Agrarrohstoffe stehen nach Ansicht des "Börsenbauern" Johann Schmalhofer nach einem Einbruch im Zuge der Finanzkrise wieder vor ihrer Renaissance. "Auch in der Rezession haben Menschen das Verlangen nach dem Stück Lebenskraft, das mit Weizen erzeugt wird", sagte der technische Analyst auf einer Veranstaltung der Vereinigung Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) in Frankfurt der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. "Die Korrektur der Agrarmärkte war gemessen an ihrer fundamentalen Verfassung einfach zu heftig", so der Landwirt, der einen Bauernhof in Bayern bewirtschaftet und in der Finanzgemeinde auch "Börsenbauer" genannt wird.
Mittlerweile sende die technische Analyse der Agrarrohstoffe - die von Orangensaft über Lebend-Rinder und Getreide bis hin zu Baumwolle als großes Spektrum der Landwirtschaft an den internationalen Warenbörsen handelbar sind - positive Signale aus. Der Börsenbauer betont: "Die Technische Analyse lässt wieder steigende Preise erwarten." Die Kurse der meisten Agrarrohstoffe seien auf wichtige Unterstützungen zurück gefallen. Auf diesen mit Hilfe der technischen Analyse abgeleiteten Niveaus stößt eine Abwärtsbewegung auf Widerstand und sollte zumindest gebremst beziehungsweise umgekehrt werden. Viele Werte wie vor allem die Getreidesorten Weizen, Mais und Soja hätten einen sogenannten "Pullback" gezeigten, sagte der Finanzanalyst. Dabei ziehe sich der Preis auf ein wichtiges Niveau zurück, um neue Kraft für eine anschließende Trendbewegung zu sammeln. Dies stütze als technisch positives Zeichen die Erwartung einer Stabilisierung mit folgendem Kursanstieg. "Vor allem die verschiedenen Getreide- und Fleischsorten sehen gut aus", sagte Schmalhofer.
Marktübergreifende Grundaussagen ließen sich unterdessen aus dem breit gefassten Rohstoffbarometer CRB-Index ableiten und dieses "Big Picture" unterstütze die positiven technischen Annahmen. Der CRB-Index hat innerhalb kürzester Zeit fast die Hälfte an Wert verloren und seinen Anstieg von 2004 bis in den Sommer 2008 komplett ausradiert - jetzt zeichne sich auch hier eine Stabilisierung ab, betonte der Landwirt und Finanzanalyst gegenüber der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX.
Auch aus zyklischer Sicht bestehe enormes Aufwärtspotenzial vor allem für Weizen, Mais und Soja. Diese Untersuchung von Zyklen ergänzt die technische Analyse um bestimmte zeitliche Muster in der Preisbildung, die insbesondere bei Rohstoffen zusammen mit saisonalen Mustern eine oft erhebliche Rolle spielen. So zog Schmalhofer das technische Fazit: "Getreide und dabei insbesondere Weizen sowie Soja zeigen wieder ein gutes Chance-Risiko-Verhältnis, während Reis nochmal relative Schwäche zeigen könnte. Auch die Fleischmärkte sind zumindest aus dieser Sicht aussichtsreich einzuschätzen." Er erwarte zwar bei Agrarrohstoffen in diesem Jahr noch nicht den ganz großen Ansturm, der neue kräftige Aufwärtsschub dürfte aber im nächsten Jahr kommen.
Auch fundamental werde die optimistische Erwartung für den künftigen Preistrend bei Getreide & Co deutlich unterstützt, betonte der Rohstoff-Börsenhändler weiter. Dabei sorgten die steigende Bevölkerungszahl, die weltweit um 78 Millionen Menschen pro Jahr wachse, und die Verbesserung beim Lebensstandard für steigende Nachfrage. Diese stoße beispielsweise bei Weizen bezogen auf den Verbrauch auf historisch niedrige Vorräte. Durch Wetterkapriolen erschwerte Anbauverhältnisse limitierten unterdessen die Möglichkeiten der Produktionsausweitung und auch die Flächen dürften nicht mehr wesentlich gesteigert werden können.
Durch den Einsatz von Dünger könne der Ertrag auf konstanter Fläche zwar noch etwas weiter - aber nicht beliebig gesteigert werden. Entsprechend sollten die Preise nach ihrer aktuellen Phase der Stabilisierung wieder deutlich steigen. Dabei seien die Agrarrohstoffe der Analyse von Schmalhofer zufolge auch mit ihren Hochs im Sommer bei weitem nicht an ihre historischen Rekordstände herangelaufen, wenn man diese um die US-Inflation bereinigt. Der Weizenpreis müsste sich bis zum inflationsbereinigten Hoch der siebziger Jahren mehr als verfünffachen, der bereinigte Preis von 1917 liege mehr als acht mal so hoch wie der aktuelle.
Der Börsenbauer Schmalhofer zeigte sich entsprechen überzeugt, dass sich der langfristige Preisanstieg bei Agrarrohstoffen nach der aktuell sehr scharfen Korrektur wieder fortsetzen wird. Das liege auch in der Natur der Sache. "Man kann auf alles verzichten, nur nicht aufs Essen."/fat/sk/wiz
--- Frederik Altmann, dpa-AFX ---
AXC0003 2008-11-09/10:05