DJ Kommentar der Financial Times Deutschland zu Griechenland - vorab23.4.2010
Griechenland: Jetzt erst recht Die Euro-Zone ist angezählt. Sie taumelt durch den Ring, schwer getroffen von den hartnäckigen Attacken des Gegners. Der Gegner sind die Spekulanten an den Finanzmärkten. Sie wetten darauf, dass Griechenland früher oder später Pleite geht, und dass die Staaten der Euro-Zone dies nicht verhindern werden. Spätestens seit die Risikoaufschläge auf griechische Staatsanleihen am Donnerstag neue Rekordhöhen erreicht haben, ist klar: Der Versuch, die Märkte mit bloßen Ankündigungen zu besiegen, ist gescheitert. Jetzt muss das Geld aus dem Hilfspaket fließen, das die Staaten der Euro-Zone vor Wochen zur Beruhigung geschnürt hatten. Das ist noch nicht die endgültige Niederlage. Doch die Euro-Staaten haben nur dann noch eine Chance, wenn sie die Konsequenzen aus dem bisherigen Desaster ziehen. Es steht nicht weniger auf dem Spiel als die Währungsunion selbst. Für den tragischen Verlauf ist zu einem guten Teil Angela Merkel verantwortlich. Die Kanzlerin eiert in Sachen Griechenland herum. Jedem Hilfsversprechen folgte kurz darauf eine Einschränkung. Möglicherweise hat sie der griechischen Regierung so Druck gemacht, ein hartes Sparpaket aufzulegen. Dafür hat der Wackelkurs die Investoren verunsichert und Spekulanten ermutigt. Dabei weiß die Kanzlerin eigentlich, wie man es richtig macht. Als im Oktober 2008 die deutschen Sparer kurz davor waren, ihre Konten zu plündern, stellte sich Merkel mit ihrem damaligen Finanzminister Peer Steinbrück vor die Kameras und garantierte alle Spareinlagen in Deutschland. Kurz darauf beschlossen Regierung und Parlament im Eilverfahren die Rettung der strauchelnden Hypo Real Estate - und verhinderten den Zusammenbruch des Finanzsystems. Doch mit der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen vor Augen, inszenierte sich Merkel diesmal als ,,Madame Non" und lavierte so lange sie konnte. Wenn die Euroländer im Kampf gegen die Märkte in den Ring zurück wollen, müssen Merkel, Sarkozy und Co klar machen, dass sie durchhalten und Griechenland nicht fallen lassen werden - auch wenn das bedeutet, im nächsten und übernächsten Jahr weiteres Geld nachzuschießen. Griechenland muss in den kommenden drei Jahren eine echte Chance bekommen: Die Chance zu beweisen, dass es seinen Haushalt in den Griff bekommt. Nur wenn das gelingt, werden sich auch die Märkte wieder beruhigen.
(END) Dow Jones Newswires
April 22, 2010 13:37 ET (17:37 GMT)