Irgendeiner ist immer schuld, Zufälle gibt es nicht - also muss auch immer irgendjemand für Schäden gerade stehen. An dieses scheinbar logische Prinzip haben wir uns gewöhnt. Entsprechend reagieren Politiker, Bauern und Verbraucher auch auf die Ehec-Erkrankungen: Sie fordern hohe Entschädigungszahlungen, maßregeln Wissenschaftler für fehlende Antworten und Minister für vermeintliches Kommunikationschaos.
Genausogut könnte man sie alle auch für die Regenfälle der letzten Tage verantwortlich machen. An Ehec ist nach derzeitigem Wissensstand niemand schuld. Eine lebensgefährliche Mutation von Darmbakterien ist ein Naturereignis, ähnlich den Grippewellen in Deutschland, durch die jährlich bis zu 15 000 Menschen sterben. Die vielen Forderungen und Kritiken der letzten Tage bezeugen nur die Ohnmacht ihr gegenüber.
Bauern fordern nun Entschädigungszahlungen, weil sie ihr Gemüse nicht mehr absetzen können. Natürlich ist das ärgerlich und verlustreich für die Landwirte. Allerdings fällt der Kaufstreik der Deutschen aus Furcht vor Erkrankungen in dieselbe Kategorie wie Missernten oder Dürreperioden: Sie gehören zum unternehmerischen Risiko eines Landwirts. Entschädigungszahlungen vom Staat zu verlangen ist darum überzogen.
Nun sollte eine regionale Häufung eines gefährlichen Bakteriums nicht gleich die Existenz von Gurken- und Salatbauern in ganz Europa bedrohen. Wenn die Europäische Union deshalb 150 Mio. Euro als Hilfe zur Verfügung stellt, ist das ordnungspolitisch fragwürdig, jedoch nachvollziehbar. Es ist aber maßlos, wenn etwa die spanische Agrarministerin die Soforthilfe umgehend als zu gering geißelt. Und es geht zu weit, wenn der EU-Gesundheitskommissar John Dalli deutsche Behörden für die Ehec-Folgen verantwortlich macht: Er verlangt, dass sie keine Warnungen vor Lebensmitteln aussprechen, bis alles eindeutig untersucht und belegt ist. Die Gesundheit der Verbraucher ist aber wichtiger als der Gurkenumsatz.
Derzeit ist nicht zu erkennen, wie sich die Erkrankungen hätten vermeiden lassen. Auch gibt es keine Hinweise darauf, dass Informationen übersehen wurden oder die Forschungsinstitute überfordert und unkoordiniert wären. Weder eine Superbehörde, die manche fordern, hätte darum Ehec aufhalten können, noch eine Art Seuchenpolizei, die der SPD-Politiker Karl Lauterbach gern einrichten würde.
Die unbestimmte Kritik an den Bundesministern für Verbraucherschutz und Gesundheit ist unangebracht. Beide haben im Rahmen ihrer Zuständigkeiten informiert und den Wissenschaftlern bei ihrer Arbeit nicht im Weg gestanden. Viel mehr kann man in solch einer Situation kaum verlangen.
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June 07, 2011 13:25 ET (17:25 GMT)