
Die Zweifel an der Substanz des
Solarkraftwerksbauers Solar Millennium
An der Börse verlor Solar Millennium viel Vertrauen. "Man weiß nicht mehr, wo das Unternehmen hin will", sagte Analyst Sebastian Zank von Quandt Research. Damit sei die Glaubwürdigkeit von Solar Millennium nicht zum ersten Mal beschädigt.
NEGATIVE SCHLAGZEILEN
Das Unternehmen hatte in den vergangenen Jahren mit negativen Schlagzeilen wegen seiner Bilanzierungspraxis zu kämpfen. Es sah die Vorwürfe aber nach einer unabhängigen Sonderprüfung ausgeräumt. Hinzu kommen Rechtsstreitigkeiten mit dem kurzzeitigen Vorstandschef Utz Claassen. Der frühere EnBW-Chef hatte Anfang 2010 nach nur 74 Tagen im Amt die Brocken hingeschmissen. Zudem ist der Aufsichtsrat wegen Verdachts auf Insiderhandels ins Visier von Staatsanwaltschaft und Börsenaufsicht geraten.
Den Strategiewechsel in den USA begründete Vorstandschef Christoph Wolff mit veränderten Marktbedingungen: "Während vor weniger als zwei Jahren solarthermische Kraftwerke den günstigeren Strom lieferten, hat sich das Verhältnis mit den stark fallenden Photovoltaik-Modulpreisen insbesondere aus Asien in das Gegenteil verkehrt." Kurzfristige Erhöhungen bei Rohstoff- und Baupreisen hätten dagegen beim ursprünglich geplanten Projekt die Eigenkapitalrendite und die Risikovorsorge in Gefahr gebracht.
VORZEIGEPROJEKT GEKIPPT
Eigentlich wollte Solar Millennium am Standort Blythe in der kalifornischen Wüste riesige Parabolspiegel zur Bündelung des Sonnenlichts aufstellen. Die dadurch entstehende Wärme soll Wasser zum Kochen bringen und mit dem Dampf Turbinen antreiben. Das Blythe-Projekt sollte die Leistungsfähigkeit eines Atomkraftwerks erzielen. Dafür lagen alle Genehmigungen und Förderungen vor. Trotzdem gelang die Finanzierung nicht. 2,8 Milliarden Dollar sollte der erste Teil des Projekts kosten, 75 Prozent davon waren durch Garantien der US-Regierung abgesichert.
Darauf verzichtet das Unternehmen nun. Stattdessen will es das Photovoltaik-Projekt fortan auf dem freien Kapitalmarkt finanzieren. Es gelte aber als fraglich, ob für das Solarthermiekraftwerk abgeschlossene Stromabnahmeverträge mit einem lokalen Versorger bestehen bleiben, erklärte Analyst Zank. Zudem ist Solar Millennium in der Photovoltaik-Branche bislang nicht aufgefallen, auch wenn Vorstandschef Wolff behauptet, dass bei der US-Tochter "bereits entsprechende Expertisen aufgebaut" worden seien.
Zudem erklärte der Manager, dass die Entscheidung keine Abkehr von der Kerntechnologie seines Unternehmens sei. "Wegen der Grundlastfähigkeit messen viele Regionen auch weiterhin dieser Technologie eine hohe Bedeutung in ihrem Energiemix bei und stützen damit die Wachstumsaussichten von Solar Millennium." Die Technik soll etwa beim Wüstenstromprojekt Desertec eine wichtige Rolle spielen./enl/dct/tw
ISIN DE0007218406
AXC0069 2011-08-19/11:15