DJ Kommentar der Financial Times Deutschland zu Tepco - vorab - 31.3.2011
Tepco: Raus da! In den vergangenen Tagen sind die Aktien des japanischen Stromkonzerns Tepco um mehr als 30 Prozent eingebrochen. Damit spielen die Märkte schon einmal durch, was in der Politik bisher nur als Gerücht diskutiert wird: die Verstaatlichung des Unternehmens, dessen Fehler als Mitursache für die Atomkatastrophe von Fukushima gelten. Zwar ist noch nicht sicher, ob die Anleger am Ende recht behalten werden. Doch dass der japanische Staat den Betreiber des havarierten Atommeilerparks bestrafen wird, gilt als ausgemacht. Eine Verstaatlichung wäre allerdings genau der falsche Schritt. Womöglich wäre der Atomunfall in Japan weniger schlimm ausgefallen, wenn Staat und Unternehmen in der Vergangenheit klarer voneinander getrennt gewesen wären. Versagt hat vor allem die staatliche Kontrollbehörde NISA. Sie hat Managementfehler nicht rechtzeitig aufgedeckt und Schlampereien zugelassen. So konnte Tepco weitgehend ungehindert agieren und hat zum Beispiel die notwendigen Sicherheitsüberprüfungen bei den Kühlsystemen schlicht nicht durchgeführt. Staatliches Handeln und Wirtschaftsinteresse dürfen in Japan nicht noch stärker verquickt werden als bisher. Stattdessen muss das Land schleunigst effektive und vor allem unabhängige Kontrollorgane aufbauen, um künftige Katastrophen und Störfälle bei seinen Atommeilern zu vermeiden. Bislang ist das Gegenteil der Fall: Viele japanische Spitzenbeamte wechseln am Ende ihrer Laufbahn in die Privatwirtschaft und achten schon während ihres Staatsdienstes darauf, die künftigen Arbeitgeber nicht zu vergrätzen. Sie schauen nicht hin und fragen nicht nach - im Fall von Tepco erwies sich das als verhängnisvoll. Das Ganze ähnelt auf frappierende Weise der Ölkatastrophe im Golf von Mexico. Auch hier war es die Mischung aus verantwortungs- oder allzu bedenkenlosen Unternehmern, unbeherrschbarer Technik und korrupten staatlichen Aufsichtsbehörden, die die größte Ölkatastrophe in der Geschichte überhaupt erst möglich gemacht hat. Die USA haben inzwischen reagiert und bei den Kontrollbehörden aufgeräumt. Vor allem hat Präsident Barack Obama damit begonnen, die staatlichen Aufseher dem Einfluss der Privatwirtschaft zu entziehen. Dieser Weg steht Japan erst noch bevor. Bis zum heutigen Tag hat in dem Land jede Form von Kontrolle versagt. Eine kritische Öffentlichkeit fehlt, die Regierung und auch die Medien haben die Risiken der Kernenergie jahrelang kleingeredet. Dazu kommen die allzu laxen staatlichen Aufseher. Es dürfte Monate oder gar Jahre dauern, diesen unglückseligen Atomkonsens aufzuweichen. Doch es wird mit Sicherheit noch schwerer, wenn Kontrollierte und Kontrolleure künftig noch enger zusammenrücken.(END) Dow Jones Newswires
March 30, 2011 13:39 ET (17:39 GMT)