DÜSSELDORF (Dow Jones)--Der Gas- und Ölförderer Wintershall will die Erkundung deutscher Vorkommen von unkonventionellem Erdgas nicht gegen Proteste der Bevölkerung durchsetzen. "Wenn ein Projekt keine soziale Akzeptanz erfährt, muss man es abbrechen", sagte Chefgeologe Dieter Kaufmann am Montag auf einer Konferenz in Düsseldorf. Dies sei eine der Regeln zum Umgang mit der Öffentlichkeit bei diesem Thema.
Nach dem deutlichen Anstieg der Schiefergasförderung in den USA richten sich auch in Europa viele Hoffnungen der Industrie auf entsprechende Vorkommen. In Deutschland haben erste Erkundungen dieser Quellen bereits lautstarke Proteste hervorgerufen. Die Ängste entzünden sich an der angewandten Technologie. Beim Fracking werden die Gesteinsschichten, die das Gas enthalten, durch Einpumpen von Wasser gesprengt. Viele Gegner sorgen sich etwa um eine Verschmutzung des Grundwassers.
"Der Umgang mit der Frage der Akzeptanz wird darüber entscheiden, zu welchem Ausmaß Schiefergas zum Energiemix beitragen kann", sagte Kaufmann. Sein Unternehmen, die in Kassel ansässige Tochter des Chemiekonzerns BASF, kann in Nordrhein-Westfalen zwei Blöcke erkunden. Deren Fläche von rund 3.900 Quadratkilometern liege sehr nah an dicht besiedeltem Gebiet, erklärte der Geologe. Bis Mitte 2013 laufen die Konzessionen, bis dahin will Wintershall die Sorgen der Anlieger zerstreuen.
"Wir verzeichnen starken Widerstand schon in der Frühphase des Projekts", sagte Kaufmann. Der Widerstand der Bevölkerung schlägt sich ihm zufolge auch in der Politik nieder. "Wenn die Politik auf nationaler Ebene dem Argument folgt, dass Gas die wegfallende Kernkraft ersetzen kann, ist es auf lokaler Ebene eine ganz andere Diskussion", beschrieb Kaufmann die schwierige Überzeugungsarbeit auf unterschiedlichen Ebenen. Er verwies darauf, dass Wintershall schon seit vier Jahrzehnten in Deutschland mit Fracking arbeite, wenn Gas aus weniger durchlässigem Gestein gefördert wird.
Kaufmann rechnet damit, dass mehr Umweltstudien und Grundlagenforschung vor der ersten Erkundungsbohrung nötig sind und dass mehr Institutionen in den Genehmigungsprozess eingebunden werden müssen. Das werde die Vorlaufkosten erhöhen, aber der Preis sei es wert. Der Geologe sieht punktuell durchaus signifikante Mengen an Schiefergas in Deutschland, die aber durch Exploration noch bestätigt werden müssten.
Selbst wenn die Größe die Vorkommen dann für eine Förderung interessant machen würde, bleibt die Produktion teurer als bei herkömmlichen Lagerstätten. "Es gibt im Moment in Europa noch keine ausgeprägte Industrie für Förderdienstleistungen. Das macht die Bohrungen zu teuer", erklärte Kaufmann. Seine Hoffnungen richten sich auf Polen, wo mit dem Fortschritt der Projekte dort dieser Mangel behoben werden könnte. Neben der Akzeptanz und der Wirtschaftlichkeit hänge die Förderung unkonventioneller Gasvorkommen in Deutschland zudem von der Umweltverträglichkeit ab, sagte er. "Es wird ein langer, steiniger Weg", so Kaufmann.
-Von Martin Rapp, Dow Jones Newswires; +49 211 13 87 214; martin.rapp@dowjones.com DJG/mmr/sha
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September 19, 2011 11:04 ET (15:04 GMT)
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