcher grenzüberschreitenden Transaktionen sind nicht nur gewöhnliche Größenvorteile in der Bewirtschaftung oder die angestrebte Europäisierung des Immobilienbestands mit einer daraus resultierenden besseren Risikostreuung. Darüber hinaus können Reits - im Unterschied zu gewöhnlichen Aktiengesellschaften - besser von Lücken in den Besteuerungssystemen unterschiedlicher Jurisdiktionen profitieren. Kennzeichnend für Reits ist, dass sie auf Unternehmensebene nicht besteuert werden und im Gegenzug nahezu den gesamten Gewinn als Dividende an die Aktionäre ausschütten müssen. So wird Unibail die Dividenden der künftig von ihr kontrollierten Rodamco weitgehend steuerfrei vereinnahmen. Eine ähnliche Konstellation war 2005 einer der Hauptgründe für die Übernahme der französischen Gecina durch die spanische Metrovacesa.
Durch die Einführung der Rechtsform Reit in weiteren europäischen Ländern - zuletzt kamen Deutschland und Großbritannien hinzu - wird also der Boden für weitere Fusionen bereitet. Aber der Expansionsdrang trifft auf ein wesentliches Hindernis: Die Bewertungen der meisten Immobiliengesellschaften haben im historischen Vergleich bereits ungewöhnliche Höhen erklommen. Aufschläge von bis zu 60% auf den Nettovermögenswert der Immobilienportfolios bei der Börsenbewertung sind keine Seltenheit mehr.
Vor diesem Hintergrund dürften deutsche Immobilienkonzerne wie die Wohnungsgesellschaft Gagfah, die zudem auch kein Reit ist, kaum zum Übernahmeziel werden. Beim größten deutschen Gewerbeimmobilienkonzern IVG kommt erschwerend hinzu, dass das Unternehmen mit seinen zahlreichen Geschäftsfeldern diversifizierter aufgestellt ist, als von internationalen Investoren goutiert wird. Vorerst wird das Immobilien-Fusionsfieber also weiter im europäischen Ausland grassieren.
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