DJ Kommentar der Financial Times Deutschland zu Microsoft/Nokia -vorab 14.2.2011
Microsoft/Nokia - Truthahn im Düsenjet In schnellen, innovativen Märkten ist Geld längst nicht alles. Aber manchmal hilft es wenigstens, um sich eine letzte Chance zu kaufen. Genau das tut Microsoft mit seiner neuen Partnerschaft mit Nokia im Handy-Markt. Während Nokia dabei alles zu verlieren hat, hat Microsoft viel zu gewinnen - wenn der Konzern es richtig anpackt. Was bei Microsofts bisheriger Handy-Geschichte keineswegs selbstverständlich ist. Der hämische Hinweis des Konkurrenten Google, dass zwei Truthähne zusammen noch keinen Adler ergeben, geht an der Lage vorbei. Denn Microsoft muss gar nicht fliegen lernen wie ein Adler. Microsoft hat genug Geld, um sich ein Flugticket zu kaufen. Das allerdings nützt herzlich wenig, wenn dem Jet kurz nach dem Start der Sprit ausgeht. Und genau das könnte Nokia passieren. So gesehen, ist Microsofts Problem größer, als es auf den ersten Blick scheint. Microsoft braucht Nokia als wichtigsten Verbreiter seines Windows-Phone-Betriebssystems. 2010 setzte Nokia 112 Millionen internetfähige Oberklassehandys, so genannte Smartphones, ab. Würden die alle mit Windows Phone ausgerüstet, würde sich Microsofts Marktanteil fast verzehnfachen. Doch die alles beherrschende Frage ist, ob Nokia-Handys mit Windows Phone noch genau so viele Käufer anlocken wie solche mit dem bisherigen Symbian-Betriebssystem - und im besten Fall sogar wesentlich mehr. Damit dieses Kunststück gelingt, müssen sich die ungleichen Partner schnell zusammenraufen, damit die heikle Abstimmung von Geräten und Betriebssystem funktioniert. Ein Smartphone ist ein Mini-Computer, der seine vielen, auf engstem Raum zusammengepackten Funktionen nur ausführen kann, wenn alle Teile harmonieren. Nicht umsonst erklärt das Apple-Management den Verkaufserfolg und die hohen Renditen seiner iPhones vor allem damit, dass Apple die komplette Hard- und Software kontrolliert. Das Zauberwort der Szene heißt ,,Ökosystem": Ein attraktives Gespann aus Handy und Software ködert Kunden, was Entwickler anlockt, die Anwendungen schreiben, was wiederum Kunden anzieht . . . Und hier kommt Microsofts Geld ins Spiel. Hätte Nokia auf das Google-Betriebssystem Android gesetzt, hätte es seinen Kunden zwar die zahlreichen Anwendungen bieten können, die es für Android gibt. Doch die Vermarktung hätte Nokia ganz allein übernehmen müssen. Microsoft dagegen wird viel Geld in die Hand nehmen, um Apps für Windows Phone schreiben zu lassen und die Handys zu bewerben. Beides allerdings muss schnell geschehen und nicht erst irgendwann 2012. Sonst könnte es doch noch passieren, dass Nokia der Sprit ausgeht, bevor Microsoft überhaupt im Flugzeug sitzt.(END) Dow Jones Newswires
February 13, 2011 13:01 ET (18:01 GMT)
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