Endspurt im Karstadt-Krimi: Nach monatelangem Ringen um die Zukunft des insolventen Warenhauskonzerns zeichnete sich am Donnerstag eine Rettung für das Traditionsunternehmen und seine Beschäftigten ab. Knackpunkt war die Zustimmung des Karstadt- Vermieters Highstreet zu Mietsenkungen, die Investor Nicolas Berggruen zur Bedingung für seinen Einstieg bei dem gebeutelten Unternehmen gemacht hatte. Berichte, wonach eine Einigung so gut wie perfekt sei, wollte Highstreet auf Anfrage nicht bestätigen.
In London waren dafür die Highstreet-Gläubiger zu einem Treffen zusammengekommen. Zwei Gruppen mussten ihre Zustimmung erklären: Wie erwartet stimmten die Anleihe-Gläubiger rasch den niedrigeren Mieten zu, während die sogenannten Mezzanine-Gläubiger die Entscheidung noch verzögerten. Nach dpa-Informationen waren alle Seiten jedoch zunehmend optimistisch, eine endgültige Einigung zu erzielen.
Karstadt-Beschäftigte in Berlin demonstrierten schon ihre Zuversicht für eine Rettung des Konzerns - bei einer spontanen Aktion der Gewerkschaft Verdi vor der Repräsentanz der Deutschen Bank stießen Mitarbeiterinnen am Donnerstagnachmittag mit Sekt an.
In der Essener Karstadt-Hauptverwaltung hatte am Donnerstagabend die Sitzung des Gläubigerausschusses begonnen. Die Karstadt-Gläubiger sollten über die aktuelle Lage informiert werden, berichtete ein Sprecher des Insolvenzverwalters Klaus Hubert Görg. Die Sitzung begann wenige Stunden vor Ablauf der Frist, die für eine Einigung zwischen Berggruen und Highstreet gesetzt ist. Die vereinbarte Frist für die Einigung sollte um Mitternacht ablaufen.
Im Falle einer Einigung würde Karstadt mit Investor Berggruen
eine zweite Chance erhalten. Für das Schwesterunternehmen, den
Versandhändler Quelle, blieb vor fast einem Jahr nach gescheiterten
Rettungsversuchen nur die Schließung. Beide Unternehmen hatten zum
Arcandor-Konzern
Nach der Einigung mit Highstreet sollten die Mietverträge mit Berggruen unterzeichnet werden. An diesem Freitag muss das Essener Amtsgericht dann über die Annahme des Insolvenzplans entscheiden. Da sich die Highstreet-Gläubiger über Wochen nicht einigen konnten, war dieser Beschluss mehrmals vertagt worden.
Görg habe sich auch auf den Fall eines Scheiterns und damit eine Zerschlagung Karstadts vorbereitet, berichtete sein Sprecher Thomas Schulz. Das entsprechende Liquidationsszenario sieht einen Verkauf der Sport- und Premiumhäuser bis zum Jahresende vor. Alle anderen Karstadt-Filialen sollten bis Ende Februar 2011 geräumt werden.
Die Einigung mit Highstreet auf niedrigere Mieten war eine
Voraussetzung für den Einstieg Berggruens. Das Immobilienkonsortium,
hinter dem unter anderem die US-Investmentbank Goldman Sachs
Von den Mezzanine-Gläubigern, hinter denen überwiegend anonyme Investoren stehen, hatte Highstreet eine Mischung aus Eigen- und Fremdkapital erhalten. Ihre Zustimmung galt als besonders problematisch.
Zuversichtlich zeigte sich die Gewerkschaft Verdi, die für die Interessen der Karstadt-Beschäftigten eintritt. "Wir sind optimistisch, dass die Abstimmung in London so abläuft, wie sich die Beschäftigten das erhoffen", sagte die stellvertretende Gewerkschaftschefin Margret Mönig-Raane dem "Tagesspiegel" (Donnerstag). In Berlin hatte Verdi eine Kundgebung vor der Repräsentanz der Deutschen Bank geplant - um zu feiern oder um zu protestieren.
Berggruen will alle 120 Filialen erhalten. Investieren will er 70 Millionen Euro eigenes Kapital, sobald der Kaufvertrag in Kraft tritt. Die Marke Karstadt soll verjüngt und modischer werden. Es wird damit gerechnet, dass der 48 Jahre alte Finanzier in Kürze Details zu seinem Konzept vorlegt.
Eine Chance auf eine Übernahme von Karstadt hatte sich bis zuletzt auch noch der Mailänder Kaufhaus-Unternehmer Maurizio Borletti ausgerechnet. Insolvenzverwalter Görg lehnte die Offerte jedoch ab, da Borletti seine Absicht zu spät kundgetan habe. Borletti ist auch an Highstreet beteiligt./mi/tst/DP/tw
ISIN US38141G1040 DE0005140008 DE0006275001
AXC0197 2010-09-02/19:47