31. August 2009. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Ermutigende Konjunktur- und Unternehmensdaten, vor allem aber die geparkten Gelder, die irgendwann in den Aktienmarkt fließen müssten - das sind die Geschütze der optimistischen Börsianer. Doch es zeigen sich auch Ermüdungserscheinungen am Markt. Viele warnen vor einer drohenden Korrektur.
55 Prozent Plus beim DAX seit dem Tiefstand im März: Da bekommt so mancher Börsianer Höhenangst. Zwar ist die konjunkturelle Zuversicht deutlich gestiegen, und das nicht ohne Grund. Nach Ansicht vieler Marktteilnehmer haben sich die Börsen aber schon zu weit nach vorne gewagt. In der vergangenen Woche legte das deutsche Aktienbarometer jedenfalls eine Seitwärtsbewegung hin, auch positiven Konjunkturdaten folgten keine großen Sprünge mehr. Am Markt spricht man von Ermüdungserscheinungen. Allerdings bewegen sich die Indizes immer noch nahe den Jahreshöchstmarken, die Bären machen derzeit keinen Stich.
Für die neue Handelswoche sind die Erwartungen der Finanzmarktakteure gemischt, auch Sorgen um die Bundestagswahlen nach den politischen Ereignissen am Wochenende belasten. Am Montagvormittag liegt der DAX mit 5.453 Punkten rund gut 1 Prozent im Minus. Die Börse in Tokio hatte am Morgen mit leichten Verlusten geschlossen.
Vorerst noch Kauflaune, mittelfristig Gefahrenpotenzial
Oliver Roth, Chefhändler bei Close Brothers Seydler, geht davon aus, dass die Kauflaune in der neuen Woche anhält. "Auf Investorenseite schlummert noch viel Geld, das irgendwann in den Aktienmarkt fließen wird", meint er. Auf Sicht von drei bis vier Wochen ist er daher zuversichtlich. Allerdings ist er auch davon überzeugt, dass die Wirtschaftdaten aktuell so gut noch nicht sind: "Da ist viel Schönfärberei im Spiel", urteil er und verweist auf die tiefrote Jahresrate beim Bruttoinlandprodukt in Deutschland und die heftigen Einbrüche bei den Auftragseingängen in der Industrie.
"Die Erholung an der Börse steht in keinem Verhältnis zu Erholung der Wirtschaft", glaubt Roth. Mittelfristig sieht er daher Gefahrenpotenzial: "Sollte eine große schlechte Nachricht kommen, kann es wieder deutlich nach unten gehen". Ganz langfristig, d.h. auf Sicht von etwa anderthalb Jahren, erwartet er aber eine Hausse, getrieben durch die Liquidität.
Schwacher September?
Die Commerzbank hält hingegen auch kurzfristiger eine Konsolidierung für möglich und rechnet mit einem schwachen September. Danach werde der DAX aber auf über 6.000 Punkte klettern, erwartet Aktienstratege Andreas Hürkamp.
Gegenläufige technische Signale
Von technischer Seite gibt es unterschiedliche Signale: Charttechnisch sei der laufende Aufwärtsimpuls genauso intakt wie überhitzt, meint etwa die HSBC, ein neues Jahreshoch ebne aber den Weg auf 5.606/18 Punkte bzw. zum mittelfristigen Kursziel von 5.700 Punkten. Saisonal beginne allerdings jetzt traditionell eine "Saure-Gurken-Phase, auch der DAX-Verlaufsvergleich der Jahre 2003 und 2009 deute Konsolidierungsbedarf an. Rückschlagsgefahren sehen die Techniker aber erst bei einem nachhaltigen Rutsch unter 5.481 Punkte.
US-Arbeitslosenzahlen und ISM-Index im Fokus
Im Mittelpunkt des Interesses werden in dieser Woche vor allem Konjunkturzahlen aus den USA stehen, insbesondere die Arbeitslosenzahlen und der viel beachtete ISM-Index. Quartalszahlen gibt es kaum noch, in Deutschland werden etwa Bertelsmann und die Bremer Landesbank berichten, auf europäischer Ebene sticht der französische Medienkonzern Vivendi heraus.
Veränderungen der Aktienindizes in Sicht
Am Donnerstag tagt wie jeden September der Arbeitskreis Aktienindizes und beschließt u. a. die Zusammensetzung der Auswahlindizes DAX, MDAX, SDAX und TecDAX. Die Ergebnisse der Sitzung werden nach 22 Uhr in einer Pressemeldung veröffentlicht - auch auf boerse-frankfurt.de.
Das Gremium tagt vierteljährlich jeweils am dritten Handelstag der Monate März, Juni, September und Dezember, wobei zum Septembertermin die meisten routinemäßigen Überprüfungen und ggf. Anpassungen anstehen. Im Arbeitskreis sitzen neben der Deutschen Börse Vertreter von 12 Banken.
Wichtige Termine der Woche
Montag, 31. August
Die Börse in London bleibt feiertagsbedingt geschlossen. Einen umfassenden Überblick über alle Börsenfeiertage bietet www.boerse-frankfurt.de/termine.
11.00 Uhr. EU: Vorabschätzung Verbraucherpreise August. Am Markt erwartet man weiter sinkende Preise, konkret werden im Monatsvergleich eine Verbilligung um 0,4 Prozent nach 0,6 Prozent im Juli prognostiziert.
15.45 Uhr. USA: Einkaufsmanagerindex Chicago August. Der Aufwärtstrend hat sich Umfragen zufolge fortgesetzt, die Konsensschätzungen belaufen sich auf 47,2 Punkte nach 43,4 im Juli. Der Index beruht auf einer Befragung von mehr als 200 Einkaufsmanagern des verarbeitenden Gewerbes. Ein Wert über 50 Punkte bedeutet eine wachsende, ein Wert unter 50 eine schrumpfende Wirtschaft.
Dienstag, 1. September
9.55 Uhr. Deutschland: Arbeitslosenzahl August. Prognostiziert werden 8,4 nach 8,3 Prozent im Juli, die Kurzarbeit drückt die Arbeitslosenzahlen nach Einschätzung der Marktbeobachter weiter.
9.55/10.00 Uhr. Deutschland/Eurozone: Einkaufsmanagerindex verarbeitendes Gewerbe August (endgültig). Hier rechnet man am Markt mit einer Bestätigung der Schnellschätzung (49/47,9 Punkte).
16.00 Uhr. USA: ISM-Index August (Einkausmanagerindex).
Erstmals seit Januar 2008 könnte der nationale Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe auf über 50 Punkte klettern und damit knapp in den Expansionsbereich vorstoßen, meint die DekaBank. Der Stimmungsindikator werde sich in den kommenden Monaten noch weiter verbessern, allerdings weniger ausgeprägt. Der Indikator des Institute for Supply Management zeigt die Geschäftserwartungen der Industrie auf einer Skala von eins bis 100. Werte über 50 deuten auf eine Ausweitung, Werte darunter auf eine Abschwächung der Konjunktur hin.
Mittwoch, 2. September
20.00 Uhr. USA: Zentralbanksitzung 12. August, Protokoll.
Donnerstag, 3. September
9.55/10.00 Uhr. Deutschland/Eurozone: Einkaufsmanagerindex Dienstleistungen August (endgültig). Auch hier wird mit einer Bestätigung der Schnellschätzung (54,1/49,5 Punkte) gerechnet.
13.45 Uhr. Eurozone: EZB-Sitzungsergebnis. Am Markt geht man von nicht von einer Veränderung der Leitzinsen aus, mit Interesse verfolgt werden aber wohl die übrigen Äußerungen der Zentralbanker.
Nach 22 Uhr. Sitzung des Arbeitskreises Aktienindizes Nach Handelsschluss in den USA werden die Beschlüsse zur Zusammensetzung der Auswahlindizes DAX, MDAX, TecDAX und SDAX veröffentlicht.
Freitag, 4. September
14.30 Uhr. USA: Arbeitslosenquote August. Die HSBC erwartet für August nur noch ein Stellenminus von 150.000. Das sei der geringste Rückgang seit Juli 2008, heißt es. Dennoch werde es noch einige Monate dauern, bis es wieder ein positives Vorzeichen gebe. Für die Arbeitslosenquote werden 9,5 Prozent prognostiziert.
Weitere Termine sowie die aktuellen Daten kurz nach ihrer Veröffentlichung finden Sie auf www.boerse-frankfurt.de/termine.
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© 31. August 2009/Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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