20. Juli 2009. Milliardengewinne der US-Banken lassen Anleger wieder Mut schöpfen, der lang ersehnte Aufschwung stünde nun tatsächlich bevor. Skeptiker haben aber durchaus noch gewichtige Argumente auf ihrer Seite.
Der deutliche Kursanstieg der vergangenen Woche nährt die Hoffnung auf weitere Gewinne. Dazu beitragen sollen Konjunkturdaten wie das ifo-Geschäftsklima sowie die Quartalsberichterstattungen zahlreicher europäischer und US-amerikanischer Unternehmen. Diesbezüglich zeigen sich die Börsianer nämlich ziemlich optimistisch.
In der vergangenen Woche hatten die überraschend guten Zahlen der US-Banken, vor allem von Goldman Sachs, sowie überwiegend positive Konjunkturzahlen den DAX nach dem Tief vom Montag um über 500 Punkte nach oben katapultiert. Im Wochenvergleich lag das Plus bei fast 9 Prozent. Heute Morgen notiert das deutsche Aktienbarometer bei 5.030 nach 4.978 Punkten Schlussstand am Freitag. Die Vorgaben aus den USA sind gut, dort hatte sich der Dow Jones mit leichten Gewinnen verabschiedet, die Börse in Tokio ist heute wegen eines Feiertags geschlossen.
Einkaufsmanagerindex und ifo-Geschäftsklima im Fokus
Im Euroraum werden sich die Augen der Marktteilnehmer in der laufenden Woche wohl vor allem auf den Einkaufsmanagerindex und das ifo-Geschäftsklima richten. Beide werden am Freitag veröffentlicht. Mit der Deutschen Post legt am Donnerstag zudem der erste DAX-Konzern seine Zahlen offen. Außerdem berichten zahlreiche weitere wichtige Adressen wie Merck, Apple, Coca-Cola, Praktiker, die Software AG, Wincor Nixdorf, Credit Suisse, McDonalds, Microsoft, Vodafone und Danone über das abgelaufene Quartal.
Entwicklung zweischneidig
Unter den Marktteilnehmer dominiert nun die Zuversicht, allerdings sind die Zweifler noch nicht verstummt. Nach Ansicht von Dirk Müller, Skontroführer bei MWB Fairtrade und derzeit bekanntestes Gesicht vom Frankfurter Parkett, haben beide Seiten gute Gründe vorzuweisen. Einerseits seien die Quartalszahlen sowie Konjunkturdaten nicht schlecht, andererseits sei mit der Diskussion um eine mögliche Pleite des US-Mittelstandsfinanzierers CIT eine "riesige Katastrophe" in Reichweite, wie Müller meint. Die Insolvenz scheint nun zunächst abgewendet: Zeitungsberichten von "New York Times" und "Wall Street Journal" zufolge hätte sich die Bank am Sonntagabend mit maßgeblichen Gläubigern über einen Notkredit geeinigt.
Müller ergänzt, dass die guten Zahlen der US-Banken mit Vorsicht zu genießen seien. Es wäre keine Kunst, in Zeiten wie diesen als Bank Geld zu verdienen. Immerhin könnten sich die Institute quasi zum Nulltarif refinanzieren und hätten darüber hinaus großzügige Spielräume bei der Bilanzierung.
Zweifel über weitere Entwicklung
Wie es an der Börse weitergehe, sei daher im Moment wirklich schwer abzuschätzen, urteilt Müller: "Der DAX kann weiter nach oben klettern, ein Absturz ist aber jederzeit auch möglich." Fundamental hält er eine Hausse nach wie vor für nicht gerechtfertigt, allerdings seien die Liquiditätspolster der Anleger groß.
Stabilisierung bei Gewinnerwartungen
Andreas Hürkamp von der Commerzbank zeigt sich hingegen klar optimistisch und weist darauf hin, dass sich bei den Gewinnerwartungen erstmals seit sechs Quartalen eine Stabilisierung abzeichnet, d.h. die Prognosen nicht mehr gesenkt werden. "Das war in der Vergangenheit regelmäßig ein Signal für das Ende eines Bärenmarktes." Außerdem sprächen die steile Zinsstrukturkurve, niedrige Kurs-Buchwert-Verhältnisse, der anhaltend hohe Pessimismus und Restrukturierungsphantasien dafür, dass der DAX in den kommenden Monaten auf 5.500 Indexpunkte steigen wird, glaubt Hürkamp.
Techniker sehen Bruch des Abwärtstrends
Auch die Techniker sehen inzwischen nicht mehr ganz so schwarz: Der seit Januar dominierende Abwärtstrend stehe jetzt zur Diskussion, heißt es etwa von der HSBC. Dessen Bruch ließe die Börsenampel endgültig auf grün springen. Das Januarhoch und das bisherige Jahreshoch von 5.111 bzw. 5.178 Punkten könnten zur nächsten Anlaufmarke werden.
Wichtige Konjunktur- und Unternehmenstermine in dieser Woche
Montag, 20. Juni
Japan: Börsenfeiertag (Tag des Meeres)
Dienstag, 21. Juli
16.00 Uhr. USA: Rede von Zentralbank-Chefs Bernanke vor dem Repräsentantenhaus. Die HSBC geht davon aus, dass Bernanke in seiner halbjährlich stattfindenden Stellungnahme die Stabilisierung an den Finanzmärkten positiv hervorheben und die konjunkturellen Perspektiven wohl eher verhalten beurteilen wird. Insgesamt rechnen die Analysten mit einer vergleichsweise langen expansiven Phase der Geldpolitik, vor 2011 würden die Zinsen nicht erhöht werden.
Quartalszahlen Apple und Coca-Cola
Mittwoch, 22. Juli
Quartalszahlen von Praktiker, Software AG, Wincor Nixdorf
Donnerstag, 23. Juli
14.30 Uhr. USA: Erstanträge Arbeitslosenhilfe (Woche). Umfragen zufolge wird mit einem Plus von 558.000 gerechnet, in der Vorwoche waren es 522.000.
Quartalszahlen von Deutsche Post, Microsoft, Credit Suisse und McDonalds
Freitag, 24. Juli
10.00 Uhr. Eurozone: Einkaufsmanagerindex Juli. Die Aufwärtsbewegung wird sich nach Ansicht der DekaBank im Juli und im gesamten laufenden Quartal fortsetzen. Nach wie vor stützten die europaweiten Abwrackprämien, zudem erhole sich die Industrie in Fernost und in den USA durch die umfangreichen Konjunkturprogramme, auch der Finanzmarkt habe sich etwas beruhigt. Konkret werden 45,9 Punkte prognostiziert nach 44,6 im Juni.
10.00 Uhr. Deutschland: ifo-Geschäftsklima Juli. Für den Gesamtindex sollte es im Juli zum vierten Plus nacheinander reichen, meint die HSBC und erwartet einen Indexstand von 86,5 Punkten. im Juni. "Eine nachhaltige Trendwende wird damit unseres Erachtens aber nicht angezeigt", heißt es. Bei den Konjunkturerwartungen rechnet die Bank mit 90,4 Punkten nach 89,5 im Juni, bei der Lagebeurteilung mit nahezu unveränderten 82,8 Punkten. Die Konjunkturerwartungen lägen damit immer noch deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt seit der deutschen Wiedervereinigung von 96,1 Punkten.
10.30 Uhr. Großbritannien: BIP zweites Quartal. Mit Großbritannien wird das erste G7-Land seine Wachstumszahlen für das zweite Quartal vorlegen. Am Markt geht man davon aus, dass die britische Wirtschaft von April bis Juni um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal geschrumpft ist.
16.00 Uhr. USA: Verbraucherstimmung Uni Michigan Juli. Laut Umfragen werden 65 Punkte nach 64,6 im Vormonat erwartet. Der Index basiert auf einer telefonischen Befragung von mindestens 500 Konsumenten in den USA und gilt als wichtiger Frühindikator für die künftigen Konsumausgaben.
Quartalszahlen Merck KGaA
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© 20. Juli 2009/Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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