Die Vorbereitungen für den Börsengang der Deutschen Bahn gehen trotz Warnungen aus der Politik wegen der Finanzmarktkrise in die entscheidende Phase. Für den geplanten Start der zweiwöchigen Zeichnungsfrist am kommenden Montag steht noch vor dem Wochenende die Bestimmung einer Preisspanne an. Darüber soll nach dpa-Informationen angesichts des Echos bei möglichen Investoren bis Freitag entschieden werden. Nach Worten von Bahn-Aufsichtsrat Georg Brunnhuber zeichnet sich bereits ab, dass die Nachfrage nach Aktien höher sein dürfte als das Angebot. Mehrere Länder-Verkehrsminister forderten indes, den für 27. Oktober geplanten Börsengang wegen drohender Abstriche vom erhofften Milliardenerlös zu verschieben.
Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) machte deutlich, dass die Regierung die Einnahme-Aussichten genau im Blick habe. "Wir werden auf keinen Fall die Teilprivatisierung der Mobilitätssparte so vornehmen, dass wir die Anteile unter Wert verkaufen. Das wird nicht der Fall sein, und ich bin zuversichtlich, dass wir zu einer guten Lösung kommen", sagte er am Rande einer Verkehrsministerkonferenz mit seinen Länder-Kollegen am Dienstag in Dessau-Roßlau. Angestrebt ist, 24,9 Prozent der Anteile an der Bahntochter DB Mobility Logistics zu verkaufen, die den Personen- und Güterverkehr vereint.
Der Vorsitzende der Länder-Verkehrsministerkonferenz, Sachsen- Anhalts Ressortchef Karl-Heinz Daehre (CDU), sagte im ZDF: "Eine Verschiebung wäre im Interesse aller nicht verkehrt." Brandenburgs Infrastrukturminister Reinhold Dellmann (SPD) mahnte, kein Geld zu verschenken, da die Erlöse aus der Teilprivatisierung für dringend erforderliche Investitionen ins Schienennetz benötigt würden. "Daher bin ich für eine Verschiebung des Börsenganges auf einen günstigeren Zeitpunkt." Der hessische Verkehrsminister Alois Rhiel (CDU) sagte im Deutschlandfunk, er habe große Zweifel, dass die angestrebten vier bis fünf Milliarden Euro am Markt erzielt werden könnten.
Bahn-Aufsichtsrat Brunnhuber wandte sich gegen Spekulationen über eine Terminverschiebung oder einen zu niedrigen Preis für künftige Bahn-Papiere. "Es gibt bis dato überhaupt keinen Grund, sich nach einem Plan B umzugucken", sagte der CDU-Verkehrsexperte der dpa. Gerade in den aktuellen Turbulenzen gebe es bei Investoren einen Drang in einen sicheren, realen Wert, wie sich in den bisherigen Gesprächen gezeigt habe. Der Prozess laufe daher "im grünen Bereich". Brunnhuber verwies grundsätzlich darauf, dass er sich notfalls auch noch am 26. Oktober, also einen Tag vor dem geplanten Börsengang, stoppen ließe.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nannte eine Terminverschiebung "dringend angeraten". Dafür, einen möglichst guten Preis erzielen zu können, stimme "angesichts der Finanzkrise derzeit das finanz- und wirtschaftspolitische Umfeld nicht", sagte er der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwoch). Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) forderte: "Aufgrund der Turbulenzen am Aktienmarkt muss der Börsengang sofort auf Eis gelegt werden." FDP- Verkehrsexperte Horst Friedrich warnte: "Stur an einem Verkaufstermin festzuhalten, ist das Dümmste, was man als Verkäufer machen kann. Da weiß der Käufer gleich, dass er den Preis beliebig drücken kann."
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte am Montag darauf hingewiesen, dass die endgültige Entscheidung über den Börsenstart am 27. Oktober noch nicht gefallen sei. Die Bahn verweist darauf, dass bisher keine negativen Anzeichen aus dem Markt zu spüren seien. Die letztliche Entscheidung werde aber vom Markt abhängig sein./sam/kr/DP/she
AXC0194 2008-10-07/18:36