In der Meckerfalle Bislang zielten die Sozialdemokraten stets auf die zweite Reihe, wenn sie den Koalitionspartner Union attackieren wollten. Dass SPD-Fraktionschef Peter Struck im Mindestlohnstreit jetzt die Kanzlerin persönlich angreift, ist ein weiteres Indiz für den herben Temperatursturz im schwarz-roten Bündnis. Die Kanzlerin hätte ?einsehen müssen, dass ein soziales Problem gelöst werden muss?, wettert Struck. Vizekanzler Franz Müntefering ließ nach der Koalitionsrunde vom Montag bereits durchblicken, dass er Angela Merkel ihre harte Haltung zum Mindestlohn persönlich übel nehme. Das Problem der Sozialdemokraten mit Merkel geht in Wahrheit weit über das spezielle Lohnthema hinaus. Die Kanzlerin hat sich mittlerweile eine fast präsidiale Aura erarbeitet, ihre Umfragewerte sind erstklassig, und sie verschafft ihrer eigentlich schwächelnden Partei einen Kanzlerinnenbonus. Das ist natürlich die Folge der vielen Auftritte auf dem großen internationalen Parkett, die eine deutsche G8- und EU-Präsidentschaft nun einmal mit sich bringt. Es ist aber auch das Ergebnis eines Regierungsstils, bei dem Merkel sich stets etwas über den Dingen bewegt, statt sie zügig zur ?Chefsache? zu erklären. Verglichen mit der gefühlten Präsidentin Merkel erscheinen die Anführer der SPD klein, ja kleinlich - ?Mecker-Becks? eben. Das spiegelt sich in miesen Umfragewerten für die Partei und erst recht für ihren Vorsitzenden Kurt Beck. Merkels internationale Festwochen gehen mit dem EU-Gipfel zu Ende. Angriffe wie der von Struck dienen auch dazu, die Kanzlerin wieder ins Gestrüpp der Innenpolitik zu zwingen, sie womöglich sogar zu kleinlichen und unbeherrschten Gegenschlägen zu provozieren. Die Erfahrung lehrt aber, dass Merkel viel zu klug und diszipliniert ist, um sich auf solche Spielchen einzulassen.
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