Flensburg (ots) - Altkanzler Kohl sieht seine Vision eines in Frieden, Freiheit und Wohlstand geeinten Europa gefährdet. Und dies zu Recht, wie das Siechtum des Weimarer Dreiecks belegt, das gestern 20. Geburtstag feierte. Die Plattform diente einst dazu, Polen nach dem Ende des Kalten Krieges in Nato und EU zu führen. Mit Umsicht und Tatkraft gelang beides. Doch die Entschlusskraft vergangener Tage ist dahin. Der Geist von Weimar spukt nur noch als leeres Bettlaken durch Europa. In der Schuldenkrise, die sich zu einer Zerreißprobe der EU ausgewachsen hat, spielt die Achse Paris-Berlin-Warschau keine Rolle. Kanzlerin Merkel und der französische Präsident Sarkozy machen die Dinge unter sich aus, obwohl Polens Premier Tusk derzeit den EU-Ratsvorsitz führt. Die Enttäuschung über die Missachtung ist in Warschau mit Händen zu greifen. Tusk geißelt die deutsch-französische Politik als "spalterisch". Und diese Töne sind mehr als ein Grummeln im Schmollwinkel. Denn gerade das Wirtschaftswunderland im Osten mit seinen soliden Staatsfinanzen könnte so etwas wie ein Hoffnungsträger Europas sein. Als Merkel und Sarkozy kürzlich eine Schuldenbremse für alle EU-Staaten forderten, hätte Tusk als Gipfelgast aus dem Nähkästchen plaudern können. Polen hat seit 1997 eine Schuldenbremse. Was wäre falsch daran gewesen, Tusk zum Dreiertreffen nach Paris zu bitten? Nichts. Im Gegenteil! Mit einem Schlag hätte man den Geist von Weimar zu kraftstrotzendem Leben erwecken können. Es ist ja wahr: Für die Geburtsfehler der Währungsunion ist Helmut Kohl verantwortlich. Doch die Idee war wegweisend. In seiner Fundamentalkritik an der deutschen Außenpolitik hat der Altkanzler diesen Gestaltungswillen angemahnt. Sicher nicht gemeint waren damit rüde deutsch-französische Vorgaben. Dem Geist von Weimar rauben Merkel und Sarkozy noch das letzte Bettlaken.
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Pressekontakt: Flensburger Tageblatt Stephan Richter Telefon: 0461 808-0 redaktion@shz.de
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