EMFIS.COM - 27.11.2010 (www.emfis.com) Nach dem Abverkauf in der Vorwoche haben sich die Kurse der chinesischen Solarwerte wieder gefangen. Doch wie sind die langfristigen Perspektiven? Das Solactive China Solar Index Zertifikat (DB2CSL) legte im Wochenvergleich um 1,5 Prozent zu auf 6,18 Euro. Der Index enthält die Aktien von 9 großen chinesischen Solarunternehmen.
Obwohl es bei den aktuellen Quartalszahlen bislang keine bösen Überraschungen gab, kamen die Aktienkurse der chinesischen Solarkonzerne in den letzten Wochen gehörig unter Druck. Dies war jedoch nur teilweise dem schwachen Marktumfeld zu verdanken. Die Verunsicherung bei den Anlegern sitzt tief, denn während sich die Solarunternehmen mit optimistischen Prognosen für das nächste Jahr gegenseitig zu übertreffen versuchen, sind viele Analysten derzeit ausgesprochen bearish.
Ein Paradebeispiel dafür lieferte letzte Woche der Analyst Timothy Arcuri von der Citigroup: Obwohl Yingli Green Energy am vorherigen Freitag besser als erwartete Quartalszahlen gemeldet und die Absatzprognose für das laufende Jahr erhöht hatte, reagierte Acuri mit einem Rating-Downgrade. Als Grund wurde die Erwartung steigender Betriebskosten von Yinglis Polysiliziumwerk angegeben. Darüber hinaus argumentierte Arcuri mit dem derzeitigen Standardargument, dass es in der ersten Hälfte des nächsten Jahres zu einem Preisrutsch bei den Solarmodulen kommen werde. Dass die Analysten von Jefferies am gleichen Tag ihr "Kaufen"-Rating erneut bestätigten und der Aktie ein Kurspotenzial von 80 Prozent zubilligen, ging dabei völlig unter - die Anteilsscheine von Yingli mussten deutlich Federn lassen.
Und tatsächlich befindet sich die Solarbranche derzeit in einer entscheidenden Phase. Praktisch alle großen chinesischen Solarkonzerne haben mit den Quartalszahlen auch eine Erweiterung der Produktionskapazität angekündigt. Schon jetzt mischt Chinas Solarbranche in dieser Beziehung ganz vorne mit. Nach Angaben des Marktforschungsinstitutes iSuppli befinden sich in diesem Jahr gleich sieben chinesische Firmen (eigentlich acht, wenn man Canadian Solar mitzählt) unter den Top-10 der größten Investoren. Insgesamt 71,8 Prozent der Kapazitätserweiterung von 8,98 Gigawatt bei den Top-10-Herstellern geht aufs Konto der chinesischen Anbieter.
Doch dass Chinas Hersteller gerade unter Hochdruck an der Erweiterung ihrer Fertigungskapazitäten arbeiten, hat auch einen negativen Effekt: Branchenkenner erwarten für das nächste Jahr mittlerweile deutliche Überkapazitäten, was wiederum die Verkaufspreise drücken wird. Darüber hinaus rechnen die meisten Analysten damit, dass die Reduktion der Fördergelder in Europa auch die Verkaufszahlen negativ beeinflussen wird. Geringere Preise, reduzierter Absatz - sollte diese apokalyptische Prognose eintreffen, würde die Solarbranche tatsächlich schwierigen Zeiten entgegensehen.
Doch stehen nun wirklich alle Zeichen auf Krise? Nicht ganz, einige Faktoren sprechen auch dagegen. Zum einen macht die Fertigungstechnik laufend Fortschritte, weswegen es nicht unrealistisch ist, zu erwarten, dass die neuen Fertigungststraßen Solarmodule mit geringerem Kostenaufwand herstellen können - dies würde niedrigere Verkaufspreise zumindest teilweise kompensieren. Wenn sich der Modulpreis im ersten Halbjahr 2011 wie erwartet um etwa 15 Prozent verringern sollte, wird sich die Solartechnik zudem in einigen Ländern allmählich der so genannten Netzparität nähern, was bedeutet, dass der Preis für selbst produzierten Strom fast genau so hoch ist, wie der Einkauf von einem Stromkonzern. Wenn die Solartechnik erst einmal in preislich attraktive Regionen vorgestoßen ist, sind staatliche Subventionierungen eigentlich nicht mehr notwendig - es ist abzusehen, dass die Nachfrage dann ganz von alleine anspringen wird. Deswegen wird die einfache Gleichung, dass geringere Subventionen auch einen geringeren Absatz bedeuten, auf lange Sicht nicht mehr zutreffen.
Die interessante Frage ist nun, ob die Solarkonzerne letzten Endes Recht behalten, oder die Analysten. Zumindest Suntech Power blickt auch weiterhin hoffnungsfroh in die Zukunft: Laut einer Meldung von "Bloomberg" will der chinesische Branchenprimus seine Auslieferungszahlen im nächsten Jahr um 30 Prozent steigern, um der großen Nachfrage unter anderem in Europa nachzukommen. In diesem Jahr wird der Konzern voraussichtlich Solarpanels mit einer Kapazität von mehr als 1,5 Gigawatt ausliefern und damit den Absatz von 2009 mehr als verdoppeln. 74 Prozent des Umsatzes wurden letztes Jahr in Europa gemacht, gefolgt von 9,5 Prozent in den USA und 4,8 Prozent in Japan.
Und dann gibt es noch einen Nachzügler bei den Quartalszahlen: Nächste Woche gewährt auch Trina Solar einen Einblick in die Bücher. Firmenchef Jifan Gao hat bereits letzte Woche in einem Interview angekündigt, dass der diesjährige Absatz gegenüber 2009 um 135 Prozent steigen wird. Bislang seien Solarprodukte mit einer Gesamtkapazität von 940 Megawatt bestellt und ausgeliefert worden. Gao stellte in Aussicht, dass Trina in diesem Jahr möglicherweise die komplette Jahresproduktion von 1,1 Gigawatt absetzen kann. Darüber hinaus will das Unternehmen im nächsten Jahr den weltweiten Marktanteil von derzeit 8 Prozent auf über 10 Prozent ausweiten. Schafft es Trina Solar, die Berichtsaison mit einer versöhnlichen Note ausklingen zu lassen? Es dürfte spannend bleiben...
Die im Solactive China Solar Index enthaltenen Einzelwerte sind:Yingli Green Energy HoldingJA Solar HoldingsCanadian SolarTrina SolarSolarfun Power HoldingsReneSolaChina SunergySuntech Power Holdings LDK Solar
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