15. Juli 2009. Der DAX verzeichnet zuletzt zwar wieder Gewinne, aus technischer Sicht ist die Lage aber schwer einzuschätzen. Analysten demonstrieren Uneinigkeit.
Die Bullen scheinen wieder die Oberhand am deutschen Aktienmarkt gewonnen zu haben. Aus Sicht von Händlern kann von einem Umschwung aber bislang noch keine Rede sein. "Die Skepsis gegenüber der jüngsten Aufwärtsbewegung ist groß, das zeigt sich vor allem an sehr geringen Umsätzen. Zwar kamen zuletzt positive Daten, etwa von Goldman Sachs, die übergeordneten Probleme, wie Haushaltslöcher und Arbeitslosigkeit sind aber ungelöst", kommentiert ein Börsianer. Die Anleger zeigten sich aktuell daher mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Technische Analysten sind derzeit geteilter Meinung über die aktuelle Entwicklung am Aktienmarkt.
Am ETF-Markt überwiegt zur Wochenmitte unterdessen der Optimismus. So werden die meist gehandelten Indextracker iShares DAX (DE) (WKN 593393) und iShares DJ EURO STOXX 50 (DE) (WKN 593395) nach Auskunft der zuständigen Marketmaker überwiegend gekauft - allerdings ebenfalls bei niedrigen Umsätzen. "Es sind vor allem private Anleger mit kleinen Orders im Markt, die Institutionellen halten sich derzeit eher raus", weiß ein Händler.
Um die Mittagszeit notiert der DAX mit 4.874 Punkten 1,93% im Plus.
DAX noch nicht aus dem Schneider
Nach Ansicht von Christian Henke, technischer Analyst der WestLB, ist trotz der jüngsten Aufwärtsbewegung mit weiteren Kursverlusten beim DAX zu rechnen. "Unter dem Strich ist der DAX immer noch nicht aus dem Schneider. Die 200-Tage-Durchschnittslinie fällt weiter und zeigt unverändert gen Süden", argumentiert der Techniker. Zudem sei der seit Februar des vergangenen Jahres intakte Abwärtstrend bei 4.790 Punkten zuletzt wieder zurückerobert worden. Die obere Trendkanallinie verläuft nach Einschätzung von Henke aktuell bei rund 4.970 Punkten, Unterstützungen sieht der Analyst bei 4.680 und 4.530 Punkten.
In die Bärenfalle getappt
Jochen Stanzl, Chefredakteur des Börsenbriefs Rohstoff-Report.de, geht hingegen davon aus, dass die Pessimisten am deutschen Aktienmarkt zuletzt in eine Bärenfalle getappt sind. "Der DAX bildete seit April eine so genannte Schulter-Kopf-Schulter-Formation aus, die aktiviert wurde, als der Index am 6. Juli unter 4.670 Punkten eröffnete und bis zu Beginn dieser Woche darunter verharrte. Das regelkonforme Ziel dieser Formation hätte auf Sicht der nächsten Wochen 4.200 Punkte lauten müssen, doch die Verluste kamen nicht und der Bruch der Nackenlinie bei 4.670 Punkten stellte sich zunehmend als Bärenfalle heraus." Das Szenario eines schwachen Börsensommers hat sich nach Einschätzung von Stanzl damit zunächst deutlich entschärft, sodass vorerst mit neuen Kapitalzuflüssen am Aktienmarkt gerechnet werden könne.
Aufwärtspotenzial beim Gold
Und auch beim Gold, das bereits seit Monaten um die 900 US-Dollar-Marke (je Feinunze) schwankt, sieht Stanzl Aufwärtspotenzial - vor allem wegen Inflationsängsten. "Gold hat das Potenzial, in der zweiten Jahreshälfte auf neue Rekordhochs bei über 1.000 US-Dollar zu steigen. Zur Rettung der Banken wurden immense Geldsummen neu geschaffen, ohne dass dieser Neuschaffung von Geld die Produktion neuer Güter entgegenstand. Vielmehr wurde die Güterproduktion durch die Rezession sogar eingeschränkt." Es sei daher nicht möglich, dass die Preise gleich blieben, wenn mehr Geld eine geringere Gütermenge nachfrage, argumentiert der Experte. "Darüber hinaus darf man annehmen, dass die Fed in Washington den Leitzins erneut für zu lange Zeit zu niedrig halten wird, auch wenn Notenbankchef Bernanke das Gegenteil beteuert. Das wird die Geldschöpfung durch billige Kredite beschleunigen, wenn sich die Konjunkturerholung fortsetzen sollte. Geld ohne Gegenwert führt zu Inflation."
Bullen übernehmen das Ruder
Die Anlegerstimmung hat sich im Vergleich zur Vorwoche deutlich verbessert. Das ergibt zumindest das Ergebnis der aktuellen Sentiment-Erhebung der Börse Frankfurt bei 300 aktiven Investoren. Das Bärenlager beim DAX hat um 22 Prozent verloren, 15 Prozent davon sind direkt wieder in deutsche Bluechips eingestiegen. Bei den Technologiewerten legen die Optimisten sogar 18 Prozent zu. Die Bullen am deutschen Aktienmarkt sind damit nun wieder deutlich in der Überzahl.
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© 15. Juli 2009 / Karoline Koch
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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