7. August 2009. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Bei bisher rege nachgefragten und auch gut gelaufenen Unternehmensanleihen kommt es zu Gewinnmitnahmen. Anleihen, die unter pari notieren, scheinen für Anleger jedoch attraktiv - trotz eines anziehenden Aktienmarktes
Die Rentenmärkte bewegen sich diese Woche bei vergleichsweise geringen Umsätzen seitlich. "Besser als erwartet ausgefallenen Arbeitsmarktdaten aus den USA, ein unter den Erwartungen liegender ISM Einkaufsmanagerindex und überraschend stark angestiegene Industrieaufträge in Deutschland konnten die Märkte weder in die eine noch in die andere Richtung größer beeinflussen", berichtet Arthur Brunner von der ICF AG. Der Bund-Future habe sich in einer Bandbreite von 100 Basispunkten bewegt und die EZB den Leitzins in ihrer turnusmäßigen Sitzung unverändert bei 1 Prozent gelassen. Laut einem Kommentar der Volkswirte der HSH Nordbank scheine Jean-Claude Trichet, der Chef der europäischen Notenbank mit der Wirkung der Geldpolitik der EZB zufrieden zu sein - und das zu Recht. Zur konjunkturellen Lage befragt, habe er durchblicken lassen, dass es Anlass zu etwas mehr Zuversicht geben würde. "Änderungen des geldpolitischen Kurses zeichnen sich jedoch nicht mal am Horizont ab", meinen die Analysten.
Eine zehnjährige Bundesanleihe notiert heute durchschnittlich bei 3,44 Prozent, der Euro-Bund-Future steht zur Mittagszeit bei 121,31 Prozentpunkten.
Gewinnmitnahmen bei Unternehmensanleihen
Steuerliche Anreize waren der Grund dafür, dass es diese Woche in einigen Anleihen kurz vor Endfälligkeit noch zu größeren Verkäufen kam. "Anleger können realisierte Kursgewinne von Anleihen noch steuerfrei vereinnahmen, wenn sie diese vor dem 1. Januar erworben und mindestens ein Jahr in ihrem Bestand hatten", erklärt Brunner.
Aber auch ohne steuerlichen Beweggrund, jedoch mit Blick auf die Depot-Performance haben einige Anleger Unternehmensanleihen verkauft, wie Daniel Förtsch von der Wertpapierhandelsgesellschaft Walter Ludwig berichtet. Er vermutet Gewinnmitnahmen bei Anleihen gesehen, die am Jahresanfang emittiert wurden, von Anlegern zu pari gekauft wurden und die mittlerweile 10 bis 12 Prozent gestiegen sind. "So ein Gewinn ist immer schön", kommentiert der Skontroführer. "Ich vermute zudem wieder ein größeres Interesse an Aktien. Rentenlastige Portfolios werden nun umstrukturiert."
Nachfrage nach Auto-Anleihen
Wie auch in der vergangenen Woche halten Investoren an ihrer Liebe zu Unternehmensanleihen der Autobranche fest. Eine bis 2016 laufende Porsche-Anleihe wird gekauft (WKN A0GMHG), aber auch ein Pfandbrief der Eurohypo (WKN A0C5SE), der bis 2014 läuft und bei 102,75 Prozent notiert, trifft auf rege Nachfrage. Ebenso stand eine 2011 fällige Anleihe des Touristikunternehmens TUI (WKN A0A8CY) im Fokus der Investoren. Seit Anfang Juli konnte das Papier nach einem Kurseinbruch auf etwa 80 Prozent wieder bis 91 Prozent zulegen.
Hybridanleihen mit Kursanstiegen
Hybridanleihen der Deutschen Bank (WKN 903930), der Eurohypo (WKN 542376) oder der Postbank 8WKN A0D24Z) haben in den vergangenen Tagen ordentlich zugelegt. Den größten Zuwachs hatte eine Anleihe der Deutschen Bank: Sie gewann seit Anfang Juli nahezu 20 Prozent zu. Wie die Skontroführer der Hellwig Wertpapierhandelsbank melden, finden Privatanleger zunehmend wieder Interesse an den Papieren.
Stufenzinsanleihen stoßen auf Interesse
Weiterhin von Anlegern gefragt waren Stufenzinsanleihen in allen Variationen. "Den meisten gemein ist jedoch ein Kündigungsrecht seitens des Anleiheschuldners, das aber durch eine relativ attraktive Verzinsung bis zu diesem möglichen Kündigungstermin ausgeglichen wird", erläutert Arthur Brunner. Als Beispiel dazu diene hier eine Zuwachsanleihe der WestLB (WKN WLB65M), die bis Januar 2015 läuft. "Der Coupon beträgt bis zum ersten möglichen Rückzahlungstermin am 21. Januar 2011 4,5 Prozent. Sollte die Anleihe dann nicht seitens des Schuldners gekündigt worden sein, erhält der Anleger danach bis zur Endfälligkeit einen Coupon von 4,1 Prozent."
Verhaltener Neuemissionsmarkt
Bei den Neuemissionen von deutschen Kreditinstituten ist zu beobachten, dass kaum Festzinsanleihen platziert werden, sondern hauptsächlich variabel verzinsliche Anleihen mit überwiegend vierteljährlicher Zinsanpassung im Laufzeitbereich von 3 bis 5 Jahren.
Lufthansa und Peugeot auf dem Prüfstand
Wenig Freude kommt derzeit bei Anleiheneignern von Lufthansa und Peugeot-Papieren auf. Die beiden Unternehmen stehen bei den Rating-Agenturen auf dem Prüfstand. Moody's überprüft derzeit die Bonitätsbewertung von Lufthansa, nachdem das Unternehmen einen Verlust in Millionenhöhe für das erste Halbjahr wegen geringerer Fluggastzahlen und zurückgehendem Cargo-Volumen gemeldet hat. Moody's bewertet Lufthansa zurzeit noch mit der untersten Investmentgrade-Note Baa3. Eine Abstufung würde Lufthansa-Anleihen zu Junk-Bonds degradieren. Beim Autobauer Peugeot hat die Abstufung der Kreditbewertungen durch Standard & Poor's bereits stattgefunden - und der Ausblick steht auf negativ.
Rainer Petz von der Close Brothers Seydler Bank beobachtet bei zwei Lufthansa-Anleihen (WKNs A0XFNP und A0Z15N) vermehrte Handelsaktivität. Beide Anleihen hatten bereits nach Veröffentlichung des Lufthansa -Halbjahresergebnisses etwas am Kurs eingebüßt. Auch Peugeot-Anleihen, wie das kürzlich emittierte und bis 2014 laufende Papier (WKN A1AJ7Z) haben heute Morgen nach Angaben von Petz einige Prozentpunkte verloren.
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© 7. August 2009/Dorothee Liebing
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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