Der deutsche Staat hat in der Finanz- und Wirtschaftskrise nach Einschätzung des Bundesbank-Vorstandsmitglieds Thilo Sarrazin kaum noch Möglichkeiten gegenzusteuern. "Mit Blick auf das, was langfristig verantwortlich ist, ist der Staat mit seinen finanziellen Möglichkeiten in der gegenwärtigen Krise am Ende", sagte Sarrazin am Mittwoch in Frankfurt. Neu- und Gesamtverschuldung seien sowohl in Deutschland als auch im gesamten Euroraum "weit von Maastricht entfernt". Damit bezog sich Sarrazin auf den so genannten Stabilitätspakt, der den Staaten des Euroraums feste Grenzen für die jährliche Neuverschuldung und den Schuldenstand vorschreibt.
Gleichwohl zeigte sich Sarrazin zuversichtlich, dass der Staat Grundsätzliches gegen die Folgen der Krise unternehmen kann. "Prinzipiell kann der Staat sehr viel tun." So gelte es, langfristige Stellschrauben der Wirtschaft in die richtige Position zu bringen. Exemplarisch nannte der ehemalige Berliner Finanzsenator die Flexibilisierung des Arbeitsmarkts. "Solche Maßnahmen wirken dauerhaft, und dagegen verblassen alle Konjunkturprogramme."
Bei der Frage, ob und wann der wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland und der Welt nach der Krise einsetzen wird, zeigte sich Sarrazin zurückhaltend. "Es kann sein, dass wir längere Zeit auf dem jetzigen Niveau verharren." Dies sei keine Überraschung, sondern ein weltweites Phänomen. "Ob und wie der Aufschwung kommt, weiß derzeit niemand", sagte Sarrazin auch in Anspielung auf die Konjunkturprognosen zahlreicher Forschungsinstitute. Diese hatten die Auswirkungen der Wirtschaftskrise deutlich unterschätzt und mussten ihre Wachstumsprognosen mehrfach nach unten korrigieren./bf/gr
AXC0211 2009-06-03/19:47