DJ IWF: Hoher Abschreibungsbedarf bei öffentlichen deutschen Banken
Von Hans Bentzien DOW JONES NEWSWIRES
FRANKFURT/WASHINGTON (Dow Jones)--Die Banken in Deutschland haben nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) bei der krisenbedingten Abschreibung von Krediten und Wertpapieren ein unterschiedliches Tempo vorgelegt. In seinem am Dienstag veröffentlichten Globalen Finanzstabilitätsbericht kommt der IWF zu der Einschätzung, dass die privaten Geschäftsbanken ihren Abschreibungsbedarf bereits vollständig bewältigt haben, während die öffentlichen Banken im laufenden Jahr noch Abschreibungen von rund 68 Mrd USD tätigen müssen. Dadurch werde sich ihre Kapitalisierung um 36 Mrd USD verringern.
Der IWF geht bei seinen Berechnungen davon aus, dass sich die Verfassung sämtlicher Banken wegen der steilen Zinsstrukturkurve, der Wiederbelebung der Kreditmärkte und staatlicher Stützungsmaßnahmen stark verbessert hat. Für 2010 jedoch unterstellt der IWF eine starke Verflachung der Zinsstrukturkurve und sinkende Ausleihsätze, wodurch die Nettozinserträge nach seiner Berechnung um 10% zurückgehen werden. Andere Einnahmen sowie die Ausgaben dürften dagegen relativ stabil bleiben.
Der Abschreibungsbedarf der Banken auf der Wertpapierseite ergibt sich laut IWF vor allem aus den gehaltenen Finanzderivaten, darunter mit Aktiva besicherte und verbriefte Wertpapiere (RMBS, CMBS, Consumer ABS), vor allem aber aus CDO (Collateralized Debt Obligations). In seinem Basisszenario, das auf einer relativ niedrigen Verlustrate bei CDO beruht, rechnet der IWF für die Jahre 2007 bis 2010 mit kumulierten Abschreibungen auf Kredite und Wertpapiere von 314 Mrd USD. Unter der Annahme hoher CDO-Verluste kommt die in Washington ansässige Organisation auf 338 Mrd USD. Per Ende 2009 summieren sich die bereits getätigten Abschreibungen auf 261 Mrd USD.
Für die privaten Geschäftsbanken in Deutschland hat der IWF insgesamt einen Abschreibungsbedarf in der Spanne zwischen 132 Mrd und 143 Mrd USD errechnet, wobei 66 Mrd USD auf Kredite und 66 Mrd bis 77 Mrd USD auf Wertpapiere entfallen. Daraus ergeben sich kumulative Verlustquoten zwischen 6,2% und 6,8%. Allerdings haben die privaten Banken die fälligen Abschreibungen nach IWF-Angaben insgesamt schon hinter sich gebracht. Für 2010 werden zwar Abschreibungen auf Kredite von 19 Mrd USD prognostiziert, ihnen stehen jedoch Zuschreibungen auf Wertpapiere von 22 Mrd USD gegenüber.
Aus Sicht des IWF haben die privaten Geschäftsbanken trotz beschleunigter Abschreibungen mit im Schnitt rund 11% die höchste Kernkapitalquote unter den deutschen Geldinstituten. Ihre starke Kapitalposition Ende 2009 und die Erledigung der Abschreibungen wirke sich in diesem Jahr positiv sowohl auf Eigenkapitalausstattung und Eigenkapitalquoten aus. Unter Berücksichtigung der einbehaltenen Gewinne rechnet der IWF für die privaten Institute mit einen Anstieg der Kapitalisierung um 27 Mrd USD, womit sich letztlich ihre Fähigkeit zur Kreditvergabe verbessern würde.
Dagegen stellt sich die Lage für Landesbanken und Sparkassen, sowie für "andere Banken", unter denen der IWF die Genossenschaftsbanken aufführt, ungünstiger dar. Den kumulierten Abschreibungsbedarf auf Kredite und Wertpapiere bei Landesbanken und Sparkassen beziffert der IWF auf 143 Mrd bis 151 Mrd USD, wobei der größere Teil auf die Landesbanken entfällt. Den Abschreibungsbedarf auf Kredite sieht der IWF bei 102 Mrd USD und den Abschreibungsbedarf auf Wertpapiere bei 41 Mrd bis 49 Mrd USD. Daraus ergeben sich kumulative Verlustquoten von 5,8% bis 6,1%. Für die "übrigen Banken" nennt der IWF einen gesamten Abschreibungsbedarf von 39 Mrd bis 44 Mrd USD, wobei 17 Mrd USD bei Krediten und 22 Mrd bis 27 Mrd USD bei Wertpapieren anfallen.
Kritisch äußert sich der IWF vor allem zu Landesbanken und Sparkassen. Alleine im laufenden Jahr müssen die öffentlich-rechtlichen Institute nach seiner Berechnung Abschreibungen von insgesamt 47 Mrd USD bewältigen, davon 27 Mrd USD auf Kredite und 20 Mrd USD auf Wertpapiere. Damit ergibt sich auch nach Gegenrechnung einbehaltener Gewinne ein Kapitalabfluss von 22 Mrd USD. Für die "übrigen Banken", darunter die Genossenschaftsbanken, beziffert der IWF den Kapitalverlust auf 14 Mrd USD. Damit würde die Kapitalausstattung der öffentlichen Banken Deutschlands um insgesamt 36 Mrd USD reduziert.
"Dieser Kapitalentzug kann als die Größe interpretiert werden, die nötig wäre, um die Kernkapitalquoten unter der Annahme unveränderter Risiko-Aktiva wieder auf das Niveau von Ende 2009 zu bringen", analysiert der IWF. Bei den Landesbanken und Sparkassen wären das 7,9%, bei den "übrigen Banken" 8,3%. Als Durchschnittswert aller deutschen Banken gibt der IWF 8,6% an.
Webseite: www.imf.org -Von Hans Bentzien, Dow Jones Newswires, +49 (0)69 29725 313, Hans.Bentzien@dowjones.com DJG/hab/rio/kth Dow Jones Newswires
April 20, 2010 09:00 ET (13:00 GMT)