Der Tarifkonflikt im Baugewerbe mit seinen rund 700.000 Beschäftigten ist gelöst und ein drohender Streik damit abgewendet. In zwei Schritten steigt der Tariflohn im Westen um zusammen 4,6 Prozent bei einer Laufzeit von 24 Monaten. Erstmals seit Mitte der 90er Jahre werden die Löhne im Osten zudem prozentual stärker angehoben als im Westen. Dies sind die Kernpunkte des Kompromisses, der nach einem 18-stündigen Verhandlungsmarathon in der Nacht zu Samstag in Frankfurt gefunden wurde.
Erst die Schlichtungsverhandlung unter dem Vorsitz des früheren Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement konnte die beiden Bau-Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaft zusammenbringen. Der Abschluss sei auch ein Signal an den Osten, sagte Clement, der nach eigenen Worten nicht mehr an eine Lösung ohne Streik geglaubt hatte. "Die Schere muss kleiner werden", betonte er. In den vergangenen Jahren war der Lohnabstand zwischen Ost und West dagegen wegen der deutlich schwächeren Entwicklung der Bauwirtschaft im Osten größer geworden.
NEUER MINDESTLOHN VON 11,00 EURO IM WESTEN
Mit dem Kompromiss bekommen die Tarifbeschäftigten im Westen vom 1. Juni an 2,3 Prozent mehr Lohn. In einem zweiten Schritt gibt es zum 1. April 2010 noch einmal 2,3 Prozent mehr Geld. Im Osten werden die Tarife um denselben Cent-Betrag pro Stunde wie im Westen erhöht und steigen damit prozentual etwas stärker. In einigen Lohngruppen bedeutet das im Osten ein Plus von mehr als sechs Prozent über zwei Jahre. Die Gewerkschaft IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hatte ursprünglich sechs Prozent mehr Geld bei allerdings nur zwölf Monaten Laufzeit durchsetzen wollen.
Die Parteien einigten sich zudem auf einen neuen Mindestlohn. Die Grenze für tariflich nicht gebundene Firmen steigt im Osten von 9,00 auf 9,75 Euro pro Stunde. Im Westen wird er von 10,70 Euro auf 11,00 Euro angehoben. Die in drei Schritten geplante Erhöhung beginnt am 1. September, der letzte Schritt erfolgt zum 1. Juli 2011. Vor allem viele kleinere Baubetriebe zahlen ihren Mitarbeitern nicht den Tariflohn, sondern nur den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn. Zudem hat die Branche große Probleme mit illegaler Beschäftigung, die deutlich niedriger entlohnt wird.
KOMPROMISS EINSTIMMIG GETROFFEN
"Das ist ein tragfähiger Kompromiss in wirtschaftlich schwieriger Zeit", sagte IG-BAU-Chef Klaus Wiesehügel. Der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Frank Dupré, erklärte: "Insgesamt ist die Belastung für unsere Betriebe niedriger als bei dem letzten Tarifabschluss." Es handele sich um einen Kompromiss, der der schwierigen wirtschaftlichen Situation angepasst sei.
Wiesehügel hatte vor einer Woche noch erklärt, er rechne mit Streiks, da die Arbeitgeber in ihren beiden Verbänden und ihrer sehr heterogenen Struktur - vom Bau-Konzern bis hin zum Kleinstbetrieb - zerstritten seien. Streiks wären bei einem Scheitern der Schlichtung möglich gewesen. Letztendlich wurde der Kompromiss aber einstimmig gefällt und ist damit bindend. Die sonst übliche Frist für die Annahme der Vereinbarung entfällt damit./rg/DP/he
AXC0032 2009-05-24/16:01