DJ Kommentar der Financial Times Deutschland zu Russland - vorab -13.4.2011
Russland: Nur ein erster Schritt Optimisten werden sich über Dmitri Medwedew freuen. Der russische Präsident hat den stellvertretenden Regierungschef Igor Setschin dazu gebracht, seinen Stuhl im Aufsichtsrat des Staatskonzerns Rosneft zu räumen. Bemerkenswert ist dies vor allem, weil hinter Setschin ein mächtiger Mann steht: Ministerpräsident Wladimir Putin. Medwedew scheint sein Versprechen einlösen zu wollen, die Politik und die Wirtschaft in Russland zu entflechten und Regierungsbeamte aus Chefetagen zu vertreiben. Die Frage ist jedoch, wie weit Medwedew wirklich gehen kann und will. Der Rücktritt Setschins ist wichtig. Er kann aber nur ein Anfang sein. Die enge Verbandelung zwischen Putins Leuten und den Unternehmenslenkern ist eines der größten Investitionshemmnisse für Russland. Gerade ausländische Firmen können sich nicht auf geltende Gesetze oder die Unabhängigkeit der Richter verlassen, sondern sind oft politischer Willkür ausgeliefert. Setschin ist eine Symbolfigur dieses Systems der Korruption. Er gilt als ein wichtiger Strippenzieher Putins. Setschin arbeitet mit allen Tricks. Auf sein Konto geht unter anderem, dass der kritische Oligarch Michail Chodorkowski unter fadenscheinigen Anschuldigungen über Jahre ins Gefängnis geworfen wurde. Dass er seine Aufgabe bei Rosneft aufgibt, schmälert Setschins Einfluss. Aus dem System Putin entfernt wurde er aber nicht. Russland darf sich mit Setschins Rücktritt nicht zufriedengeben. Medwedew muss mehr bieten als einen Personalwechsel, um Politik und Wirtschaft des Landes transparenter zu machen. Sonst ist dieser nicht mehr als ein geschicktes Wahlkampfmanöver. Der Verdacht, dass Medwedew sich als starker Mann inszeniert, liegt nahe: Nur wenige Stunden nach Setschins Rücktritt lancierte der Kreml, dass Medwedew bald über seine erneute Kandidatur für das Präsidentenamt entscheiden werde.(END) Dow Jones Newswires
April 12, 2011 13:13 ET (17:13 GMT)