8. August 2009. Der DAX verzeichnet seinen vierten wöchentlichen Anstieg - aber dennoch hat sich der Pessimismus, gemessen am Bull/Bear-Index, ein weiteres Mal erhöht: Bei konstantem Bärenanteil ist das Bullenlager kleiner geworden. Die Wenigen mit Grund zur Freude haben demnach ihre Gewinne realisiert.
Eigentlich muss man sich fragen, was bei den morgendlich üblichen Meetings der institutionellen Anleger zurzeit diskutiert wird - Wenn man davon ausgeht, dass diese wegen der Sommerferien nicht ausfallen. Denn bearishe Meinungen sind angesichts des vierten wöchentlichen Anstiegs des DAX mit einem Plus von 3,5 Prozent in Folge eigentlich kaum mehr zu rechtfertigen. Es sei denn, man zieht sich auf argumentative Notpositionen wie "Übertreibung", Irrationalität" und "Euphorie" zurück. Dennoch hat sich der Pessimismus, gemessen an unserem Bull/Bear-Index noch einmal erhöht. Dabei ist der Anteil der Bären zwar konstant hoch geblieben, aber das Bullenlager hat sich etwas reduziert. Die wenigen, die etwas Grund zur Freude hatten, haben ihre Gewinne demnach realisiert bzw. ihre leichte Übergewichtung in Aktien wieder reduziert.
Ganz anders gestaltet sich die Stimmungslage jedoch, wenn man Ökonomen befragt, die oft nicht dem Fluch eines eigenen Engagements unterliegen, weil sie sich in den Aktienmärkten ohnehin nicht monetär engagieren. Wurde dort vor nicht einmal vier Wochen die Welt und die Rezession in düstersten Farben gemalt, haben sich die Aussichten auf ein Ende schwacher Wachstumsraten vor allem in den USA ihrer Meinung nach inzwischen deutlich verbessert. Und mancher Kommentator setzt auf die Wachstumsmaschine China, obwohl man sich dort selbst in staatlich kontrollierten Medien nicht so recht auf die eigenen statistischen Erhebungsverfahren verlassen möchte. Ganz zu schweigen vom Gros der Bevölkerung, das den Wirtschaftsdaten nicht gerade vertraut. Aber auch bei US-Zahlen, wie dem am vergangenen Freitag veröffentlichten Bruttoinlandsprodukt, wird immer wieder vor künftigen Korrekturen derartiger Daten nach unten gewarnt.
Im Großen und Ganzen kann aber durchaus behauptet werden, dass viele Investoren auch mit der Entwicklung anderer Anlageklassen nicht glücklich sind. Sei es der Euro, der plötzlich etwas abzuheben droht und deshalb bereits einige Exporteure auf den Plan gerufen hat, seien es die teils starken Aufwärtstrends bei einigen Rohstoffen.
Unterdessen bleiben die Bären an ihre früheren Entscheidungen gebunden, wobei deren Break-even - der wahrgenommene Einstandspreis - im Durchschnitt mittlerweile mit rund 5.000 Dax-Zählern schon sehr weit weg liegt. Deswegen ist das Eingreifen mittelfristig agierender Kräfte auf der Nachfrageseite auch nicht wesentlich vor diesem Niveau zu erwarten. Womit technischen Abwärtskorrekturen zwar recht viel Spielraum gewährt würde. Allerdings sollten derartige, möglicherweise schnelle und heftige, Reaktionen zurzeit allenfalls von starken kurzfristig orientierten Kräften losgetreten werden. Denn solange die Liquidität für die langfristig orientierten Akteure von den Notenbanken nicht deutlich verringert wird, sollte für diese Quellen kein Handlungsbedarf als Abgeber entstehen. Damit bleibt unter dem Strich immer noch die für die Mehrheit unangenehmste Option die Wahrscheinlichste: Eine abermalige Short-Squeeze kapitulierender Baissiers mit Potenzial bis 5.800 Punkte.
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Joachim Goldberg, cognitrend
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
AXC0206 2009-08-05/17:03