Frankreichs neuer Präsident Nicolas Sarkozy riskiert in der Finanzpolitik einen Konfrontationskurs mit europäischen Partnern wie Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sarkozy will an diesem Montag in Brüssel den Finanzministern der Euro-Gruppe Frankreichs Rückzieher von der gemeinsam vereinbarten strikten Sparpolitik erläutern. Dabei dürfte auch Sarkozys Forderung zur Sprache kommen, die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) zu beschneiden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will sich nach einem "Spiegel"- Bericht entschieden gegen solche französischen Versuche stellen.
Der französische Präsident sagte dazu in einem Interview: "Ich bin für die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank. Ich bin für die Verringerung des Defizits." Um das Defizit abzubauen, müsse man aber die Einnahmen erhöhen und die Ausgaben senken. Die gleichzeitige Senkung der Einnahmen und Ausgaben führe zu nichts. Das wolle er in Brüssel erklären.
GIPFELTHEMA
Er strebe zudem an, dass die Wirtschaftspolitik zu einem Gipfelthema der EU-Staats- und Regierungschefs wird. Er werde in Brüssel vorschlagen, eine solche Konferenz nach der Sommerpause einzuberufen, sagte Sarkozy der Pariser Sonntagszeitung "Le Journal du Dimanche".
Beim Treffen der Euro-Gruppe ist damit Streit vorprogrammiert. Frankreich will wegen Steuersenkungen sein Haushaltsdefizit erst 2012 ausgleichen. Zieltermin in der Eurozone ist aber spätestens 2010. Konkrete Beschlüsse sind bei der Abendsitzung nicht zu erwarten. Es ist die erste Sitzung der Euro-Gruppe unter portugiesischer EU- Ratspräsidentschaft. Am Dienstag folgt ein Treffen aller 27 EU- Finanzminister.
BEAMTER: 'DAS IST DER TYPISCHE AMOKLAUF EINES NEULINGS'
Die Bundesregierung und die EU-Kommission hatten Frankreich bereits gewarnt, die Zusage zurückzuziehen. Die 13 Euro-Länder hatten sich Ende April unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft darauf verständigt, bis spätestens 2010 das strukturelle, gesamtstaatliche Defizit weitgehend auf Null zu bringen. Bei einem ausgeglichen Haushalt sind keine neuen Schulden nötig.
Sarkozy wird an der Seite von Wirtschafts- und Finanzministerin Christine Lagarde die längerfristige Politik seines Landes erläutern. Diese Debatte war wegen der Wahlen in Frankreich hinausgeschoben worden. Der Präsident hatte bereits die politische Aufwertung der Euro-Gruppe und Schritte gegen den starken Euro gefordert, der seiner Meinung nach europäische Exporte behindert. Sarkozy hatte zudem im Wahlkampf die EZB angegriffen, da sie sich zu sehr auf die Inflationsbekämpfung beschränke.
Nach Informationen des "Spiegel" ließ Merkel den französischen Staatspräsidenten intern wissen, er müsse mit entschiedenem Widerstand rechnen, falls er die Unabhängigkeit der Frankfurter Währungshüter angreife. Das Blatt zitiert einen "ranghohen Regierungsbeamten" mit den Worten: "Das ist der typische Amoklauf eines Neulings ... der wird sich wie üblich totlaufen."/rf/DP/he
AXC0033 2007-07-08/15:46