DJ DEVISEN-AUSBLICK/Nach der EZB rückt nun die Fed in den Fokus
Nach der Entscheidung ist vor der Entscheidung. So oder so ähnlich kann man derzeit die Lage am Devisenmarkt beschreiben. Wer gehofft hatte, dass sich die Wolken über den Finanzmärkten mit der Leitzinsentscheidung der EZB lichten würden, sieht sich getäuscht. Wie erwartet hat die Notenbank den schweren Turbulenzen an den Finanzmärkten Rechnung getragen und den Leitzins unverändert bei 4% belassen. Den Aussagen von Jean-Claude Trichet ist zudem zu entnehmen, dass die EZB auch bis auf weiteres den Zinserhöhungszyklus auf Eis gelegt hat. So weit, so gut; damit wurde das Pflichtprogramm erfüllt. Klar wurde allerdings auch, dass die Notenbanker mit Blick auf die Auswüchse der Subprime-Krise und die Folgen für die Finanzmärkte kaum über tiefer gehende Einsichten verfügen als die meisten Investoren.
So möchte die EZB nach den Worten von Jean-Claude Trichet erst einmal "weitere Informationen sammeln und neue Daten prüfen, ehe weitere geldpolitische Entscheidungen gefällt werden". Die Bank of England hört sich ganz ähnlich an, wenn sie erklärt, dass eine Einschätzung der Folgen der Finanzmarktkrise derzeit nicht möglich sei. Damit wird den Investoren genau das vorenthalten, wonach sie sich derzeit am meisten sehnen, nämlich Klarheit über das Ausmaß der Krise. Dieser Zustand der Ungewissheit wird sich noch eine ganze Weile hinziehen. Eine erste Indikation, inwieweit sich die Subprime-Krise in der Realwirtschaft widerspiegelt, dürften erst die in Kürze zur Veröffentlichung anstehenden Ergebnisberichte der US-Banken für das dritte Quartal liefern.
Bei zu erwartenden schwachen Zahlen aus dem Finanzsektor dürfte es allerdings nicht bleiben. Die schlimmsten Nachrichten vom US-Hypothekenmarkt stehen noch aus - mit nicht zu prognostizierenden Folgen für den Konsum und die US-Wirtschaft. So sieht selbst der Präsident der St. Louis Federal Reserve, William Poole, mittlerweile eine gestiegene Wahrscheinlichkeit für eine Rezession in den USA. Für Investoren, die Anlageentscheidungen zu treffen haben, sind solche Unsicherheiten keine guten Nachrichten. Und gerade deswegen nehmen die Marktteilnehmer zunehmend gerne eine "Wait and See"-Einstellung ein und hangeln sich von Konjunkturtermin zu Konjunkturtermin. Hier bildet der Devisenmarkt keine Ausnahme.
Nach der EZB steht nun die Leitzinsentscheidung der Federal Reserve am 18. September auf der Agenda. Nach verschiedenen Kommentaren von Chairman Ben Bernanke, in denen er die Bereitschaft der US-Notenbank zum Handeln unterstrichen hat, wird nun allgemein davon ausgegangen, dass die Fed die Leitzinsen senken wird. An den Geldmärkten werden bis zum Jahresende Leitzinssenkungen um 75 Basispunkte eingepreist. Bis zum Tag der Fed-Entscheidung haben die Investoren einen guten Vorwand nichts zu tun. Sicherlich wird der Dollar bis dahin auf US-Konjunkturdaten kurzfristig in die eine oder andere Richtung reagieren, wobei hier grundsätzlich der Abgabedruck auf den Dollar überwiegen sollte. Denn die überwiegende Zahl der Daten dürften eher als belastend für den Greenback interpretiert werden.
Der deutlich unter den Erwartungen ausgefallene US-Arbeitsmarktbericht vom Freitag spricht hier eine deutliche Sprache. Damit scheint die Krise am Immobilienmarkt zumindest sentimenttechnisch bei den Unternehmen angekommen zu sein. Anhaltend schwache US-Daten in den kommenden Tagen und Wochen könnte auch Spekulationen befeuern, dass die Federal Reserve noch vor dem Stichtag die Leitzinsen senken wird bzw gleich einen großen Schritt von 50 Basispunkten wagt. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Einheitswährung schon bald das Rekordhoch zum Dollar um 1,3850 USD testen wird. Nach unten sollten in den kommenden Tagen die Unterstützungen von 1,3700 bzw 1,3600 USD nicht unterschritten werden.
Auf Beachtung wird am kommenden Dienstag die Gastrede von Ben Bernanke bei der Deutschen Bundesbank stoßen. Auf großen Nachrichtenwert sollte man allerdings nicht hoffen. Beleben dürfte sich das Geschäft erst gegen Ende der Woche, wenn am Freitag ein ganzer Reigen von US-Daten zu verarbeiten ist. Neben den Import- und Exportpreisen stehen der Einzelhandelsumsatz, die Industrieproduktion August, die Leistungsbilanz für das zweite Quartal, die Lagerbestände Juli sowie der Index der Verbraucherstimmung der Universität Michigan an. Für Anleger, die keine Entscheidung treffen wollen, ist das gar keine schlechte Woche.
-Von Manuel Priego Thimmel, Dow Jones Newswires; +49 (0)69 - 29725 218, manuel.priego-thimmel@dowjones.com
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September 07, 2007 09:07 ET (13:07 GMT)
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